Mit Weitsicht

Die kleine Gemeinde Sternenfels ist bei Investoren beliebt
VON PETRA MOSTBACHER – DIX
S T E R N E N F E L S . Es ist ein prägnanter Slogan: „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ – damit wirbt die Gemeinde Sternenfels im östlichen Enzkreis für ihren Gewerbepark. Offensichtlich erfolgreich. Die Fluktuation der Unternehmen ist gering, in der 2800-Einwohner-Ortschaft gibt es mittlerweile mehr Arbeitsplätze als sozialversicherungspflichtige Einwohner. „Viele Sternenfelser haben ihren Arbeitsplatz ‚ums Eck‘, was in der heutigen Zeit schon etwas Besonderes ist“, sagt Bürgermeisterin Sigrid Hornauer (parteilos). „Aber es pendeln auch viele von außen ein.“ Der Slogan zeige, dass hinter dem Gewerbepark eine besondere Philosophie stecke. Verwaltung und Gemeinderat legten viel Wert auf das „Ambiente“, betont sie. Für die parkähnliche Atmosphäre und die Idylle ringsum würden manche Unternehmer in Kauf nehmen, ihren Firmensitz nicht direkt neben der Autobahn zu haben. Der Grundstein des Gewerbeparks Sternenfels wurde bereits vor mehr als 20 Jahren von den Bürgern selbst gelegt. „Damals lehnte die Bevölkerung ein Freilichtmuseum per Bürgerentscheid ab, weil die Menschen Angst hatten, zum Pommes- und Eiscremedorf zu werden“, berichtet Hornauer.

Dank eines weitsichtigen Gemeinderats und kreativen Planern sei damals die Idee entstanden, auf der leer stehenden Fläche einen Gewerbepark zu errichten. In der Amtszeit von Bürgermeister Helmut Wagner entwickelte sich das Gebiet zusehends. Als im März 2006 seine einstige Hauptamtsleiterin zur Nachfolgerin gewählt wurde, konnte der parteilose Kommunalpolitiker eine prosperierende Gemeinde übergeben. Er selbst ging nach 32 Jahren im Bürgermeisteramt in Ruhestand. Die Entwicklung von Sternenfels ist alles andere als selbstverständlich. In den 1980er-Jahren drohte die Gemeinde mehr und mehr zu einer „Pendlerkommune“ zu werden. Innerhalb von 15 Jahren gingen in Sternenfels fast drei Viertel aller gewerblichen Arbeitsplätze verloren. Doch Verwaltung und Bürgerschaft ließen sich nicht entmutigen und wollten das Thema Arbeit intelligent angehen. „Wir haben uns von Anfang an darauf konzentriert, Arbeitsplätze zu schaffen“, so die Bürgermeisterin. Ziel war es, in Sternenfels Firmen anzusiedeln, die auch Menschen beschäftigen wollten.
Entsprechend wurden Anfragen von Unternehmen abgelehnt, die lediglich große Lagerhallen planten oder wo lediglich Lkw geparkt werden sollten. Heute finden sich im Branchenmix des Gewerbeparks sowohl Unternehmen des produzierenden als auch des vertreibenden Gewerbes: In den Betrieben werden zum Beispiel Aluminium bearbeitet und Präzisionsmaschinen hergestellt, andere Unternehmen gehören zur Laserindustrie oder handeln mit Gebrauchtmaschinen.
Auch wenn es immer wieder Einbrüche bei der Versorgung mit Arbeitsplätzen gab, konnten stets neue Firmen nach Sternenfels gelockt werden. So auch in jenem Fall, als ein Unternehmen aufgekauft wurde und damit mehr als die Hälfte der Jobs verloren gingen. Längst sind die meisten Plätze im Gewerbepark vergeben. Die wenigen übrigen Grundstücke handelt die Verwaltung zunächst als Optionsflächen für die bereits angesiedelten Firmen. Für den Fall, dass diese sich erweitern wollen. Wenn nicht, stünden sie neuen Gewerbeansiedlungen zur Verfügung, so Hornauer.

Wirtschaftsförderung ist Chefsache in Sternenfels. „Wir versuchen, den Firmen das Leben leichter zu machen, zum Beispiel mit kurzen Wegen in der Verwaltung“, erklärt sie. Bauvorhaben könnten, so weit es in der Macht des Rathauses stehe, innerhalb kürzester Zeit realisiert werden. Damit es schneller geht, liefern dann schon mal Rathausmitarbeiter Anträge persönlich im Regierungspräsidium Karlsruhe ab. Wenn es sein muss, begutachtet die Verwaltung auch am Abend oder sonntags Bauplätze oder beruft am Wochenende Sondersitzungen des Gemeinderats ein.
„Als kleine Gemeinde haben wir Vorteile, größere Kommunen müssen da schon einen anderen Tanker anschieben“, sagt Hornauer. Neben dem persönlichen Service und der Idylle gibt es auch harte Standortfaktoren.
Doch Sternenfels punktet hier ebenso. Die Gemeinde ist mittlerweile „Mediendorf“. Vergangenes Jahr wurde die Kommune als erste Gemeinde im ländlichen Raum an das Breitband-Kabelnetz angeschlossen. Die Kommunalverwaltung entwickelte zusammen mit dem Landwirtschaftsministerium, der Bodenseewasserversorgung und der Sparkasse Pforzheim Calw einen Modellversuch: „Die Bodenseewasserversorgung hatte wegen einer Pumpstation Glasfaserkabel verlegt, die wir anzapfen durften“, erklärt Hornauer. Die Sparkasse, die ebenfalls wegen ihrer Kunden am Breitband interessiert war, zog die Kabel in die Leerrohre, die die Gemeinde beim Ortsumbau voraussichtig gelegt hatte. Betreiber wie Kabel BW oder Telekom wollten laut Bürgermeisterin wegen den „paar Einwohnern“ keine 15 bis 20 Millionen Euro investieren. Das Modellprojekt hat Sternenfels jetzt nochmals 120 Arbeitsplätze gebracht: Ein international agierendes Unternehmen hat nämlich seine Ansiedlung von einem Glasfasernetz abhängig gemacht. „Straßen, Wasseranschluss, das ist alles selbstverständlich“, meint die Bürgermeisterin. „Aber der Anschluss an die Datenautobahn, das ist einer der wichtigsten Standortfaktoren.“

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5 Antworten zu Mit Weitsicht

  1. osk. sagt:

    Und all das unter Kostenneutralität!

  2. mm sagt:

    und er hatte ein anderes Motto wie in Bretten. In der Stadt Melanchthon’s pflegt man das „Windhund-Prinzip“ : immer schnell, nicht lange überlegen, jedem Subventionstopf hinterjagen. Zusammenfassend : Operative Hektik ersetzt geistige Windstille

  3. Olg. sagt:

    Helmut Wagner war eben ein anderer Amtskollege. Ein Mann der Tat und nicht der großen und leeren Worte.

  4. -rl- sagt:

    „Dank eines weitsichtigen Gemeinderats und kreativen Planern…“

    …musste man scheinbar keinen Wald abholzen.

    Sternenfels liegt ja so nah – und doch so weit, weit vorne…

  5. -an-i- sagt:

    „Der Grundstein des Gewerbeparks Sternenfels wurde bereits vor mehr als 20 Jahren von den Bürgern selbst gelegt.“

    Und siehe da, was zwischenzeitlich entstanden ist – ohne einer Kommunalbau GmbH.
    Und in Bretten? Wer ist schon Bürger?
    Die vielen Leserbriefe oder diese Homepage sprechen da eine eindeutige Sprache.

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