Kahlschlag in der Bahnhofstraße

Platanen wurden aus Sicherheitsgründen gefällt, nachdem Wurzeln beim Straßenbau gekappt worden waren
„Eigentlich ist das nur Nostalgie“
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier
Bretten. Die Bahnhofstraße, so wie sie Generationen kannten, gibt es nicht mehr. Die mächtigen Platanen, die der Achse vom Bahnhof zur Innenstadt ihren Allee-Charakter gaben, sind bis auf wenige Ausnahmen verschwunden. Und jene, bei der Fällaktion am Wochenende und gestern verschont wurden, werden womöglich auch nicht mehr lange leben. Denn die Wurzeln der Platanen waren den Straßenbauern im Weg, die die Bahnhofstraße zwischen Jugendmusikschule und Bahnhof erneuern.

Das Wurzelwerk der mächtigen Bäume hatte sich – ähnlich wie ihre Kronen – weit in den Untergrund der Straße hinein ausgebreitet, erläutert Oberbürgermeister Paul Metzger. Beim Setzen der neuen Randsteine und beim Herstellen des Unterbaus der Fahrbahn seien die Arbeiten in den Bereich der relativ dicht unter dem Erdboden liegenden Wurzeln geraten. 70 bis 80 Zentimeter tief müsse aber ausgegraben werden, um ein frostsicheres Fundament zu legen. Dabei seien eben Wurzeln verletzt oder gekappt worden. Der Randstein sei für eine sichere Verkehrsführung notwendig, rechtfertigt OB Metzger die Arbeiten. Und das Auskoffern des Straßenkörpers sei für die Herstellung einer neuen Fahrbahn unumgänglich.

Dass die Platanen in der Bahnhofstraße nicht mehr zu halten sind, stand offenbar seit Ende vergangener Woche fest. War am Donnerstag noch angekündigt worden, zwischen Bahnhof und Handelshof müssten zwei Bäume gefällt werden, war am Freitag zunächst vom kompletten Kahlschlag die Rede. Bis OB Metzger am Nachmittag korrigierte, jeder zweite Baum werde zunächst erhalten. Zumindest für den westlichen Abschnitt galt das am gestrigen Montag nicht mehr, da wurden zwischen Handelshof und Bahnhof sämtliche Bäume flach gelegt – aus Sicherheitsgründen, wie der OB entschied. Im östlichen Abschnitt Richtung Innenstadt (wo der Grünstreifen in der Straßenmitte breiter ist) steht dagegen noch jeder zweite Baum. Hier soll ein Gutachten Entscheidungshilfe geben, ob die Wurzeln so weit intakt geblieben sind, dass die Bäume noch einige Jahre erhalten bleiben können.

Das hält der Oberbürgermeister aber gar nicht unbedingt für sinnvoll: „Eigentlich ist das nur Nostalgie. Wenn sie stehenbleiben, muss der Gemeinderat jedes Jahr viel Geld für den Rückschnitt bereitstellen.“ Und eigentlich seien die Bäume zu groß, engten den Straßen-Querschnitt für den Verkehr ein und würden mit Sicherheit auch künftig Straßenschäden anrichten.

Solche Probleme sollen jene Bäume nicht bereiten, die Metzger bereits in der kommenden Woche im jetzt kahlen westlichen Abschnitt pflanzen lassen will: Stadtbirnen, wie sie bereits auf der Südseite als Ersatz für die im Vorjahr gefällten Platanen gesetzt wurden. 18 bis 20 Zentimeter dicke Stämme sollen es sein, mit der Gewissheit, dass diese nur eine bestimmte Größe erreichen und dann nicht mehr weiterwuchern. Und einen weiteren Vorteil sieht der OB: Ihr Laub sei leichter zu entsorgen als die Blätter der im Kraichgau ganz und gar nicht typischen Platanen.

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6 Antworten zu Kahlschlag in der Bahnhofstraße

  1. kutt. sagt:

    Genauso unverbindlich vage werden von der Verwaltung den Brettener Zeitungslesern die Zahlen der Brettener Stadtfinanzen dargestellt.
    🙁

  2. -rath. sagt:

    Was ist das für eine Größenordnung:

    Jedes Jahr viel Geld?

  3. -rath. sagt:

    Zum dr am 19. August 2009

    Kein Naturfrevel!

    Denn Begründung

    Metzger: „Eigentlich ist das nur Nostalgie. Wenn sie stehenbleiben, muss der Gemeinderat jedes Jahr viel Geld für den Rückschnitt bereitstellen.“

  4. dr sagt:

    Ist das Naturfrevel?

  5. hape sagt:

    Zum Begriff „Nostalgie“, den der OB gegenüber Baumfreunden gebraucht, empfehle ich den entsprechenden Artikel in der Wikipedia nachzulesen.

  6. hape sagt:

    Platanen sind, laut Fachliteratur, als Baum in der Stadt immer gut geeignet. nur im Wald wären sie nicht „kraichgautypisch“.
    Die Stadtbirne (Pyrus calleryana Chanticleer)
    kommt übrigens aus China zu uns in die Städte.

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