Grundbuchdaten lagern künftig zentral in Maulbronn

Einsichtstellen ersetzen die Grundbuchämter in den Gemeinden / Kritiker beklagen bürgerfeindliche Reform
Von unserem Redaktionsmitglied Michael Rudolphi
Kreis Karlsruhe. „Das ist extrem bürgerfeindlich.“ Walter Dittmar lässt kein gutes Haar am jüngsten Reformprojekt der Landesregierung. Die geplante Zentralisierung der kommunalen Grundbuchämter ist für den Leiter des Grundbuchamtes Hambrücken der falsche Weg. Mit dieser Haltung bringt er die Meinung vieler seiner Kollegen im Landkreis und vieler Bürger auf den Punkt. Kommt die Reform – und das Justizministerium lässt keinen Zweifel daran – gibt es für den Landgerichtsbezirk Karlsruhe künftig nur noch eine einzige grundbuchführende Stelle, die beim Amtsgericht Maulbronn angesiedelt wird. Das heißt: Die Grundbuchämter in den Gemeinden der Region werden aufgelöst und alle Daten künftig am Standort Maulbronn konzentriert (siehe auch „Hintergrund“).

„Das Projekt ist Bestandteil der Notariatsreform“, betont Stefan Wirz, Pressesprecher des baden-württembergischen Justizministeriums, auf Anfrage der BNN. Die Regierung erhofft sich von der Zentralisierung entscheidende Synergieeffekte. Voraussetzung für das Vorhaben ist allerdings die Umstellung auf das elektronische Grundbuch, die jede Kommune bis spätestens Ende 2017 abgeschlossen haben muss. „Dann gibt es keinen Grund mehr, in jeder Gemeinde ein Grundbuchamt vorzuhalten“, erläutert Wirz. In den Gemeinden sind stattdessen so genannte Einsichtstellen vorgesehen, die es dank digitalisierter Daten und elektronischer Vernetzung ermöglichen, Einträge im Grundbuch einzusehen.

Daran hat Dittmar jedoch Zweifel. Er glaubt nicht, dass sich beispielsweise Einträge in Folianten auf altem Papier und dazu noch in Handschrift so einfach digitalisieren lassen. Seiner Schätzung nach sind nur etwa 30 Prozent des Datenbestandes scannbar. „Was passiert mit dem Rest?“, fragt er. Um die gewaltigen Aktenberge aus den kommunalen Grundbuchämtern in Maulbronn zu lagern, müssten dort entsprechende Gebäude entstehen. „Das hätte die Ausmaße einer mittleren Messehalle“, meint Dittmar. Ein Problem, das noch nicht geklärt ist.

Ein weiteres Argument Dittmars gegen das elektronische Grundbuch: Der unmittelbare Kontakt zu den Bürgern gehe verloren. „Vor dem Gang zum Notar kommen viele Leute erst ins Grundbuchamt, um sich dort beraten zu lassen“, weiß der Ratschreiber aus langjähriger Erfahrung. Die künftig geplante Einsichtstelle könne dies nicht leisten.
Soll sie auch gar nicht – nach Meinung des Justizministeriums gehört Beratung nicht zu den zentralen Aufgaben des Grundbuchamtes. Vorrangig geht es darum, Daten und Einträge zu speichern und deren Einsicht zu ermöglichen. Beratung und Information ist dann künftig Sache der (privaten) Notare – mit der Folge höherer Kosten.

„In vielen Fällen reicht der Blick ins elektronische Grundbuch nicht aus“, gibt Horst Mix vom Landesverband der Justiz-Gewerkschaft zu bedenken. Um Löschungsbewilligungen mit Grundschuldbriefen, Erbscheine oder Eintragsbewilligungen zu erhalten, müssen die Einwohner im Landkreis künftig lange Anfahrtswege nach Maulbronn in Kauf nehmen. „Die Konzentration ist ein politisches und logistisches Waterloo“, bekräftigt die Justiz-Gewerkschaft.

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