Die Bürger müssen immer öfter draußen bleiben

NORDSCHWARZWALD. Man ist unter sich und kann frei von der Leber weg reden: Klausursitzungen sind im Trend und werden immer beliebter. Kritiker befürchten jedoch, dass dabei die Transparenz auf der Strecke bleibt.
Denn wenn brisante Themen wie das Schömberger Wellenbad, zukunftsweisende Projekte wie die Kindergarten-Entwicklung oder der Finanzplan einer Gemeinde hinter verschlossenen Türen beraten werden, bleiben auch die strittigen Punkte unter Verschluss. Öffentlich wird nur noch das Ergebnis präsentiert – befreit von jeglichem Zündstoff.

Schömbergs Bürgermeisterin Bettina Mettler hält dennoch viel von dieser Art der Beratung. „Wir konnten uns acht Stunden lang dem Thema Wellenbad widmen und wir konnten Klartext reden“, sagt sie. Das spreche unbedingt für Klausursitzungen. „Es geht nicht um Ausgrenzung, sondern darum, fachlich konzentriert arbeiten zu können“, betont sie. Dem komplizierten Sachverhalt hätten Außenstehende sowieso kaum folgen können – schließlich habe sie zu diesem Thema „meterweise Ordner“ im Aktenschrank.

Dobels Bürgermeister Wolfgang Krieg sieht noch einen weiteren Vorteil: Keine Öffentlichkeit – keine Fensterreden. „So ist das Ziel leichter erreichbar“, ist er sich sicher. Bei den öffentlichen Sitzungen hinterher werde dennoch schnell klar, wo die Knackpunkte liegen. „Was die Gemeinderäte zu sagen haben, das sagen sie – hier lässt sich keiner den Mund verbieten.“ Das unterstreicht auch sein Neuenbürger Kollege Horst Martin. „Was die Fraktionen bewegt, wird hinterher auch Thema sein.“ Und der Neuenbürger CDU-Fraktionschef Karl-Eugen Jetter fügt einen weiteren Vorteil hinzu. In öffentlichen Sitzungen würden viele auf ihrer Position beharren. In Klausur falle es dagegen viel leichter, seine Meinung auch einmal zu korrigieren. Die Transparenz sieht er nicht gefährdet. „Die holt sich der Bürger beim einzelnen Stadtrat.“ Er werde ständig gefragt, was bei den Sitzungen passiert sei.

Dennoch gibt es auch Kommunalpolitiker, die den Trend kritisch sehen. Der Bad Wildbader SPD-Fraktionschef Bruno Knöller hält es „für eine Unsitte, dass Klausursitzungen immer mehr um sich greifen, weil die Öffentlichkeit weitgehend von den Beratungen ausgeschlossen wird.“ Der oberste Grundsatz der Gemeindeordnung sei, dass öffentlich beraten werden muss – Sitzungen hinter verschlossenen Türen seien nur in Ausnahmefällen gestattet. „Jetzt wird die Ausnahme oft zur Regel“, so Knöller. In Bad Wildbad habe es beispielsweise eine Klausurtagung zum Teilverkauf der Stadtwerke gegeben. „Mir persönlich wäre es lieber gewesen, wenn ein Großteil der Debatte öffentlich stattgefunden hätte.“

Der Straubenhardter SPD-Fraktionschef Hans Vester stößt in dasselbe Horn. In Straubenhardt fänden aus diesem Grund die Vorberatungen zum Haushalt öffentlich statt. „So dass die Bürger mitkriegen, über was und wie wir diskutieren.“ Das könne man nur schwer nachvollziehen, wenn in den Sitzungen die Weichen bereits gestellt seien. Klausursitzungen möchte er dennoch nicht in Bausch und Bogen verurteilen. Wenn es um übergeordnete Dinge gehe, seien sie sogar sehr sinnvoll. In Straubenhardt werde im Schnitt alle zwei Jahre hinter verschlossenen Türen über zukunftsweisende Themen gesprochen. „Das hat uns immer wahnsinnig weitergebracht.“ Dobels Bürgermeister Wolfgang Krieg betont, dass beide Varianten ihre Berechtigung hätten. Krieg: „Die Politik braucht beides.“

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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7 Antworten zu Die Bürger müssen immer öfter draußen bleiben

  1. RL sagt:

    Warum auch nicht… Interessiert ja eh keinen! Sieht man ja an der Wahlbeteiligung. 🙁

  2. uva sagt:

    Wein macht gesprächig und fördert die Geselligkeit. Allerdings sieht man im benebelten Zustand nicht mehr klar. Schnell werden Promille mit Prozent und Soll mit Haben verwechselt. Verschuldung erscheint dann als etwas Erstrebenswertes weil „rentierlich“ und „zum Wohl“ der Bürger.
    Und – wer unter dem Tisch liegt, kann nicht mehr dagegen stimmen.

  3. gho sagt:

    Bei einer Klausursitzung kann man „Klartext reden“ und „fachlich konzentriert arbeiten“.
    Geschieht das bei „normalen“ Gemeinderatssitzungen nicht?
    Auch bei manchen Brettener Gemeinderäten kann man den Eindruck haben, dass sie „meterweise Ordner im Aktenschrank“ aber diese nicht pflichtgemäß durchgearbeitet haben .
    Für die Sachverhalte, die OB Metzger seinen Gemeinderäten vorenthält, gilt das natürlich nicht.

  4. Fragezeichen sagt:

    als Ergänzung zum Kommentar 1 von mm:
    In wessen Tasche fließen die 12 000 Euro? In die Brettener Gastronomie oder an die auswärtige? Wer schreit denn am lautesten, wenn es darum geht „Kaufkraftabfluss“ zu verhindern? Wer hat denn dafür mit den Steuergeldern der Bürger viel zu große Einkaufstempel aus dem Boden stampfen lassen? Herr Metzger, ist ihr Gedächtnis wirklich so kurz oder sind Sie „nur“ inkonsequent?

  5. -el- sagt:

    „Mir persönlich wäre es lieber gewesen, wenn ein Großteil der Debatte öffentlich stattgefunden hätte.“
    Mir auch!

  6. -az- sagt:

    „Die holt sich der Bürger beim einzelnen Stadtrat.“

    Wenn es nach der Wahl überhaupt noch einen seines Vertrauens gibt.

  7. mm sagt:

    diese Einrichtung, bei der man so nett untereinander über das Geld der Steuerzahler plaudert, läßt man sich in Bretten, „was man so hört“, 12000€ kosten ! Aber es geht ja dort um Einsparungen, Kürzungen, um Einschnitte hier und da : Hallo Bedienung, noch ein Viertel vom besten ?!

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