Mehr Solidarität, mehr Bürokratieabbau

OB Paul Metzger beim Neujahrsempfang der Stadt Bretten in der Stadtparkhalle:

Bretten (gm). Die Sorgen um das Wohl der Stadt Bretten und seiner Bürgerinnen und Bürger, aber auch um darüber hinaus weisende grundsätzliche Tendenzen in der Gesellschaft, bestimmten den Ton der Rede von Oberbürgermeister Paul Metzger beim Neujahrsempfang in der bis auf den letzten Platz besetzten Stadtparkhalle. Bei deutlichem Optimismus in Bezug auf den Dank hohen Gewerbesteueraufkommens positiven Brettener Haushaltsabschluss 2005 mahnte Metzger nicht nur eine verlässlichere Politik und weniger Bürokratie, sondern auch mehr Solidarität und Miteinander an: „Das soziale Klima hat sich drastisch verschlechtert. Reichtum muss Maß erkennen und Armut Grenzen besitzen“.

Metzger machte dabei auch klar, dass die Leistungsfähigkeit der Kommunen nicht zuletzt dadurch ausgereizt sei, dass ihnen die Gegenfinanzierung von Leistungsgesetzen aufgebürdet werde. Mehr soziale Gerechtigkeit habe das nicht gebracht, wie das Beispiel der Hartz-Gesetze zeige. Zudem habe ein Anspruchsdenken die deutsche Volkswirtschaft überfordert – trotzdem „werden allenthalben Besitzstände mit Zähnen und Klauen verteidigt.“

Das Thema Bürokratie ließ den Brettener Verwaltungschef, der mit seinen bürokratische Umwege unterlaufenden Aktionen mittlerweile landesweit als eine Art Symbolfigur im Kampf gegen den Amtsschimmel Furore macht, auch dieses Mal nicht los. Ein „Gesetzesdschungel mit einem unsäglichen Dickicht an Verwal-tungs- und Durchführungsvorschriften“, beklagte Metzger. Eine sich immer häufiger selbst beschäftigende Bürokratie lähme Menschen und Betriebe, störe verantwortliches Handeln und Freiräume der Menschen – oder mache sie gar unmöglich: „Ich wünsche mir von der Bundesregierung nicht ständig neue Gesetze, die sie nicht einhalten, umsetzen oder finanzieren kann, sondern das Ausmisten überzogener, die Menschen überfordernder Vorschriften.“ Der OB sprach drastisch von „Regelungswahn“, „Vorschriftenwut“ und von einem Staat, „in dem demokratisch gefasste Entscheidungen längst überlagert werden durch das Handauflegen eines vom Gesetz legitimierten Sachbearbeiters.“

Nicht nur ein wenig mag Zorn über eigene Brettener Pläne störende bürokratische Hemmnisse da eine Rolle gespielt haben. Metzger, der noch in diesem Jahr zusammen mit dem Landkreis und dem Regionalverband ein Schwarzbuch „gegen die überzogene Planeritis“ herausbringen will, sprach dann auch sofort das für Emotionen sorgende Thema Erweiterung Industriegebiet Gölshausen mit 22 Hektar im Rüdtwald an: „Wir ersticken dabei an fünf verschiedenen Parallelverfahren, mit denen sich immer wieder die gleichen Bürokraten beschäftigen.“ Der Rathauschef machte keinen Hehl aus seinem Ärger über eine von einigen Brettenern im Internet initiierten Einwendungsaktion gegen die Rüdtwald-Erweiterung und die damit verbundene Gefahr, dass interessierte Betriebe sich anderswo ansiedeln: „Hunderte von Einwendungen aus ganz Deutschland, von Flensburg bis Garmisch und Saarbrücken, bis Görlitz und aus dem benachbarten Ausland füllen meterweise die Aktenschränke und müssen bearbeitet werden. Hoch lebe die Bürokratie, bis der Karren in den Vorschriften versinkt und nichts mehr geht, Firmen abwandern, Menschen an Lärm und Feinstaub leiden, weil Genehmigungen nicht erteilt und Entlastungsstraßen nicht gebaut werden können.“

Trotzdem: Seinen Optimismus mag Metzger sich nicht nehmen lassen – das machte er auch in seiner Neujahrsansprache deutlich. Der Ausbau wichtiger Straßenabschnitte, zwei neue Kreisel, die Großbaustelle „Kraichgau-Zentrum“, Erweiterung der Innenstadt durch eine Unterführung und die Erschließung des Baugebietes Steiner Pfad sind nur einige der positiven Aspekte für 2006. Im Übrigen blickte das Brettener Stadtoberhaupt, das zusammen mit Bürgermeister Willi Leonhardt auch wieder die Neujahrsgaben der Metzger- und Bäckerinnung für die Altenheime in Empfang nehmen konnte, mit Zuversicht in das neue Jahr: „Die Stadt wird sich bedarfsgerecht entwickeln.“

„Gute Beispiele sind wichtiger denn je“, stellte Oberbürgermeister Paul Metzger aus Anlass der Verleihung der Ehrenmedaille der Stadt Bretten an Margit Gärtner und Erich Schrumpf und der Ehrennadel der Stadt an Reinhard Veit und Alfred Zugelder fest. „Und hier kommt Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit zum Ausdruck.“

Musikalisch umrahmt wurde der Neujahrsempfang, in dessen Rahmen auch die Sternsinger die stolze Bilanz ihrer diesjährigen Sammelaktion verkünden konnten, vom Musikverein Büchig. Anschließend an den „offiziellen Teil“ hatte die Stadt in die neue Mensa der Hebelschule eingeladen.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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2 Antworten zu Mehr Solidarität, mehr Bürokratieabbau

  1. Proll sagt:

    das Schwarzbuch gibt es bis heute nicht! Vielleicht weil der Autor selbst am „schwärzesten“ ist?

  2. Matthias Menzel sagt:

    Die Möglichkeit Einsprüche gegen die Veränderung der Grenzen des Naturparks Stromberg-Heuchelberg einzulegen, hatte laut Bekanntmachung des Regierungpräsidiums Stuttgart, grundsätzlich „jedermann“.
    Ein Mitspracherecht in einem demokratischen Land, das nun von einem Provinzfürsten in Frage gestellt wird. Noch dazu von einem, der sich rühmt, Gesetze und Vorschriften nur noch zu beachten, wenn sie ihm passen. Ein Bundesverdienstkreuzträger und wahrhafter Demokrat !
    Im Übrigen füllen die von uns per E-Mail gesammelten und weitergeleiteten Einsprüche sicher nicht “ meterweise die Aktenschränke“, höchstens man druckt sie wie Herr Metzger aus und ärgert sich darüber.

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