Höchst überschaubare Erwartungen

In den Kassen der Gemeinden herrscht Ebbe – Besserung ist nur bedingt in Sicht
Nur drei Landkreis-Bürgermeister erwarten mehr Gewerbesteuer
Kreis Karlsruhe. Milliarden oder Millionen? Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise musste man mathematisch schon sehr sicher sein, um richtig einordnen zu können, mit welchen Summen der Bund stützend und helfend eingriff. Auf Ebene der Gemeinden bedarf es dieses arithmetischen Verständnisses nicht zwingend. Die dort bewegten Summen sind – relativ betrachtet – noch überschaubar. Dennoch hat die Finanz- und Wirtschaftskrise die Kommunen mit voller Wicht getroffen: Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg erzielten 2009 ein Minus von 2,6 Milliarden, schreibt die Gemeindeprüfungsanstalt. Für die Kommunen bedeutet das einen „massiven Substanzverlust“.

Den belegt eine Umfrage bei den 32 Städten und Gemeinden des Landkreises Karlsruhe. In 23 Fällen wird die Aufstellung des Haushalts 2011 ein Gewaltakt, um neue Schulden kommen 13 Gemeinden sicher nicht herum. Und für 25 Rathauschefs und Kämmerer ist schon heute absehbar, dass Geld für Investitionen abseits des Unumgänglichen nicht vorhanden sein wird. Steigende Einnahmen bei der Gewerbesteuer erwarten gerade einmal drei Gemeinden. Für die Tristesse in der Kasse können die Gemeinden in der Regel fast nichts. Der eigentliche Grund liegt im komplexen Finanzierungssystem und in dessen aktuellem Zustand. In Graben-Neudorf wird dies so beschrieben:„Hohe Umlagezahlungen an Land und Kreis durch hohe Steuereinnahmen in 2009 ergeben ein schlechtes Jahr 2011.“ Die Kommunen „büßen“ demnach zeitverzögert für gute Jahre durch hohe Umlagezahlungen. Allerdings fallen in rezessiven Jahren die Einkommensteueranteile bescheidener aus, was die Situation verschärft. „Die gravierenden Mindereinnahmen können durch Konsolidierungsmaßnahmen auch nicht annähernd ausgeglichen werden“, befindet man dazu in Kraichtal.

Für „Freiwilligkeitsleistungen“ bleibt selten etwas übrig. Dabei muss man schon über die Definition streiten. Malsch etwa saniert das Freibad der Gemeinde. Für Bürgermeister Edgar Himmel fast schon Pflicht, um im Wettbewerb mit den Nachbarorten bestehen zu können. Insgesamt freilich leisten sich die Landkreisgemeinden nur noch selten Neues. In Bruchsal etwa werden eine neue Schule und ein neuer Kindergarten gebaut. In Hambrücken reicht es für ein neues Feuerwehrhaus, und Kronau steigt in die Generalsanierung der Mehrzweckhalle ein. Linkenheim-Hochstetten schultert den Bau einer neuen Sporthalle – allerdings vor einem außerordentlichen Haushaltstableau mit Null Schulden je Einwohner.

Gibt es einen Ausweg aus der Krise der Kommunalfinanzen? Bis zu einem gewissen Grad wird die Konjunktur helfen, wenn sich dadurch Gewerbesteuer- und Einkommensteuereinnahmen verbessern. Das sehr viel größere Problem liegt auf der Ausgabenseite. Die Kleinkindbetreuung wird auf Dauer sehr viel Geld kosten, und der Investitionsstau bei der oft dringend notwendigen energietechnischen Sanierung vieler kommunaler Immobilien verschlingt das, was möglicher Weise an Mehreinnahmen generiert wurde. Und die Schulsozialarbeit erfordert häufig eine zusätzliche Stelle im Haushaltsplan.
Hinzu kommt, dass einige Gemeinden nach dem Haushaltsjahr 2011 an der Mindesrücklage angekommen sein werden – Investieren per Entnahme aus dem Sparbuch geht nicht mehr. Und bei neuen Schulden gibt es auch Grenzen.

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