Was würdet Ihr denken, wenn Euere Eltern arbeitslos wären?

Kinder aus Großvillars setzen sich mit Unterschriftenaktion für Erhalt des Rüdtwaldes und gegen neues Industriegebiet ein
Für Oberbürgermeister Metzger ist die Ausweisung weiterer Gewerbeflächen unausweichlich /Alternativen werden geprüft

Bretten (pos). Der Brettener Rüdtwald hat in den vergangenen Wochen die Gemüter der Bürger erhitzt. Ein von der Stadt Bretten geplantes Industriegebiet hätte eine Teilabhol­zung zur Folge, gegen die Kinder aus Großvillars mit Unterschriften und Briefen an Brettens Oberbürgermeister Paul Metzger protes­tierten. Auch die Naturschutzorganisation BUND sammelte vor zwei Jahren Unterschriften, da im Wald auch viele bedrohte Tierarten leben. In einem Gespräch mit den Brettener Nachrichten äußerte sich Oberbürgermeister Paul Metzger nun über den Sachstand. Positiv überrascht zeigte er sich über die Briefe der Großvillarser Schüler: „Ich habe mich gefreut, dass sich Kinder so für die Zukunft einsetzen“.

In einem Antwortbrief fragt der Oberbürgermeister die zehnjährigen Kinder: „Würdet ihr für den Schutz des Waldes auf Annehmlichkeiten verzichten und was würdet ihr denken, wenn eure Väter arbeitslos wären?“ Grundsätzlich sei auch er für die Erhaltung des Rüdtwaldes, erklärt Metzger. Deshalb habe er auch vor zwei Jahren auf der Liste des BUND Bretten für die Walderhaltung unterschrieben. „Ich habe dies allerdings unter einem Vorbehalt getan“, macht Paul Metzger deutlich: ,,Die Bürger müssen dann zum Schutz der Natur ihre Ansprüche minimieren. Konkret bedeutet das, auf Wohnflächen zu verzichten, ein geringeres Einkommen zu haben und die Arbeitslosigkeit nicht als Problem zu sehen.“

Die Stadt Bretten habe in den vergangenen fünf Jahren 2 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Als Gradmesser nannte Metzger, dass in Bretten 39 Arbeitsplätze auf 100 Einwohner kommen würden. In Bruchsal und Ettlingen lä­gen die Zahlen bei 50 Arbeitsplätzen. ,,Als Mittelzentrum sind wir auch für die Schulbildung zuständig. Es bringt den Jugendlichen nichts, wenn sie keine Perspektiven haben , be­schreibt Paul Metzger seine Politik. Das Schulsystem könne dauerhaft nur durch zusätzliche Steuereinnahmen aus neuen Arbeitsplätzen finanziert werden. ,,Deshalb braucht Bretten ein weiteres Industrie- und Gewerbegebiet. Dies sollte dort sein, wo schon ein solches Gebiet ist und das wäre beim Brettener Rüdtwald“ spricht der Oberbürgermeister Klartext.

Der Wald sei ihm jedoch seit seiner Jugend wichtig. Aus diesem Grund habe er ein Umweltverträglichkeitsgutachten bei der Freiburger Forstdirektion in Auftrag gegeben, dessen Ergebnis noch ausstehe. Derzeit werden im Rathaus der Melanchthonstadt drei mögliche Standorte für das neue Industriegebiet geprüft.

Einer davon sei in Feldlage in der Nähe des Rüdtwaldes, einer der Rüdtwald selbst und der dritte liege an der B 293/B 35 an der Diedelsheimer Gemarkung. „An dem letztgenannten Ort ist noch Landschaft pur, so dass wir mit dem Regionalverband einig sind, dort nicht zu agieren“, spielt Metzger mit offenen Karten. Der Bedarf von 70 bis 80 Hektar Fläche für das Industriegebiet sei schon halbiert worden. Eine Hälfte könnte beispielsweise mit Knittlingen interkommunal erschlossen werden“ meint Metzger. Sollte das Industriegebiet beim Rüdtwald entstehen, würde etwa die Hälfte der Fläche abgeholzt. Die Kulisse würde für Großvillars erhalten bleiben. Die Veränderung sei von der Landesstraße aus nicht zu bemerken.

Verärgert ist Metzger über den Vorsitzenden des BUND-Ortsverein Bretten, Gerhard Dittes:
,,Herr Dittes argumentiert bei der Erhaltung für den Rüdtwald immer nur emotional und lässt die Gesamtschau außer Betracht“.
Und weiter sagt der Oberbürgermeister: Entgegen seiner Behauptungen werden wir wie versprochen ein intensives Bürgerbeteilungsverfahren mit Vorliegen des Umweltverträglichkeitsgutachtens in die Wege leiten. Bei seinen Behauptungen fällt es mir sehr schwer emotionslos zu bleiben“.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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12 Antworten zu Was würdet Ihr denken, wenn Euere Eltern arbeitslos wären?

  1. -neresh- sagt:

    Dann, wenn es leichtgläubige Leser glauben (sollen). 🙂

  2. -el- sagt:

    Seit wann schafft eine Stadt neue Arbeitsplätze?

  3. -wu. sagt:

    …“werden wir wie versprochen ein intensives Bürgerbeteiligungsverfahren mit Vorliegen des Umweltverträglichkeitsgutachtens in die Wege leiten.“

    Die Mitteilungsmöglichkeit des Menschen ist gewaltig, doch das meiste, was er sagt, ist hohl und falsch….Jede kleine Ehrlichkeit ist besser als eine große Lüge.
    Leonardo da Vinci

  4. ralf sagt:

    Wenn ja – wie viele werden es denn sein, Herr Metzger?

  5. -bam- sagt:

    Schafft die Stadt Bretten etwa jetzt im gerodeten Rüdtwald neue Arbeitsplätze?

  6. Ev-/-Pad. sagt:

    Dann müsste jedoch das Brettener Rathaus (bautechnisch) aus den Fugen geraten sein! 🙂

  7. ulf. sagt:

    „Die Stadt Bretten habe in den vergangenen fünf Jahren 2 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.“

  8. mm sagt:

    und wo arbeiten die Eltern der Kinder aus Großvillars jetzt? Bei Deuerer? Der Populist Metzger wird immer unerträglicher, je mehr man über seine politische Handschrift erfährt. Der setzt sich in Kürze mit einer fetten Pension zur Ruhe, mit Sicherheit in einer Stadt, in der die Umwelt noch in Ordnung ist. Die Kinder aus Großvillars werden seine Spuren ihr Leben lang nicht nur sehen, sondern auch riechen dürfen!

  9. -nz- sagt:

    „…die Vergrößerung der Bevölkerung auf weit über 30000 Einwohner,…“ hat schon seinen Reiz. Dann könnte auch ein Bordell gebaut werden – vieleicht sogar im Rüdtwald… Mit Sichtschutz 🙂

  10. BUND Ortsverband Bretten sagt:

    Wenn Kinder sich für die Erhaltung des Rüdtwaldes stark machen, freut sich der OB, „dass sich Kinder so für die Zukunft einsetzen”. Setzen sich aber Erwachsene mit ihrer Unterschrift ebenfalls für diesen Wald ein, wird das anders gesehen: So wird dem Vorsitzenden des BUND „emotionale Argumentation” vorgeworfen. Aber ist es nicht erstaunlich, dass auch der OB sich – zumindest mit seiner Unterschrift auf einer der Listen – für die Erhaltung des Waldes ausgesprochen hat und trotzdem die Abholzung weiter vorantreibt?
    Haben nicht mehr als 2 000 Bürger mit ihrer Unterschrift schon vor drei Jahren deutlich gemacht, dass der Rüdtwald erhalten bleiben muss? Dieser Bürgerwille wurde vom OB bisher missachtet. Auch haben sich bei der zur Zeit laufenden Umfrage des Brettener Bürgerarbeitskreises bereits mehr als 97 Prozent der Bürger für den Schutz des Rudtwaldes ausgesprochen! Genügt das nicht?

  11. Matthias Menzel sagt:

    Wie wir heute (im Jahr 2005) wissen, war auch die Behauptung „werden wir wie versprochen ein intensives Bürgerbeteilungsverfahren mit Vorliegen des Umweltverträglichkeitsgutachtens in die Wege leiten“ eine glatte Lüge. Der OB sprach sich sogar ausdrücklich gegen eine Bürgerbeteiligung aus, dies läßt sich hier in unserem Pressespiegel nachlesen.
    Ob angesichts dieser Tatsachen es Herrn Metzger nun bei den „Behauptungen“ von Herrn Dittes weiterhin schwer fällt emotionlos zu bleiben, ist uns nicht bekannt.

  12. BAK Bretten sagt:

    Dieser Artikel ist Populismus pur !
    Wenn nicht der Rüdtwald abgeholzt wird, müssen die Kinder auf Annehmlichkeiten ( Waldspaziergänge? ) verzichten, die Eltern werden arbeitslos, die Bürger insgesamt müssen auf Wohnflächen verzichten ( wo, im dann erschlossenen Industriegebiet ?), ihr Einkommen wird geringer ( obwohl die Verschuldung von derzeit 3269 Euro pro Kopf bei Verzicht auf weitere „Großprojekte“ doch sinkt) und Arbeitslosigkeit kehrt ein in Bretten. Kurzum, in Bretten gehen mal wieder die Lichter aus, wenn nicht nach dem Willen des Oberbürgermeisters gehandelt wird ! Bleibt noch anzumerken, dass die Stadt Bretten die Bronzemedaille der deutschen Umwelthilfe im Jahr 2002 gewonnen hat, wofür eigentlich? Soweit zum Thema Populismus.
    Was die Zahl der Arbeitsplätze angeht, die mit einem solchen Industriegebiet verbunden wären, darf auf den Fall Unidek hingewiesen werden : von angesagten 200 sind gerade mal 20 übriggeblieben, bei maximiertem Flächenverbrauch. Außerdem kann niemand vorhersagen, ob diese Arbeitsplätze überhaupt den Brettener Arbeitnehmern zugute kämen, schon jetzt hat Bretten 4000 „Auspendler“ und 4000 „Einpendler“ täglich zu verzeichnen. Unverständlich ist, warum der Brettener OB nicht auf die Angebote der Nachbargemeinden reagiert, in Knittlingen stehen 60 ha interkommunales Gewerbegebiet mit direkter Anbindung an die B35 zur Verfügung, in Oberderdingen, Kürnbach, Zaisenhausen und Sulzfeld stehen 40 ha zur Verfügung, (siehe Artikel) alles wartet auf Bretten, selbst der Landrat des Enzkreises hat sich dazu bereits geäußert. Aber vielleicht liegt das ja an, Zitat : „Das Denken über die Kirchturmspitze hinaus praktizieren Oberderdingen, Kürnbach, Zaisenhausen und Sulzfeld seit knapp fünf Jahren.“ Oder liegt es eher daran, dass man dort eben nur einer von mehreren Entscheidungsträgern wäre? Muß also ein Wald fallen, damit persönliche Eitelkeiten befriedigt werden können ?
    Ob das versprochene Bürgerbegehren dann auch so ausfällt wie man es erwarten dürfte, also eine klare Frage : Soll der Rüdtwald einem Industriegebiet weichen, ja oder nein, darf bezweifelt werden. Wahrscheinlicher ist eine Fragestellung nach dem Motto : Sind Sie weiter für eine positive und zukunftsorientierte Stadtentwicklung ? Ein Ja auf diese Frage würde dann eine Blankoscheck für das Abholzen des Rüdtwaldes, die Vergrößerung der Bevölkerung auf weit über 30000 Einwohner, ein Ja zur Landesgartenschau und natürlich Zustimmung zur Südwest-Tangente bedeuteten. Eine Mogelpackung unter dem Deckmantel der „Bürgernähe“ eben.
    Was die Kritik an dem Vorsitzenden des BUND, Gerhard Dittes angeht, der sich seit über 20 Jahren unermüdlich für den Erhalt der Natur in und um Bretten einsetzt und zwar mit nachweislichem Erfolg und Anerkennung, so ist es tatsächlich kaum „emotionslos“ zu ertragen, wie seitens des Oberbürgermeisters, bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Herrn Dittes eingeprügelt wird.

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