Alle Mitarbeiter wurden überprüft

Landratsamt gleicht nach einem Untreuefall Daten von 1 500 Beschäftigten ab
Gewerkschaft Verdi spricht von „Schweinerei“
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kuld
Kreis Karlsruhe. Gab es finanzielle Unregelmäßigkeiten im Sozialdezernat des Landratsamtes? Dieser Frage wurde nach einem entdeckten Untreuefall intensiv nachgegangen. Rund 1 500 Mitarbeiter der Kreisverwaltung wurden ohne ihr Wissen auf finanzielle Unregelmäßigkeiten überprüft. Ralph Schlusche, der ständige Stellvertreter des Landrats, bestätigte den Sachverhalt. Konkret ging es darum, ob irgendwelche Zahlungen aus dem Sozialbereich auf dem Gehaltskonto eines Landkreismitarbeiters gelandet sind. Fündig wurden die Späher nicht.

Sie hatten die Jahre 2006 und 2007 untersucht. Der Personalrat war von der Untersuchung des Kommunal- und Prüfungsamtes im Vorfeld nicht informiert, berichtete Schlusche, der seinerseits erst gestern von dem Vorfall Kenntnis erhielt, nach Rücksprache mit dem Personalrat (siehe „Angemerkt“).

Für den Karlsruher Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist der Vorgang eine „Schweinerei“. Recht sei zweifach verletzt worden, meinte Jürgen Ziegler auf Basis seines gestrigen Kenntnisstandes: im Datenschutz und bei der Mitbestimmung. Für Ralph Schlusche ist das nach seinen gestrigen Recherchen nicht unbedingt der Fall. Das Prüfungsamt habe seine Vorgehensweise vorab checken lassen.

Inhaltlich wollte das Prüfungsamt feststellen, ob Hilfeempfänger Leistungen zu Unrecht mehrfach beziehen oder Sachbearbeiter fiktive Fälle angelegt haben. Deshalb wurden die Auszahlungskonten der wirtschaftlichen Hilfen mit den Bankverbindungen der Mitarbeiter abgeglichen. Die Prüfung im Frühjahr 2008 dauerte einen guten Monat, wie dem Ende Mai angefertigten Bericht zu entnehmen ist. Fettgedruckt steht am Ende: „Anhaltspunkte für unrechtmäßige Auszahlungen haben wir nicht festgestellt.“ Insgesamt ging es um einen Betrag von gut zwei Millionen Euro.

Für die Landkreisverwaltung diente der Datenabgleich der Korruptionsbekämpfung und basierte auf einem tatsächlichen Untreuefall. Die interne Revision habe nach seinem Wissensstand von gestern Abend die umfassende Prüfung veranlasst, sagte Ralph Schlusche. Es habe sich die Frage gestellt, ob man es mit einem Alleintäter zu tun gehabt oder ob es ein System gegeben habe.

Verdi-Chef Ziegler betont, dass hier Daten zu Unrecht abgeglichen worden seien. Er fordert eine Entschuldigung des Landrats und Konsequenzen, damit sich so ein Vorgang nicht wiederholen könne. Nach Telekom und Bahn sei es kaum glaublich, dass so etwas in einer Behörde passiere.

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12 Antworten zu Alle Mitarbeiter wurden überprüft

  1. HK sagt:

    Waren die Kreistagsmitglieder vorab darüber informiert?

  2. i-L sagt:

    Kreisräte sowie Presse sind für eine unbedingt erforderliche Aufarbeitung des Berichts im Kommentar Blume am 11. Februar leider zu vergessen!

  3. mm sagt:

    der Artikel im Kommentar von Blume ist wirklich „delikat“, auf jeden Fall lesenswert, wie übrigens auch die ganze Internetseite unter
    http://bruchsal-neu.de !

  4. -Dagm.Meur./ sagt:

    Ralph Schlusche: „Das Prüfungsamt habe seine Vorgehensweise vorab checken lassen.“

    Im Datenschutz (beim Landesdatenschutzbeauftragten) und in der Mitbestimmung (beim Personalrat)?

    Oder wo sonst?

  5. Blume sagt:

    In Verbindung mit diesem Artikel – geradzu delikat!!

    http://bruchsal-neu.de/Brusl/revolte.html

  6. Keine Krähe sagt:

    hab mich geirrt, es ist §65/66

  7. Keine Krähe sagt:

    An glad:

    http://bruchsal-neu.de/Brusl/falscheza.html

    dritter Absatz bezieht sich drauf….

  8. glad. sagt:

    An Keine Krähe

    „Der Beamte trägt für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung.“

    Ist das gemeint?

  9. Keine Krähe sagt:

    Ob auch hier Paragraph 75 des Beamtengesetzes greift…

    Ein Schelm wer böses…

  10. Klus./Rait. sagt:

    Bei der Bahn wurde als Bauernopfer der Leiter der Revision ausgemacht.

    Und wer wird es im Landratsamt Karlsruhe sein?

  11. Lis.-My. sagt:

    „Fündig wurden die Späher nicht.“

    Wo sind denn die gut zwei Millionen Euro aus dem Kreissozialamt gelandet?

  12. cl. sagt:

    Dagegen war die „Forsthaus-Affäre“ nichts!

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