Reine Effekthascherei

Gemeinden wehren sich gegen Flut von Wettbewerben – Bürokratie abbauen

ENZKREIS.“Nach der Planeritis ist die Wettbewerberitis übers Land gekommen“ – über die Flut der Aktionen, Preise und Initiativen des Bundes und der Landesregierung ärgert sich Jürgen Kurz schon lange. Der Vizepräsident des baden-württembergischen Gemeindetags wünscht sich vielmehr „Entbürokratisierung und Aufgabenabbau“ in Stuttgart und in Berlin. Der Staat solle die „Eigeninitiative der Kommunen“ fördern und das Geld, das für die zahlreichen Wettbewerbe ausgegeben wird, besser „in den Finanzausgleich für die Gemeinden“ bringen, sagt der Bürgermeister aus Niefern-Öschelbronn.

Die Liste der Wettbewerbe der Stuttgarter Ministerien ist lang. Da wird das bürgerfreundlichste Rathaus gesucht. Oder der beste Internetauftritt im Südwesten. Es gibt einen Präventionswettbewerb gegen Ladendiebstahl. Mit 10000 Euro ist die Landesinitiative „Bewusste Kinderernährung“ gestartet – „ein Preis für vorbeugende Aktionen, der zu allem Überfluss parallel vergeben wird zu den Anstrengungen der Krankenkassen gegen dicke Schulkinder“, sagt Kurz. Für Engagement in der Freizeit gibt es Auszeichnungen: „Echt gut – Ehrenamt in Baden-Württemberg“ heißt der Titel eines weiteren Wettbewerbs. Preiswert für die Regierungen, die jedoch den „hohen Personalaufwand in den Ministerien verschweigen oder reine Effekthascherei betreiben“ (Kurz).

Der Gemeindetag fordert, dass künftig ein strenger Maßstab an die Ausschreibungen gelegt wird. Wurmbergs Schultes Helmut Sickmüller wirft viele Unterlagen in den Papierkorb: „Es gibt keine Verpflichtung zur Teilnahme.“ Vor zwei Jahren gewann Wurmberg den Preis „Internetdorf 2002“, dotiert mit 7500 Euro. Als Startsignal gedacht für die Gemeinden, die neuen Medien zu erobern, spricht sich Sickmüller heute für Änderungen des Wettbewerbs aus: „Alle zwei Jahre reicht doch.“ Denkbar wäre auch die Vergabe von Spezialpreisen für innovative Weblösungen, sagen Kurz und Sickmüller unisono.

Mit hohem Aufwand folgte Straubenhardt ein Jahr später Wurmberg als Internetdorfgewinner. Beide Male hatte die Firma Webcontact die Seiten programmiert.
„Wir haben in vielen Stunden, auch nach Feierabend, unsere neue Startseite vorbereitet“, erinnert sich Straubenhardts Hauptamtsleiter Hubert Mahle an die Anstrengungen, die schließlich mit dem üppigen Siegerpreis belohnt wurden.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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