4 Fragen an

. . . Achim Müller, den Landesvorsitzenden des Bundes Deutscher Rechtspfleger, zur Standortverlagerung der Grundbuchämter, die die Landesregierung bis 2018 verwirklichen will.

1.
Wie beurteilen Sie die Zentralisierung der Grundbuchführung auf elf Amtsgerichte in Baden-Württemberg?
Müller: Hier gilt es zu unterscheiden zwischen der grundsätzlichen Übertragung auf die Amtsgerichte und der Anzahl und Wahl der Standorte. Die grundsätzliche Übertragung ist zu begrüßen, da es Baden-Württemberg nun endlich schafft, sich den übrigen Ländern anzugleichen. Die Wahl von nur elf Standorten ist schlichtweg eine Katastrophe. Das Grundbuchamt ist ein Bürgeramt. Deshalb muss die Verteilung der Standorte flächendeckend und ausgewogen erfolgen. Das Grundbuch muss zu den Bürgern und nicht die Bürger zum Grundbuch kommen.

2.
Was wird sich für Bürger und Mitarbeiter ändern?
Müller: Die Bürger müssen sich darauf einstellen, dass sie länger warten und mehr bezahlen müssen. Einsichts-Stellen sind kein adäquater Ersatz für ein Grundbuchamt, da dort keine vollständige Einsicht erfolgen kann. Durch die Schließung aller bisherigen staatlichen Grundbuchämter wird ohne Not dringend benötigtes Know-How vernichtet. Viele Mitarbeiter können nicht an die neuen Standorte wechseln. Eine teilzeitbeschäftigte Mutter aus Heidelberg oder Mannheim kann nicht nach Tauberbischofsheim pendeln. Außerdem wird das Ausbildungssystem der Justiz gefährdet.

3.
Welche Folgen hat die Zentralisierung für die Immobilien nahe Wirtschaft?
Müller: Der Immobilien-Umsatz in Baden-Württemberg liegt knapp im zweistelligen Milliardenbereich. Eine schnelle Abwicklung der Grundbuchgeschäfte ist daher für die Immobilienwirtschaft und das Baugewerbe enorm wichtig. Der größte Umsatz wird dort erzielt, wo die meisten Menschen leben oder arbeiten, also in Ballungszentren. Deshalb müssen dort auch Grundbuchämter sein.

4.
Warum sind Sie nicht damit zufrieden, dass jede Gemeinde künftig eine Grundbuch-Einsichts-Stelle haben kann?
Müller: Die Einsicht in das Grundbuch darf nur bei berechtigtem Interesse erfolgen, da sehr sensible Daten betroffen sind. Dies ist vom Gericht zu prüfen. Den Gemeinden fehlt dafür künftig die Legitimation. Außerdem: Warum soll sich eine Gemeinde in Zeiten maroder Schulen und Kindergärten eine Grundbuch-Einsichts-Stelle leisten, wenn sie hier gar keine Aufgabe mehr erfüllen muss?
WV

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