Geheimtipp wird bald in aller Munde sein

Lasterfahrer kennen den Ausnahmenkatalog des nächtlichen Fahrverbots – Erste Polizeikontrolle an der B 294
Das ist jetzt blöd gelaufen“, sagt der Lasterfahrer. Um Mitternacht haben ihn Pforzheimer Verkehrspolizisten in den Parkplatz an der Bundesstraße Richtung Bauschlott gelotst. In Ulm ist er auf die Autobahn gefahren, bis um 4 Uhr will er in Neuwied sein. „Ich wollte 20 Minuten sparen“, sagt er. Das geht so: In Pforzheim-Nord runter von der A 8, in Bruchsal wieder rauf auf die A 5. „Außerdem spare ich noch etwas an der Mautgebühr“, gibt der Mann freimütig zu.

Zeitvorteil auf der Bundesstraße?
Achim Strobel schüttelt den Kopf. „Auf der Autobahn ist doch gerade nichts los. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, wie er diesen Zeitvorteil gewinnt, es sei denn, er rast“, sagt der Pforzheimer Verkehrsgruppenleiter, der an der B 294 die erste Kontrolle des Nachtfahrverbots zwischen Pforzheim-Nord und Neulingen– Bauschlott leitet. Zwei Stunden vorher haben die Männer des Technischen Hilfswerks aus Mühlacker ihre Licht-Giraffe aufgebaut.

Nahezu taghell beleuchtet der Mast den Parkplatz an der Bundesstraße zwischen Pforzheim und Bauschlott. „Wir brauchen gute Lichtverhältnisse, wenn wir nachts einen Schwerlaster unter die Lupe nehmen“, sagt Strobel. Von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens gilt jetzt ein Nachtfahrverbot für den Schwerlastverkehr über 12 Tonnen, nachdem der Mautausweichverkehr zwischen Pforzheim und Bretten stark zugenommen hatte und die Behörden dem Treiben nicht länger tatenlos zusehen wollten.

Doch es gibt Ausnahmen für die Kapitäne der Landstraße. Schon der erste Brummifahrer mit Augsburger Kennzeichen, den die Beamten in den Parkplatz lotsen, kennt die Gesetze. „Ich will zum Autohof Herzl bei Bruchsal“, sagt er und schmunzelt. „Er hat ein so genanntes Anliegen“, weiß Strobel.

Der Lasterfahrer beruft sich zudem auf ein Schreiben der Stadt Bruchsal, die in einem Verfahren darauf hinwies, dass Anlieger nicht unters nächtliche Verbot für den Durchgangsverkehr fallen. Der Fahrer des 40-Tonners kriegt denn auch keine 20 Euro Transitstrafe. Dafür ist er dran, weil er die ganze Zeit zu schnell gefahren ist. „Der Mann ist zuletzt dauernd mit fast 100 Stundenkilometern statt erlaubten 80 unterwegs gewesen“, sagt der Beamte, der einen Blick auf die Tachoscheibe geworfen hat.

20 Euro Strafe seien zu wenig, um Lasterfahrer zu beeindrucken, hat der baden-württembergische Verkehrsstaatssekretär Rudolf Köberle erklärt. Achim Strobel mag da zum Vergleich nur nüchtern den Strafenkatalog wiedergeben: „Wer den Gurt nicht anlegt, muss mit 30 Euro rechnen. Einen Punkt in Flensburg gibt es ab 40 Euro. 50 Euro drohen einem Lasterfahrer, wenn er die Ladung nicht richtig gesichert hat.“ Köberles Hoffnung erfüllte sich nicht – es blieb im Bußgeldkatalog bei 20 Euro für Fahrer, die gegen ein Durchgangsverbot verstoßen.

Gute Gründe für Weiterfahrt
Anlieger dürfen weiterfahren. Umdrehen muss dagegen ein Reutlinger mit seinem Sattelauflieger. Er habe sich verfahren, hat er den Beamten beteuert. Als Transitsünder muss er die 20 Euro berappen und in Pforzheim-Nord wieder zurück auf die Autobahn.

Sieben der neun kontrollierten Lasterfahrer haben freilich gute Gründe für die Nachtfahrt Richtung Bauschlott und Bretten. Da ist der Italiener, dessen Lieferziel Bretten ist, wie die Papiere belegen. Da ist der Fahrer aus Lienz, der mit seiner Ladung nach Oberderdingen muss. Er ist schon in Pforzheim-Ost raus, jedoch wieder auf die Autobahn, als er in Niefern den Hinweis aufs Nachtfahrverbot sah. Ein Fahrer aus Heilbronn darf weiter nach Bretten fahren.

Große Korridore
Das Verbot für den Lasterverkehr in der Nacht gilt nicht für den regionalen Wirtschaftsverkehr, der in einem Umkreis von 75 Kilometern geschützt ist. „Und für den Quell- und Zielverkehr gilt ein freier Korridor von 20 Kilometern“, sagt Strobel. Der Polizeioberkommissar hat eine Schablone mitgebracht, die er auf die Landkarte legen kann. Manche Beamte der Verkehrspolizei murren denn auch bei der Kontrolle. „Die Bürger beklagen sich zurecht über den nächtlichen Lärm, wir aber müssen die zahlreichen Ausnahmen beachten“, sagt einer. Und wenn sich der Tipp mit dem Autohof einmal herumgesprochen hat: „Dann müssen wir alle durchlassen.“

Lasterfahrer verlassen freilich ungern die Autobahn. „Ich bin einmal in Heimsheim von der A 8 gegangen. Nie wieder“, sagt der Fahrer aus Augsburg. Wenn die Autobahn aber verstopft ist, sieht’s indes anders aus. „Ich habe einen Laptop mit Navigationssystem dabei. Ist die A 8 dicht, umfahre ich Staus auf den Bundesstraßen 10 oder 35 zwischen Vaihingen, Mühlacker, Bretten und Bruchsal.“

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