Leserbrief : Ökologische Auswirkungen wie bei der Inntalautobahn

Zu „Die Südumgehung noch aktuell?“ vom 29.1,1988.
Zweifellos brauchen wir eine Ortsumgehung Gölshausen. Umstritten ist immer noch, ob sie westlich oder östlich dieses Ortsteils führen soll. Vor allem streitet man sich jedoch über die Weiterleitung des Verkehrs aus Richtung Heilbronn. Zunächst favorisierte die Stadtverwaltung die sogenannte Bündelungstrasse, bei der eine östliche Umgehung Gölshausens vom Schwimmbad aus auf der Talsohle entlang der Kraichgaubahn mittels Untertunnelung und einseitig offener Überdachung durch die Stadt geführt werden sollte. Kein Wunder, daß die Anwohner sich wehrten. Jetzt versucht man im Westen durchzukommen.

Bei der sogenannten Variante 53/61 soll die westliche Umgehung von Gölshausen über den zum Verkehrskreisel ausgebauten Alexanderplatz und eine 265 Meter lange und 15 Meter hohe Brücke über den westlichen Teil des Bahnhofs geführt werden und dann auf halber Höhe des Rechbergs unmittelbar westlich seiner Bebauung in einen 580 Meter langen Tunnel münden. Über Aufschüttungen, und tiefe Einschnitte soll die Trasse dann hart an der Neubausiedlung „St. Johann“ vorbei führen und auf die B 294 nach Pforzheim stoßen.
Hätte die Bündelungstrasse die Stadt in zwei Teile zerschnitten, so wäre diese westliche Querspange wohl der größte Brettener Schildbürgerstreich, seit man die B 35 zu nahe am Ort vorbeigeführt hat. Die Querspange würde nämlich in erster Linie nicht von dem geringen Verkehr genutzt, der sich aus Richtung Heilbronn über retten nach Pforzheim bewegt, sondern vor allem von dem dann anschwellenden Verkehrsstrom, der, um die starke Steigung der Autobahn bei Langensteinbach zu meiden und einige Fahrkilometer einzusparen, in Bruchsal die Autobahn verläßt, um über die B 35, die geplante Querspange und die gut ausgebaute B 294 nach Pforzheim zu der auch von der Brettener Stadtverwaltung erstrebten Autobahnausfahrt Pforzheim Mitte zu fahren, um wieder auf die Autobahn in Richtung Stuttgart und München zu kommen.

Dies werden vor allem diejenigen sein, die ihre Fahrtroute mit spitzem Stift nach Steigungen und Fahrkilometern planen, das heißt: der Schwerverkehr. Die Brummis werden dann Tag und Nacht über die 265 Meter lange und 15 Meter hohe Brücke über den Bahnhof donnern und ihre Dieselabgase sowie die durch die Brücke verstärkten Fahrgeräusche werden vor allem die in der Hauptwindrichtung liegende Innenstadt belästigen. Abweichungen zwischen der Inntalautobahnbrücke auf der Brennerstrecke würden nur in den Dimensionen bestehen, nicht in den ökologischen Auswirkungen, die für das Inntal vor kurzem im Fernsehen aufgezeigt wurden.

Welchem Zweck würde somit das geplante Denkmal der Technik dienen? Der Entlastung des innerstädtischen Verkehrs? Nein, hauptsächlich dem überörtlichen Verkehr durch Vervollständigung der Umgehung eines in den 30er Jahren fehlgeplanten Teilstückes der Bundesautobahn. Würde man sich bei der Stadtverwaltung, wie das ihre Aufgabe sein sollte, hauptsächlich um die Regelung des innerstädtischen Verkehrs kümmern, dürfte man an dieses gigantische und teuere (ca. 100 Millionen) Projekt keinen Gedanken verschwenden.
Es geht nämlich auch anders. Gleichgültig, ob die B 293 Gölshausen östlich oder westlich umgeht, stößt sie immer auf die B 35, so daß der Verkehr aus Richtung Heilbronn nach Karlsruhe und Bruchsal und umgekehrt ohne weiteres über die B 35 fließt, ohne die Stadt zu berühren. Die paar Autos, die, aus Richtung Heilbronn kommend, nach Pforzheim und umgekehrt fahren wollen, können wie bisher über B 35, Alexanderplatz, westliche Melanchthonstraße, Wilhelm- und Pforzheimer Straße zur B 294 kommen. Diese Straßen durchqueren nur gemischt genutzte Gebiete und keine reinen Wohngebiete, wie die geplante Querspange.

Dem Autobahnumgehungsverkehr aus Richtung Bruchsal und nach Errichtung der Ausfahrt Pforzheim Mitte auch aus dieser Richtung würde man damit ein Hindernis in den Weg legen, das ihn abschrecken und nicht anlocken würde, wie die geplante Querspange. Sollte das Land oder der Bund eine funktionsfähige Autobahnumgehung wünschen, sollen sie die große Südumgehung Bretten zwischen dem Karlsruher Dreieck im Westen und der Störmühle im Osten bauen (sog. Variante M 1).

Dr. Heinrich Nieder
Robert-Koch-Straße 29
7518 Bretten

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