Informationspolitik verprellt Kunden

Von Rolf Muth
Stadtbahnbetreiber erkennt die Notwendigkeit für ein zentrales Management
Der Ausfall eines Rechners im Stellwerk Eppingen, eine defekte Weiche in Öhringen oder eine abgerissene Oberleitung in Heilbronn. Stadtbahnen kommen zu spät oder überhaupt nicht. Fahrgäste beschweren sich selten über Verspätungen, wohl aber über den damit verbundenen schlechten Service. Kundeninformationen kommen immer noch zu selten über die Lautsprecher. Warum eigentlich?

„Das ist für uns ein ärgerliches Dauerthema, denn immer wieder werden Beschwerden über mangelnde Informationen vorgebracht“, sagt Hubert Waldenberger, Pressesprecher des Heilbronner Landratsamtes. Das räumt auch Gerhard Groß, Chef des Heilbronner Verkehrsverbundes ein: „Wichtig ist einfach die Grundinfo, die den Fahrgästen zur Verfügung gestellt werden muss.“ Er selbst ist täglich Nutzer der Stadtbahn von zuhause auf dem Weg in die HNV-Schaltzentrale in der Heilbronner Olgastraße. Daher ist er sicher: „Mit der Informationspolitik ist es besser geworden.“

Ratlosigkeit Besser vielleicht, aber nicht ausreichend. Kürzlich in Öhringen: Schüler stehen ohne Infos über eine halbe Stunde am Bahnhof. Sollen sie warten, heimgehen oder kommt ein Ersatzbus?

Zwei Probleme sind erkennbar, wenn Siegfried Lorenz, technischer Leiter der Albtalverkehrsgesellschaft (AVG) die Situation beschreibt: Im Stellwerk Eppingen ist eine Person für die Strecke Bretten-Bauerbach bis Heilbronn-Böckingen sowie für die Bahn nach Sinsheim-Steinsfurt zuständig. Signale freischalten, manuell Einfahrten in den Bahnhof der Kraichgaustadt koordinieren, etwa Rangierbewegungen am Haltepunkt Schwaigern-West steuern – das hat Vorrang. Erst danach kommt der Service, die Durchsage. Zu wenig Personal in den Fahrdienstleitzentralen?

Die Haltepunkte sind nach Gruppen aufgeteilt, können nur stufenweise bedient werden. Das hat folgenden Hintergrund: Wenn ein Zug in Eppingen auf sich warten lässt, fährt die vorhergehende Stadtbahn womöglich gerade erst (pünktlich) in Schwaigern ab. In Leingarten darf man jetzt noch nicht die Verspätung verkünden, sondern erst dann, wenn dieser pünktliche Zug den Haltepunkt passiert hat.

Das nächste Problem: Es gibt keine zentrale Koordination. Ist die AVG bis Böckingen zuständig, so koordiniert die Fahrdienstleitung der Deutschen Bahn am Stellwerk Heilbronn die Strecke bis Eschenau. Von dort bis Öhringen ist die DB-Fahrdienstleitung Öhringen zuständig. Um die Verwirrung komplett zu machen: Den innerstädtischen Bahnbetrieb „Bahnhof bis Trappensee“ managt die Zentrale der Stadtwerke in der Harmonie.

„Eine Lösung aus einem Guss“ strebt Lorenz an. Seine Idee: Unter der Regie der AVG soll in Heilbronn ein zentrales Informations- und Notfallmanagement eingerichtet werden. Das erfordert bei permanenter Besetzung drei zusätzliche Mitarbeiter mit jährlichen Kosten von 200 000 Euro. Kundeninformationen sollen von dort gezielt für die komplette Strecke Öhringen-Eppingen ausgegeben werden. Zudem, so Lorenz, sollen dann an allen Haltepunkten Displays installiert werden, die die Abfolge der eintreffenden Bahnen und damit auch Verspätungen anzeigen. Verkabelung, technische Installation und Hardware kosten pro Haltestelle 60 000 Euro, eine Investition von über einer Million Euro. Lorenz: „Das geht nur mittelfristig.“ Solange heißt es für den Fahrgast, sich in Geduld üben.

Stichwort Stadtbahnverspätungen
Stadtbahnen gelten als pünktlich, wenn Verspätungen geringer als fünf Minuten sind. Die Verspätungen etwa im Dezember, die größer als fünf Minuten waren, halten sich laut AVG in Grenzen: Hauptbahnhof Heilbronn drei Prozent, Eppingen acht Prozent, Öhringen zwei Prozent und Weinsberg vier Prozent. Am Beispiel Weinsberg ­ Heilbronn heißt das: Hier verkehren täglich 200 Stadtbahnen, davon acht mit Verspätung. Unter www.kvv.de können sich Fahrgäste vor Antritt einer Fahrt über Störungen informieren ­ auch übers Handy.

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Eine Antwort zu Informationspolitik verprellt Kunden

  1. chr. uh. sagt:

    Ich erwarte bei der Benutzung der Stadtbahn Pünktlichkeit zu einem vernünftigen Fahrpreis. Mich interessieren die Informationspolitik bei Verspätungen und deren Begründungen nicht sonderlich. Wenn Mängel in der Dienstleistung mit fehlendem Geld für nötiges Personal entschuldigt werden, bedeuten diese eine Schlechtleistung, die anderswo mit Schadensersatz einhergeht. Beim öffentlichen Nahverkehr kann man die Schlechtleistungen zumindest teilweise mit anderen öffentlichen Fehlleistungen vergleichen. Diese einzeln aufzuzählen, würde die Kapazität der Seite „Kommentare unserer Leser“ wahrlich sprengen.

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