Vielen Karlsruhern stinkt ein neues Kraftwerk

22.12.2007 Karlsruhe. Das Vorhaben der EnBW-Chefs, nach dem vereinbarten Atomausstieg die Kernenergie durch Kohlestrom zu ersetzen, stößt in Karlsruhe auf Protest. Dort soll Ende 2011 ein Kohlekraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 912 Megawatt in Betrieb gehen. Eine breite Front von Gegnern fürchtet um die Karlsruher Luft – von Anwohnern über Umweltschützer bis hin zu Kinderärzten. Auch die Evangelische Kirche in Karlsruhe steht dem Milliarden-Projekt skeptisch gegenüber.

„Die Karlsruher Luft ist schon jetzt stark belastet“, meint Hartmut Weinrebe, Regionalgeschäftsführer beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er verweist auf die Abgase aus schon bestehenden Kraftwerken, den Raffinerien und der Papierfabrik. Durch zusätzliche 207 Tonnen Feinstaub und zwei Millionen Tonnen Stickoxiden jährlich durch das neue Kohlekraftwerk werde sich dies seiner Einschätzung nach drastisch verschlimmern.

CO2-Emmission steigen „drastisch“
Auch die klimaschädlichen CO2-Emissionen würden „dramatisch“ steigen, sagt Weinrebe. Hinzu kämen weitere Abgase durch ein nahezu gleichzeitig geplantes Kraftwerk der benachbarten Papierfabrik.
„Keine neuen Kohlekraftwerke mit zusätzlichem Feinstaubausstoß“, warnt auch die Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Kinder- und Jugendärzte, die sich um vermehrte Atemwegserkrankungen bei den Kleinsten sorgt. Und Pfarrer Thomas Schalla fragt sich: „Ist Kohle wirklich die Technologie der Zukunft?“
Hans-Peter Villis, der neue Chef des Energiekonzerns EnBW und Betreiber des umstrittenen Kohleofens, beschwichtigt hingegen: „Wir werden hier das modernste Steinkohlekraftwerk Europas bauen mit massivst verbesserten Zahlen insbesondere beim Schadstoffausstoß.“

Nachbesserungen durch die EnBW
Dass die Chefetage des drittgrößten deutschen Stromversorgers die Proteste nicht auf die leichte Schulter nimmt, zeigt eine eilige Nachbesserung: Nach den beim Regierungspräsidium eingereichten Genehmigungsanträgen für den Kraftwerksblock RDK 8 sollen die Emissionen gegenüber dem ursprünglichen Plan nahezu halbiert werden. Dies sei durch eine „kostenträchtige Optimierung“ der geplanten Rauchgasreinigungsanlagen erreicht worden, so die EnBW.

Der Karlsruher Gemeinderat hat am 11. Dezember gegen die Stimmen der Grünen den Bebauungsplan „Fettweissstraße 65“ beschlossen. Nun braucht die EnBW Energie Baden-Württemberg noch grünes Licht vom Regierungspräsidium. Die Behörde will „bis zum Ende des 1. Quartals 2008“ in zwei Erörterungsverfahren für den Bereich Luft und Wasser über 6300 Sammel- und 35 Individualeinwendungen entscheiden.

Bis dahin wollen Gegner wie Betreiber noch mal nachlegen: Während der BUND notfalls noch ein Bürgerbegehren prüft, will EnBW-Chef Villis eine Charme-Offensive in der Öffentlichkeit für den Steinkohle-Block starten. Um die Versorgungssicherheit im Stromnetz zu gewährleisten, müssten abgeschaltete Atommeiler durch Kohlekraftwerke ersetzt werden. „Wir haben keine Alternative – wir werden diese Lücke nicht durch erneuerbare Energie schließen“, so Villis.

Regenerative Energien sollen in den Vordergrund
Das sieht Hartmut Weinrebe vom BUND ganz anders: Wenn die bisherigen Atomstromer die Kernenergie einfach durch Kohle ersetzten, gebe es keinen Anreiz mehr für Energieeffizienz und Energieeinsparung. Er plädiert vor allem für dezentrale kleine Gaskraftwerke.
Versöhnlich zeigt man sich schon jetzt von kirchlicher Seite: „In der Perspektive sind wir uns einig – regenerative Energien müssen im Vordergrund stehen“, meint Pfarrer Schalla nach einem Meinungsaustausch mit EnBW-Vertretern.
Immerhin haben es die Einwohner der saarländischen Gemeinde Ensdorf den Kritikern aus Karlsruhe vorgemacht: Sie leisteten erfolgreich Widerstand gegen ein geplantes Steinkohlekraftwerk.

red

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