Das Fell des Bären

Haushaltsreden der Brettener Gemeinderatsfraktionen

Bretten (ba). Gelegenheit zu grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Brettener Stadtpolitik ist traditionell für die Fraktionen im Gemeinderat die Verabschiedung des Haushaltsplanes. Die Inhalte des Zahlenwerks sind bereits vor Wochen in einer Klausurtagung diskutiert worden. Am Dienstagabend dagegen legten Sprecher der fünf Ratsfraktionen in etwa 15-minütigen Reden dar, wie sie sich die künftige Entwicklung Brettens vorstellen und wo sie Gefahren und Konflikte sehen. Neben vielen anderen Aspekten, auf die wir hier aus Platzgründen nicht eingehen können, ging es in den Beiträgen immer wieder um die Brettener Haupteinnahmequelle Gewerbesteuer, aber auch das aktuelle Thema Entlastungsstraße wurde wiederholt angesprochen.
Michael Nöltner (CDU) erachtete eine weitere Verbesserung der Gewerbesteuereinnahmen für dringend erforderlich. „Nur mit einer gut aufgestellten Wirtschaft können wir die vorhandene Infrastruktur und die notwendigen Arbeitsplätze erhalten.“ Deshalb stehe die CDU uneingeschränkt hinter dem Beschluss zur Erweiterung des Industriegebiets um 22 Hektar. Allerdings müsse man darauf achten, dass Flächenverbrauch, Arbeitsplätze und Gewerbesteuerertrag in gutem Verhältnis stehen. Eingehend befasste sich Nöltner mit Verkehrsfragen, forderte baldmöglichst den ampelfreien Ausbau des Alexanderplatzes und den vierspurigen Ausbau der Bundesstraße zwischen Gölshäuser und Diedelsheimer Dreieck. Zur aktuellen Diskussion um die Entlastungsstraße meinte er, weder die Stadtlösung noch ein Neubau im Westen seien wirklich gut. Und beide Varianten ließen sich nicht gegen die Bevölkerung realisieren.

Heidemarie Leins (FWV/LUB) begründete die „eher lustlose“ Zustimmung ihrer Fraktion zu dem Zahlenwerk mit den 60 000 Euro, die als Planungskosten für die Ortsentlastungsstraße im Haushalt stehen. Leins bezog sich auf die kürzliche Bürgerversammlung zu diesem Thema, in der angezweifelt wurde, ob Bretten sich diese Straße überhaupt leisten könne. „Die Antwort von unserer Seite ist ein klares Nein.“ Das Geld im Vermögenshaushalt könne nur einmal ausgegeben werden. Um einen positiven Haushaltsplan präsentieren zu können, habe die Stadt ohnehin schon einen „legalen Griff in die Trickkiste“ getätigt, indem sie eine Million Euro aus dem Kapital der Stadtwerke zurückführte. Das nach wie vor nicht ausreichende Raumangebot an der Max-Planck-Realschule, die Möglichkeit der Einrichtung von Betriebskindergärten und die Frage nach der Besetzung des Amtes des Stadtbrandmeisters waren weiteren Themen von Leins.

Brigitte Schick (SPD) sprach von einem „Kunstgriff“, mit dem eine Million Euro aus der Kasse der Stadtwerke abgezweigt wurde. Der Brettener Haushaltsplan 2006 sei Ergebnis restriktiver Streichungen. „Aber das Fell des Bären kann nur einmal verteilt werden, und die vielfältigen Aufgaben unserer Stadt als Mittelzentrum und Schulstadt binden den allergrößten Teil der Mittel.“ Allerdings sei man mittlerweile teilweise so weit, dass notwendige Reparaturen und Instandhaltungen nicht mehr durchgeführt werden können. Die Ausweitung des Industriegebiets Gölshausen in den Rüdtwald sei ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, stellte die Rednerin fest. Zwar wäre die Ausweisung eines interkommunalen Gewerbegebiets zukunftsorientiert, doch „den möglichen Partnern scheint das Hemd näher als der Rock zu sein“, vermutete die SPD-Sprecherin.

Otto Mansdörfer(Grüne) konstatierte: „Es geht nicht weiter bergab. … Wir gehen inzwischen sehr professionell mit den Knappheiten um.“ An den 13 Millionen Euro Gewerbesteuer hätten vor allem Exportkonjunktur und anziehende Binnennachfrage ihren Anteil. „Kein Euro davon stammt aus dem Rüdtwald. Dort stehen nach wie vor Bäume.“ Jene gewerblichen Flächen, auf denen diese Summe erwirtschaftet wird, seien auch mit den Stimmen der Grünen entwickelt worden. Eingehend beschäftigte sich Mansdörfer mit dem Thema Entlastungsstraße und warf der Verwaltung vor, sie zeichne mit einem „Pauschalgemälde von der im Verkehr ertrinkenden Stadt“ ein Zerrbild. Auch werde das Hauptproblem Alexanderplatz nicht gelöst, sondern verschärft. Mit den im Etat eingestellten Planungskosten könnten die Grünen dagegen gut leben. „Damit können wir auch was Gescheites an anderer Stelle planen.“

Karin Gillardon (FDP/VBU) regte an, jenes Geld nicht für eine Straßenplanung, sondern für eine Aufwertung des Altstadtkerns zu verwenden. Die Planung für die Ortsentlastung lehnte sie in der vorgestellten Form ab und riet, zunächst einmal die aktuellen Baumaßnahmen abzuwarten. Auch im Blick auf Bau- und Unterhaltskosten sei dieses Projekt abzulehnen. Entschieden stellte sich die Rednerin dagegen hinter die Bemühungen der Verwaltung um Arbeitsplätze und Firmenansiedlung. „Dieses wird in unverantwortlicher Weise unterlaufen durch Brettener Bürger, die über eine Internet-Kampagne gegen die Rüdtwald-Entscheidung Stimmung machen, dadurch Planverfahren torpedieren und potentielle Bewerber vergraulen.“ Lob gab es von Gillardon auch zum Sporthallenbau. Die Verwaltung habe Cleverness gezeigt und Zuschüsse, Zuweisungen und Sponsoring genutzt, um die Nettoinvestition von 6,4 Millionen ohne Neuverschuldung zu schultern.

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Eine Antwort zu Das Fell des Bären

  1. mm sagt:

    Für diesen Artikel gelten auch sämtliche Kommentare zum Artikel der Brettener Woche zum gleichen Thema

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