S4 im Schülerverkehr: Voll, überfüllt oder unzumutbar?

Entzerrung des Unterrichtsbeginns wäre die Lösung / Für zusätzlichen Wagen hat der KVV keine Kapazitäten
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier
Bretten. Montags kurz nach sieben zwischen Bretten Bahnhof und Bretten Stadtmitte ist es am schlimmsten. Eingezwängt wie in einer Sardinenbüchse rollen die aus Richtung Karlsruhe und Bruchsal kommenden Schüler mit der S4 ihrer ersten Schulstunde entgegen. Im Gedränge geht es nicht gerade sanft zu. Blutige Nasen, blaue Flecken, ja einen ausgekugelten Arm soll es schon gegeben haben, berichtete die Schülerin Melanie Littmann gestern bei einem Gespräch im Brettener Rathaus zum Thema Schülertransport, zu dem der Landtagsabgeordnete Joachim Kößler gebeten hatte. Der Anruf einer besorgten Mutter, deren Tochter aus einem überfüllten Stadtbahnzug gestoßen und beinahe auf die Gleise gefallen sei, habe ihn veranlasst, Vertreter der Schulen, des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) und der Stadt Bretten an einem Tisch zu versammeln, sagte der Gondelsheimer CDU-Politiker.

Rund 2 500 Schüler kommen jeden Morgen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Unterricht in Brettener Schulen. Rund 1 100 benutzen die Stadtbahn, die anderen nehmen den Bus, weiß Peter Mültin vom KVV. Und fast alle müssen zur ersten Stunde im Klassenzimmer sein. Per Unterschriftensammlung verlangten Schüler des Edith-Stein-Gymnasium einen zusätzlichen Wagen an der S4. „Es geht nicht, alle zu jeder Tageszeit zufrieden zu stellen“, bezog Klaus Lösch vom KVV dazu Stellung. Und ob ein Zug voll, überfüllt oder gar unzumutbar sei, sei vor allem eine Frage der Perspektive. Tatsächlich sind die zweiteiligen Stadtbahnzüge nach den Zählungen des Verkehrsverbunds mit bis zu 440 Personen besetzt. Bei 100 Sitzplätzen und 123 Stehplätzen pro Wagen ist dies nach Ansicht der KVV-Vertreter noch tragbar. Den dritten Wagen, den manche gern angehängt haben, gebe es nicht, sagte Reinhard Rothfuß vom Stadtbahnbetreiber AVG. Die gesamte Fahrzeugkapazität sei im morgendlichen Stoßverkehr im Einsatz.

Müssten nicht alle Schüler gleichzeitig zum Unterricht, wäre das Problem schon gelöst. Diese Entzerrung des Schulbeginns ist schon vor etlichen Jahren als Möglichkeit der Problemlösung erkannt worden. Aber sie sei am Geld gescheitert, erinnerte man sich gestern. Und nach der Einführung des G8-Gymnasiums ist der Unterricht so gedrängt, dass die Möglichkeiten noch geringer geworden sind. Entzerrung geht aber auch anders: „Ich empfehle, einen Zug früher zu nehmen“, sagte Beate Grenz, Elternvertreterin an der Max-Planck-Realschule.

Die Schulen würden morgens rechtzeitig geöffnet, keiner müsse vor verschlossenen Türen warten. Doch der nächst frühere Zug fährt an den Schülern aus Dürrenbüchig einfach vorbei, weil in dem Stadtteil keine Eilzüge halten. Die KVV-Vertreter sagten Überprüfung der Möglichkeiten zu, hier eine Ausnahme zu machen. Einfach sei dies aber nicht.
Möglich ist auch, dass Schüler von der Bahn in den Bus umsteigen. Etwa jene, die mit der S9 aus Richtung Bruchsal kommen und im Brettener Bahnhof in die bereits überfüllte S4 zur Stadtmitte und zum Schulzentrum drängen. Mit der nur gering besetzten Buslinie 700 (Richtung Knittlingen) kämen sie direkt vor die Schultür des MGB. Allerdings könnten sie nicht mehr am selben Bahnsteig umsteigen, sondern müssten zum benachbarten Omnibusbahnhof gehen, was manchem womöglich zu viel wäre, wie Stadtplaner Ulrich Braun bemerkte.

Auch für die Dürrenbüchiger Schüler könnte es eine Busverbindung nach Bretten geben. Dazu müsste die bestehende Schulbuslinie für die Grundschüler nach Diedelsheim verlängert werden. Allerdings müsste der Bus dann 20 Minuten früher fahren. Ob die Eltern der Grundschüler damit einverstanden wären, wurde nicht nur von Joachim Kößler in Zweifel gezogen.

Mehr Sicherheit an der Haltestelle Schulzentrum könnte eine Verbreiterung des Bahnsteigs bringen. Die aber sei wegen des großen technischen Aufwands kaum machbar, erklärten die KVV-Vertreter. Geprüft werden soll aber ein schon vor längerer Zeit gemachter Vorschlag, die Züge an nach Fahrtrichtung unterschiedlichen Stellen des Bahnsteigs halten zu lassen und so die unübersichtliche Ansammlung von Kindern zu Stoßzeiten etwas zu verteilen.
Wie problematisch das Verhalten der Schüler an der Haltestelle Schulzentrum ist, belegte ein vom KVV gedrehter Film, den Peter Mültin vorführte. Man solle diese Bilder als mahnendes Beispiel in allen Klassen zeigen, erklärte Joachim Kößler.

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9 Antworten zu S4 im Schülerverkehr: Voll, überfüllt oder unzumutbar?

  1. i-L sagt:

    Die Begründungen für die Preiserhöhungen fallen mit deren Inkrafttreten zusammen: 1. April 2007. Sie sind ein echter Aprilscherz.

  2. ak sagt:

    Heute lese ich in den BNN, dass der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV)seine Fahrkartenpreise zum 1. April erhöht.
    Darunter auch die Preise für die Schülerbeförderung, wobei Eltern bereits einen beträchtlichen Eigenanteil zahlen müssen, der auch steigen wird.
    Also, es geht doch: Die Beförderungsentgelte steigen so, wie die Beförderungsleistungen – gerade für Schüler – weiter abnehmen.

  3. Proll sagt:

    Auffällig an dem Artikel ist eines : wo ist der Kommentar des Oberbürgermeisters?? Er gibt doch sonst zu jedem Thema seinen Senf dazu! Ist ihm vielleicht bewußt dass es sich hier um ein ganz heißes Thema handelt? Da schickt man dann gerne andere vor, die sind dann natürlich auch Schuld, falls mal etwas passieren sollte, ganz schwache Vorstellung Herr Metzger!!

  4. Lis.-My. sagt:

    Jetzt können es auch die Eltern der beförderten Schüler begreifen.
    Die Stadt Bretten als Schulträger hat hieran einen erheblichen Anteil. Sie hat sich in der Vergangenheit um Schüler geradezu gerissen, weil erhebliche Zuschüsse gezahlt werden.
    Wenn es jedoch um die gefahrlose Schülerbeförderung geht, glänzen der Hauptakteur oder sein Stellvertreter durch Abwesenheit. Das ist auch eine feine Art, Flagge zu zeigen.

  5. b/m sagt:

    Wo Geld nicht vorhanden ist, da stehen Sicherheitsbedenken locker hintenan. Gefahrloses Ein- und Aussteigen als Voraussetzung für den untragbaren Massentransport können noch nicht einmal garantiert werden.
    Und für das alles werden noch Fahrpreise erhoben und bezahlt. Dazu sind Alternativen in der Schülerbeförderung nicht in Sicht.

  6. pp sagt:

    Die vorgebrachten Lösungsvorschläge sind inhaltlich nichts anderes als leere Absichtserklärungen. Auf die fehlenden Gelder beim Karlsruher Verkehrsverbund wurde eindringlich hingewiesen.

  7. n-Or sagt:

    Die Ursachen und die Folgen sind schon länger bekannt. Sie betreffen Schüler, die leider keinerlei Lobby haben.
    Bei der obigen Veranstaltung ist nichts herausgekommen. Es bleibt alles beim alten.

  8. -an-i- sagt:

    Wo ist den Herr OB Metzger geblieben? War er bei dieser so wichtigen Besprechung – auch als CDU Mitglied – nicht dabei? Sein Kommentar wird halt vermisst.

    Hier stellen sich noch einige Fragen, die unbedingt beantwortet werden müssen.
    Ist das nicht unverantwortlich eine Schulstadt für die ganze Region ausbauen zu wollen, ohne die Infrastruktur und die Transportprobleme zu berücksichtigen? (Siehe auch den 1. Kommentar) Selbst die Lehrerzimmer und die Sozialarbeiter fehlen!

    Die nicht unerheblichen Kosten für die Brettener Steuerzahler und Unannehmlichkeiten für auswärtigen Schüler sind ja wohl nicht interessant, aber die Prokopf Zuschüsse, die Stadt Bretten für jeden Schüler erhält, scheinbar umso mehr.

    Wie wäre es, wenn man die Ursache für überfüllte Verkehrsmittel woanders suchen würde? Sind da nicht der Gemeinderat und der Verwaltungschef für die Abwerbung der Schüler aus den Richtungen Bruchsal, Karlsruhe, Pforzheim oder Heilbronn verantwortlich? Selbst aus der Gemeinde Dobel im Schwarzwald sollen täglich Schüler nach Bretten kommen – wahrhaftig ein großes Einzugsgebiet. Andererseits ist das im Vergleich zu Verbindungen nach Australien, als freiwillige Aufgabe, nur ein kleingeistiges Denkmuster – wenn man die finanzielle Belastungen für die Brettener Bürger außen vor lässt.

  9. mm sagt:

    Der BAK weißt seit Jahren auf die mangelnde (Verkehrs-) Sicherheit im Schulzentrum Ost hin, es gibt dazu eine eigene Seite in unserem Internetangebot. Aber es macht halt einen gewaltigen Unterschied, ob der unbequeme BAK auf einen Mißstand hinweist, oder der CDU-Landtagsabgeordnete. Der beschäftigt sich ja auch sicher schon länger und intensiver mit den Problemen, wie aus seiner (Nicht-) Antwort auf unsere Fragen zu entnehmen ist.

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