Schneider warnt vor Größenwahn

Sparkassen-Chef kritisiert die Überlegenheitsfantasien globaler Finanzinstitute
„Die LBBW war das Einfallstor der Probleme“
Von unserem Redaktionsmitglied Christina Zäpfel
Baden-Baden. In Krisenzeiten rückt man ja bekanntermaßen enger zusammen, und eine Art neuen Schulterschluss übten gestern einmal mehr Vertreter der Kommunen und der Sparkassen im Land. Beim Kommunalforum der Sparkassen Finanzgruppe Baden-Württemberg, zu dem traditionell nach Baden-Baden geladen wird, ging es um die Rolle der Kommunen aber auch der von ihnen getragenen Sparkassen während und nach der Krise.

Baden-Württembergische Bürgermeister und Kämmerer und ihnen gegenüber die Vertreter der Sparkassen waren sich gestern denn auch weitgehend einig, was die Einordnung der Finanzkrise angeht: „Unter den Auswirkungen auf die Realwirtschaft hat Baden-Württemberg mit seiner Exportquote von mehr als 40 Prozent besonders zu leiden“, so die Einschätzung von Bernd Schneider, dem Präsidenten des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg. „Für Städte, Gemeinden und Landkreise bedeutet dies eine große finanzielle Belastung, weil die Steuereinnahmen zurückgehen, Sozialabgaben dagegen steigen.“
Unter dem Tagungstitel „Die Gemeinden, Städte und Landkreise – Rückgrat der Gesellschaft in schwierigen Zeiten“, war auch Ministerpräsident Günther Oettinger in die Kurstadt gekommen, um über die enger werdenden Finanzspielräume von Bund, Land und Kommunen zu sprechen.

Insbesondere die zunehmende Verschuldung von Städten und Gemeinden und ein Ausweg aus der Schuldenfalle kommunaler Haushalte trieb die Vertreter etwa von Städte- und Gemeindetag um. Schneider mahnte davor, aus der Krise nicht die richtigen Schlüsse zu ziehen, etwa Finanzjongleuren zu viele Spielräume zu gewähren: „Die Investmentbanker sind schon wieder unterwegs mit ihren großen Versprechungen und Erwartungen. Ich sehe die Gefahr, dass die wichtigsten Erkenntnisse von heute, morgen schon vergessen sein werden, obwohl der Größenwahn und die Überlegenheitsfantasien globaler Finanzinstitute gescheitert sind“, sagte Schneider, der zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrates der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist.

Diese ist in der Finanzkrise auch durch verfehlte Spekulationsgeschäfte besonders stark ins Trudeln geraten und muss sich derzeit durch einen schmerzhaften Konsolidierungskurs regelrecht gesund schrumpfen. „Ja, die LBBW war das Einfallstor der Probleme in unsere Sparkassen-Finanzgruppe“, räumte Schneider ein. So stabil sich die 54 Sparkassen im Land gerade in Krisenzeiten darstellten, so brutal hätten sich die Probleme der Landesbank als Teil der Sparkassen-Finanzgruppe offenbart, sagte Schneider. Während die Sparkassen an der Basis quasi die Geschäfte am Laufen hielten, die Kreditversorgung insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen besorgen, und gerade nicht nur auf die reine Renditemaximierung schielten, müsse man bei der LBBW retten, was noch zu retten ist, so die Stimmungslage beim gestrigen Forum.

„Während sich die Großen vom Acker machen“, so der Sparkassenpräsident, „steigerten wir unsere Kreditvergabe deutlich, zuletzt um 5,9 Prozent.“ Von einer Kreditklemme wollte denn auch der Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstag Hartmut Richter in seiner Branche nichts wissen. Auch der Chef der Sparkasse Heidelberg, Helmut Schleweis, sieht keinen Beweis für die Existenz einer Kreditklemme: Es sei vielmehr so, dass die Sparkassen momentan Kommunen und Mittelstand mit Geld versorgten, um diese schwierige Phase zu überbrücken. „Die Krise war der Offenbarungseid der Kurzfristigkeit“, so Schleweis’ Interpretation. „Die Sparkassen hingegen sind gelebte Nachhaltigkeit.“

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11 Antworten zu Schneider warnt vor Größenwahn

  1. v-u sagt:

    Oder als Verwaltungsratsvorsitzender Klage gegen den alten Vorstand erheben.

    Um die Kapitalspritze der Anteilseigner von 5 Mrd. € und Garantien für Risiko-Papiere von 12,7 Mrd. € ungeschehen, d. h. rückgängig, zu machen. 🙂

  2. n.-K. sagt:

    Am besten den Mund halten!

  3. Zach sagt:

    Die Warnung von Hr. Schneider ist mir einfach zu durchsichtig.

  4. ü sagt:

    Warum warnt Herr Schneider vor Größenwahn so spät?

    Weil er als Verwaltungsratsvorsitzender den Größenwahn von Ex-LBBW-Chef Jaschinski so spät erkannt hat?

  5. xav. sagt:

    @ spezi

    Eine gar nicht so abwegige Frage!

  6. spezi sagt:

    Boni auch für Herrn Schneider?

  7. Nag. sagt:

    Schon lange müsste Sparkassenchef Schneider (CDU) folgendes wissen.

    Bundeshaushalt, Landeshaushalte, kommunale Haushalte gleichen soeben überreichten Überraschungseiern.
    Die Besitzer derselben wissen nicht, was wirklich drin ist. 🙂

  8. u/-d sagt:

    Und in einer vergleichbaren Veranstaltung erzählen die Herren Landsberg und Kehle, die Bürger seien zu anspruchsvoll?

    Merke: Nicht die Bürger, sondern die deren Geld verschwendenden Politiker müssen ihre nimmersatten Vorstellungen runterfahren.

    Und das möglichst bald.

  9. Gis./Br. sagt:

    Die Landespolitik – Herr Schneider ist Mitglied des Landtags sowie Verwaltungsratsvorsitzender der LBBW – hat

    die größenwahnsinnige Landesbank (LBBW)

    um jeden Preis gestützt, ohne dass bis heute den Bürgerinnen und Bürgern und Steuerzahlern im „Musterländle“? diese angebliche Notwendigkeit schlüssig erklärt werden kann.

    Die ehemalige Vorzeigebank hat in den vergangenen Monaten besonders eines gelernt:

    Egal, was sie anrichtet, die Steuerzahler kommen für alles auf.

  10. zeller sagt:

    „Schneider warnt vor Größenwahn“

    Die Zocker-Mentalitäten an den Börsen feiern bereits wieder fröhliche Urständ! 🙂

    Und die Boni fließen wieder in den alten Größenordnungen! 🙂

  11. g/L sagt:

    …“Schneider, der zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrates der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist.“

    Und Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg.

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