Steuern, Wachstum, Schulden und der Rüdtwald

Aus den Stellungnahmen der Fraktionen des Brettener Gemeinderats zum städtischen Haushaltsplan 2004
Bretten (ba). Gelegenheit zu grundsätzlichen Betrachtungen der Brettener Kommunalpolitik bot die Verabschiedung des Haushalts 2004 am Dienstagabend im Gemeinderat für Sprecher aller vier Fraktionen.

Jürgen Fetzner (CDU) sagte, der Haushaltsplan reduziere sich auf die Sicherung des Mindestbedarfs, der Spielraum für das Wünschenswerte sei auf Null geschrumpft. „Ohne Moos nichts los“, stellte er lapidar fest. Die Erhöhung des Hebesatzes bei der Gewerbesteuer auf 350 Punkte beschere Mehreinnahmen von rund 470 000 Euro, die bitter benötigt würden – auch wenn Steuererhöhungen in einer Phase der Rezession eigentlich das falsche Mittel seien. „Die schlechten Zeiten rechtfertigen die Rückführung des Hebesatzes auf das Niveau von 1998.“ Der Haushalt 2004 werde alle zur Kasse bitten, stellte der CDU-Sprecher fest. Immerhin sei die Jugendförderung weitestgehend von Streichungen verschont geblieben. Zur Vorsicht mahnte Fetzner beim Sparen am Unterhalt von Gebäuden und Straßen. Hier ticke eine Zeitbombe. Richtig sei es, dass die Stadt trotz allem in die Erweiterung ihres schulischen Angebots investiere.

Brigitte Schick (SPD) rechtfertigte die Erhöhung der Gewerbesteuer auf 350 Punkte. Sie sei moderat ausgefallen. Allerdings sei der bisherige niedrige Satz ein gutes Instrument der Ansiedlungspolitik gewesen. Auch die SPD-Sprecherin warnte vor den Folgen, wenn für die Erhaltung der städtischen Liegenschaften zu wenig Geld bereit gestellt wird. Eingehend widmete sich Brigitte Schick den Betreuungs- und Bildungsmöglichkeiten für Brettener Kinder, forderte Kleinkindbetreuung, Sprachförderung und Schülerhort. Zur Förderung der Vereine müsse der Ge-meinderat in einer Klausurtagung neue Richtlinien besprechen und festlegen. Eine Lanze brach die Stadträtin für die Erweiterung des Industriegebiets Gölshausen in den Rüdtwald hinein. Die Mehrheit ihrer Fraktion befürworte dies, um zu gewährleisten, dass die Zahl der Arbeitsplätze in Bretten erhalten bleibt. Kritisch äußerte sie sich zu den Prognosen des Haushalts. Statt mit einer vorausgesagten „schwarzen Null“ schließe der Verwaltungshaushalt 2003 nun mit einem Plus in Millionenhöhe ab. „Was 2004 unter dem Strich stehen wird – warten wir es ab.“

Heidemarie Leins (FWV/LUB) fand ebenfalls zustimmende Worte zur Erhöhung der Gewerbesteuer. Der Hebesatz von 350 Punkten werde kein Grund mehr zur Abwerbung sein, und bei vielen Personengesellschaften und Einzelunternehmen führe er nicht zu Mehrbelastung. Als Gegnerin einer Industrie-gebiets-Erweiterung in den Rüdtwald drückte Leins die Hoffnung aus, „dass der Oberbürgermeister sich doch noch besinnt und weiteres Gewerbegebiet einfach mal auf die Seite legt, bis tatsächlich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind“. „Wachsen um jeden Preis kann nicht die Devise sein. Wachstum ist keine gottgewollte Entscheidung des Statistischen Landesamtes. Wir müssen überhaupt nicht, weder Schüler noch Arbeitskräfte, aus den neuen Bundesländern anwerben.“ Bei den Haushaltsberatungen 2004 sei das Übel nur bedingt an der Wurzel gepackt worden, resümierte Leins. „Sonst hätte der Haushalt anders aussehen müssen.“

Holger Müller (Grüne) stellte ebenfalls die Frage nach dem Wachstum und verglich die Situation Brettens vor zehn Jahren mit jener von heute. Die Verschuldung der Stadt sei in diesem Zeitraum um rund 70 Prozent angestiegen, während Steuereinnahmen, Vermögen und Einwohnerzahl wesentlich bescheidener gewachsen seien. „Wachsen, aber nicht um jeden Preis“ schlussfolgerte Müller daraus und kündigte an, die Grünen würden künftig noch kritischer großen Investitionen gegenüber stehen, wenn auch nicht solchen, die für das Wohlergehen der Stadt erforderlich sind. Zu den Sparbeschlüssen und Steuer- und Gebührenerhöhungen des neuen Haushalts gebe es indes keine Alternative. „Wir müssen diesen Kurs eisern durchhalten, damit wir wenigstens die Pflichtaufgaben erfüllen können.“ Müller warnte vor den weiter steigenden Ausgaben für Zins und Tilgung der städtischen Schulden und dem Substanzverlust durch die Veräußerung von Vermögenswerten. „Die Talfahrt in Richtung Kollaps geht unvermindert weiter.“

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