Gemeinderat billigte Entwurf zur Erweiterung
Rücksicht auf Naturschutz ,,kostet Baufläche“
Von unserem Redaktionsmitglied Werner Schoger
Dem Brettener Industriegebiet in Gölshausen wird jetzt ein dritter Abschnitt angefügt. Auf einer Gesamtfläche von rund 34 Hektar verbleibt nach der Erschließung des Areals eine Nettohaufläche von 19.3 Hektar. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Bretten wurde dieser hohe Flächenverlust bei der Umsetzung des Plans mit Rücksichten auf die Belange des Natur- und Umweltschutzes erklärt Der dritte Abschnitt des Industriegebietes Gölshausen sieht eine Erweiterung der bereits überbauten Flächen nach Nordosten vor. Der Gemeinderat hat sich zur Erweiterung in diesem Bereich entschlossen. weil er allein für die Lösung seiner Abwasserprobleme in Gölshausen und für das bestehende Industriegebiet mehr als zehn Millionen Mark investieren muß. Mit der Erweiterung. die im dritten Abschnitt geplant ist, erhöht sich dieser Betrag auf etwa 16 Millionen Mark. Die Stadt rechnet sich dabei aber immer noch einen Vorteil gegenüber einer Erschließung von Industriegelände an einem anderen Standort aus.
Obgleich der Entwurf für den dritten Abschnitt vom Gemeinderat letztlich mit großer Mehrheit gebilligt worden ist, sah es zu Beginn der Ratssitzung am Dienstag abend noch nach einer Denkpause und Vorberatung im Ausschuß für Technik und Umwelt aus. Bedenken hatte vor allem Otto Mansdörfer für die Grünen vorgebracht, der eine Vortagung erreichen wollte. Er begründete dies damit, daß der Entwurf den Fraktionen zu spät für eine eingehende Vorberatung zugestellt worden ist, daß er nach einem Behördentermin in wesentlichen Punkten abgeändert worden ist und daß im Text Fehler und Unstimmigkeiten enthalten seien, die gegen die „Sorgfaltspflicht“ eines Gemeinderats verstoßen. Auch in den anderen Fraktionen war man zunächst gegen eine sofortige Billigung. aber man wollte das Planwerk wenigstens beraten.
Diese zögerliche Haltung mißfiel dem Planer, der an die Vorgabe des Gemeinderats erinnerte, wonach binnen Jahresfrist die Erschließung des Gebietes ermöglicht werden sollte und der die Brettener Räte wissen ließ: „Wir machen da Druck und daran müssen Sie sich gewöhnen.” Die Brettener Räte gewöhnten sich daran — im Laufe der Ratssitzung: Sie stimmten schließlich Punkt für Punkt über die Einsprüche und Anregungen der 37 Ämter und Behörden ab, die zu diesem Plan befragt worden waren. Damit hatten sie am Ende über den gesamten Entwurf entschieden.
Eine wesentliche Aufgabe des dritten Bauabschnitts ist die Anbindung des Industriegebiets an die B 293, die jetzt beim Bahntunnel an der Nordostecke des Geländes erfolgen wird. Damit erhalten auch die Abschnitte 1 und II des Brettener Industriegebietes eine Zufahrt von der Bundesstraße 293, ohne daß Gölshausener Ortsstraßen belastet werden.
Die innere Erschließung im neuen Abschnitt erfolgt über eine Fortsetzung der Hauptsammelstraße, von welcher weitere Erschließungsstraßen ausstrahlen. Zwischen ihnen liegen die Bauflächen auf terrassenartig angelegten Grünzügen. Dies macht erhebliche Erdbewegungen erforderlich — wobei aber nach des Planers Ankündigung die Erddeponie nicht belastet werden soll.
Auf zwei Parkangern im Zentrum des Gebietes sollen Parkflächen für die einzelnen Firmen entstehen. Die Traufhöhen im neuen Gelände sind auf 16 Meter festgelegt worden, in den Randbereichen auf zwölf und 14 Meter. Flachdächer müssen begrünt werden. Fassadenflächen ab 30 Quadratmeter ebenfalls.
Die Planer machten geltend, daß sie bei einem Gespräch mit den ,,Grünen Verbänden‘, welche die gravierendsten Einwendungen gegen den Entwurf hatten, große Zugeständnisse machten, diese in einem Grünordnungsplan festlegten, der nun Bestandteil des Bebauungsplans sein wird. Die Streuobstwiesen im Südwesten des Areals bleiben erhalten: ökologisch wertvolle Bereiche entlang eines Hohlweges und des Waldrandes werden ebenfalls festgeschrieben. Im südöstlichen Bereich wird ein Hochwasserrückhaltebecken angelegt mit Dauerstau. Es wird über eine „Grünbrücke“ mit den bestehenden Streuobstwiesen im südwestlichen Bereich verbunden.
Die Bedenken des Regierungspräsidiums, daß mit einer Entscheidung über die Anbindung des Industriegebietes an die B 293 bereits auch eine Vorentscheidung über die künftige Umgehung von Gölshausen gefallen ist, machte sich Stadtrat Biermann zu eigen. Er war deshalb der Ansicht, zunächst noch einmal zuzuwarten, ,,um sich nichts zu verbauen“.
„Auf das Regierungspräsidium warte ich nicht mehr“, lehnte der OB weiteres Warten ab. Wegen der Umweltverträglichkeitsstudie sei man jetzt schon mehrmals vertröstet worden. Paul Metzger und einige weitere Stadträte hofften, jetzt mit dem Planentwurf fürs Industriegebiet das Regierungspräsidium ,,auf Trab bringen zu können“.
Groll hatte Ortsvorsteher Manfred Hartmann:
Sein Ortschaftsrat hatte keine Möglichkeit, die Detailpläne zu sehen. Wieder einmal habe man „Bürgerbeteiligung“ in Bretten recht eigenwillig betrieben. Damit müsse es künftig ein Ende haben. Und Hartmann wurde noch deutlicher, als er Druck für eine rasche Erschließung des dritten Bauabschnitts entdeckte : „Ich werde mich mit meinem Ortschaftsrat überall querlegen, wenn dort der erste Betrieb angesiedelt wird, bevor unsere Abwasserprobleme gelöst sind“.
Antwort auf die Frage im 2. Kommentar -rl-:
Absolut nichts!
„…daß der Entwurf den Fraktionen zu spät für eine eingehende Vorberatung zugestellt worden ist, daß er nach einem Behördentermin in wesentlichen Punkten abgeändert worden ist und daß im Text Fehler und Unstimmigkeiten enthalten seien, die gegen die „Sorgfaltspflicht“ eines Gemeinderats verstoßen.“
Hat sich in den letzten 15 Jahren etwas geändert?
Ja, die Brettener „Räte“ haben sich an einiges gewöhnt, nur nicht an das selbständige Denken, das übernimmt für sie der „Planer“. Ich frage mich, woher kommt die Bezeichnung Räte eigentlich, von „der (gute) Rat“ oder vielleicht von „raten“ (weil nicht wissen)??