Weitere Genehmigung für Kohlekraftwerk

Schwarzer Tag für Karlsruhe
Karlsruhe – Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat am gestrigen Donnerstag die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das geplante Kohlekraftwerk im Karlsruher Rheinhafen erteilt. Damit darf die EnBW eine Gasturbine und einen Kohleblock mit rund 900 Megawatt elektrischer Nennleistung auf dem Betriebsgelände des Rheinhafen-Dampfkraftwerks in Daxlanden bauen.

Der Bau der Gasturbine und des Kohleblocks, gegen den die Proteste von Umweltschutzorganisationen, Anwohnern und einer Minderheit im Gemeinderat nicht abreißen, kostet rund eine Milliarde Euro (ka-news berichtete). Erst vergangenen Freitag hatten sich der BUND Karlsruhe sowie die Bürgerinitiative „Das bessere Müllkonzept“ an den Petitionsausschuss des Landtags in Stuttgart gewandt. In Briefen forderten sie die Abgeordneten eindringlich auf, das Genehmigungsverfahren für das geplante zusätzliche Kohlekraftwerk vorläufig zu stoppen und sich vor Ort ein Bild über die „jetzt schon gesundheitsgefährliche Feinstaubbelastung der Karlsruher Luft“ zu verschaffen. Abermals verweisen sie auf die Schreiben des Gesundheitsamtes und der Karlsruher Kinder- und Jugendärzte gegen das Kohlekraftwerk (ka-news berichtete).

Neben der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist nun noch eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme und Wiedereinleitung von Kühlwasser in den Rhein erforderlich, die ebenfalls in Kürze erteilt werde, so das Regierungspräsidium. Bereits Ende Februar 2008 hatte das Regierungspräsidium den vorzeitigen Baubeginn für den Steinkohleblock zugelassen (ka-news berichtete). Dies betraf unter anderem die Einrichtung der Baustelle sowie die Errichtung von Fundamenten und Bodenplatten und die Verlegung von Werksgleisen.

Aus gesundheitlichen Gründen katastrophal
Der Genehmigung war ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung vorausgegangen. Insgesamt wurden rund 6.300 Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Der Erörterungstermin fand Ende November 2007 in Karlsruhe-Knielingen statt (ka-news berichtete). Daraufhin, so das Regierungspräsidium, habe die EnBW die zu erwartende diffuse Feinstaubbelastung sowie die Emissionen für die Hauptschadstoffe Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid und zuletzt auch Schwefeldioxid gesenkt.

Die vom Regierungspräsidium erwähnte „selbstauferlegte“ Minimierung der zu erwartenden Feinstaubbelastung beruhige nicht wirklich, so die Karlsruher Bundestagsabgeordnete der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl. Es handle sich hierbei lediglich um einen Beschwichtigungsversuch, der die Jahresmittelwerte, nicht aber die Spitzenbelastungszeiten beschreibe. Im so genannten „Dialog“ zwischen Bevölkerung, Konzern und Behörden hätten letzten Endes die bestehenden Machtverhältnisse, nicht aber die Argumente der engagierten Bevölkerung gewonnen. „Diese Entscheidung ist – unter den zukünftigen Bedingungen des Emissionszertifikatehandels – ökonomisch unvernünftig, klimapolitisch kontraproduktiv und aus gesundheitlichen Gründen katastrophal“, so Kotting-Uhl weiter.

Gegner lassen Klage prüfen
Käme das Kraftwerk, würde das Klima mit bis zu 6.000.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid zusätzlich belastet, rechnen die Kritiker vor. Bei der letzen Erhebung der LUBW brachte es Karlsruhe inklusive Verkehr und sämtlicher Industrie auf zirka 7,2 Millionen Tonnen, eine Steigerung von bis zu 80 Prozent. Wegen der hohen Vorbelastung im Raum Karlsruhe hält das Aktionsbündnis das Kraftwerk für nicht genehmigungsfähig. „Es kann nicht angehen, dass die hiesige Bevölkerung zusätzlichen gesundheitlichen Gefährdungen durch Luftschadstoffe ausgesetzt werden soll, während sich die Anteilseigner an dem Kraftwerk aus der eigenen lokalen Verantwortung davonstehlen“, so Bettina Lisbach, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Karlsruher Gemeinderat.

„Wir haben bereits Vorbereitungen getroffen, um die Genehmigung des umstrittenen Kraftwerkes juristisch prüfen zu lassen. Nun, da alles auf dem Tisch liegt, können wir loslegen“, meint Hartmut Weinrebe, Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Regionalverband Mittlerer Oberrhein. Die Belange des Natur- und Gewässerschutzes verbieten eine Kraftwerksgenehmigung, denn der Rhein sei schon jetzt stark durch Wärmeeinleitungen belastet. Auch der Zeitpunkt der Genehmigung in den Pfingstferien sehen die Gegner als kritisch an, da sich in dieser Zeit viele Menschen nicht informieren könnten und für einen Einspruch wenig Zeit hätten. Hat Oettinger Druck ausgeübt?

Man vermute, dass das Regierungspräsidium so den Vorgaben aus Stuttgart nachkommen wolle. Ministerpräsident Günther Oettinger habe aus seiner Wunschhaltung bereits in einem im März ausgestrahlten Interview (ka-news berichtete) im Zusammenhang mit der vorzeitigen Baugenehmigung keinen Hehl gemacht und die Behörde aus Sicht der Kraftwerksgegner stark unter Druck gesetzt. Für die Karlsruher Luft könne diese Entscheidung des Regierungspräsidiums nur als „Schwarzer Tag“ gelten, so die Gegner abschließend. (mia)

Meldung vom Freitag, 16. Mai 2008 © ka-news 2008

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16 Antworten zu Weitere Genehmigung für Kohlekraftwerk

  1. Schw. sagt:

    Kommentar : Hohe Erwartungen von Günther Kopp BNN am 29. Oktober 2009

    „Insgesamt dürfte es für die Akteure nicht ganz einfach sein, in Karlsruhe für Klimaschutz zu werben, während im Rheinhafen ein riesiges Kohlekraftwerk aus dem Boden gestampft wird. Doch jetzt ohnmächtig die Hände in den Schoß zu legen und keine Anstrengungen zum Klimaschutz zu machen, wäre auch nicht der richtige Weg.“

    Was ist der richtige Weg?

  2. b sagt:

    Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Landespolitik sind mit den Worten der Herren Mappus und Oettinger, beide CDU, zum Vorgang Kohlekraftwerk vollends abgestürzt.

  3. -sol- sagt:

    Noch nicht vergessen!

    „Kernkraft ist für die CDU Öko-Energie“

    Ronald Pofalla, CDU-Generalsekretär, nach einer Sitzung der Parteispitze im Juni 2008 zu einem Grundsatzpapier über Umwelt-, Klima- und Verbraucherpolitik

  4. D/F sagt:

    Vernünftig ist es, wenn man neue Kohlekraftwerke zusätzliche Klimakiller nennt und sie als glatten Irrsinn abtut.

    Und wenn man diese Aussage von August 2007 durch seinen Chef und CDU-Parteikollegen Oettinger am 15.09.2008 ins Gegenteil verkehren lässt?

    Dann ist das mehr als unredlich, weil damit ein erhebliches Maß an Doppelzüngigkeit von der Öffentlichkeit durchschaut wurde.

  5. wf sagt:

    BNN vom 27.10.09

    „Mappus wird Partei und Regierung leiten“

    „Vize-Ministerpräsident Ulrich Goll (FDP) bezeichnete Mappus als geradliningen und entscheidungsfreudigen Politiker, bei dem man stets wisse, woran man sei“…

    Dazu meine Kommentare am 7. Juni 2008 sowie am 27. Oktober 2009. 🙁

  6. qt sagt:

    Energie auf der Grundlage fossiler Brennstoffe zu gewinnen, ist kein langfristiges Zukunftsmodell.

    Das müsste mittlerweile allen klar sein (nur den CDU-Herren Mappus und Oettinger – siehe weiter oben – nicht).

    Trotzdem findet noch immer keine Wende der staatlichen Wissenschafts-, Wirtschafts- und Energiepolitik hin zu regenerativen Energiequellen statt.

    Unsere zahlreichen sogenannten Eliten in Wirtschaft, Politik und Verwaltung betreiben lediglich „Appeasementpolitik“. Auf dem Energieschlachtfeld kann das jedoch fatale Folgen haben.

  7. wf sagt:

    BNN vom 24.10.2009

    „CDU-Fraktionschef Stefan Mappus rügte den Minister (Stächele CDU) für den Vorstoß, eine weitere Senkung der Klassengröße um zwei Jahre zu verschieben.“ 🙂

    „Es steht die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Landespolitik auf dem Spiel“, sagte Mappus. 🙁

  8. wf sagt:

    Mappus (CDU) jetzt designierter Ministerpräsident

    s. Zitat von Mappus (CDU-Fraktionsvorsitzender im Stuttgarter Landtag) in meinen Kommentar am 7. Juni 2008
    🙁

    Noch Ministerpräsident Oettinger (CDU) bei der Grundsteinlegung des KOHLEKRAFTWERKS der EnBW in Karlsruhe Rheinhafen am 15.09.2008:

    „Eine sichere Energieversorgung vor Ort ist für das wirtschaftsstarke Baden-Württemberg ein wichtiger Standortfaktor. Wir brauchen daher ausreichende und verbauchsnahe Erzeugungskapazitäten im Land, denn wir können und dürfen uns nicht abhängig von Stromimporten machen. Die EnBW dokumentiert mit dem Bau des neuen Kraftwerks, dass sie Verantwortung übernimmt und in Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Land investiert.“ 🙂

  9. wf sagt:

    „Jeder zusätzliche Klimakiller Kohlekraftwerk wäre glatter Irrsin.“
    bwWoche 27.08.2007

    Stefan Mappus (CDU-Fraktionsvorsitzender im Stuttgarter Landtag)

  10. Cam. sagt:

    Gemeint sind wohl die Kosten, die ihr künftig für die Inanspruchnahme der notwendigen Emissionsrechte entstehen werden.

  11. kord. sagt:

    Für EnBW als den potentiellen Kraftwerksinvestor bedeutet der Zertifikatehandel, dass sie ihre Rechnung vorerst mit einer Unbekannten machen muss.

  12. -Ger.-Luk.- sagt:

    Zur Bekämpfung des Treibhauseffekts hat die EU das Instrument des Zertifikatehandels entwickelt und umgesetzt.

  13. -wu. sagt:

    Es trägt so zum berüchtigten „Treibhauseffekt“ bei. Nur dieser globale Effekt hat die Wissenschaft und Politik auf den Plan gerufen, welche viel zu spät darauf reagiert haben.

  14. -Must- sagt:

    Kohlendioxid wird in großen Mengen freigesetzt bei der Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Es ist eben kein lokales Umweltgift, sondern es reichert sich weltweit in der Atmosphäre an.

  15. dr sagt:

    „Käme das Kraftwerk, würde das Klima mit bis zu 6.000.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid zusätzlich belastet, rechnen die Kritiker vor.“

    Kohlendioxid ist geruchlos, unsichtbar und als Bestandteil der Atemluft vollkommen ungiftig. Mensch und Tier atmen es ständig aus.
    Wenn im Herbst die Blätter verrotten, wird jeder Wald Großemittent.

  16. b.z. sagt:

    Inmitten von Erläuterungen über schädliche Reizgase wie Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid und weiter Feinstaub ist auch die Rede vom Kohlendioxid!

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