Stadt prüft ein „Zuckerle“ für Familien

Im Kampf um Einwohner setzen die Kommunen verstärkt auf den Kinderbonus beim Kauf eines Bauplatzes
Mühlacker/Sternenfels/Bretten – Um die Kinder in die Stadt zu locken, bieten immer mehr Kommunen ein „Zuckerle“ der besonderen Art: Einen Zuschuss an die Eltern beim Kauf eines Bauplatzes. Auch die Stadtverwaltung Mühlacker prüft derzeit, ob im Kampf um neue Einwohner eine solche Förderung für Familien Sinn machen könnte.
VON THOMAS EIER
Andere Städte und Gemeinden machen es vor. Bretten zum Beispiel möchte für sein riesiges Neubaugebiet „Am Steiner Pfad“ gezielt Familien anwerben – und bezuschusst den städtischen Bauplatz für jedes Kind in der Familie mit 5000 Euro. Maximal 15000 Euro für drei Kinder können die Bauherren bei einem Quadratmeterpreis von – voll erschlossen – 225 Euro sparen.

Etwa 130 Bauplätze umfasst allein der erste Abschnitt des Baugebiets. In kürzester Zeit hat die Stadt, der etwa 80 Prozent der Grundstücke gehören, 42 Bauplätze an Familien mit insgesamt 48 Kindern verkauft. Weitere 15 Plätze für Familien mit insgesamt 18 Kindern sind reserviert. „Eine gute Mischung“, zieht auf Nachfrage Brettens Bürgermeister Willi Leonhardt eine Zwischenbilanz, was die künftige Bevölkerungsstruktur betrifft. Über die Hälfte der neuen Häuser werden, nachdem mittlerweile rund 80 Bauplätze vergeben sind, von Kindern bevölkert sein – und im zweiten Bauabschnitt „Am Steiner Pfad“ steht nochmals fast das Doppelte an Fläche zur Verfügung. Weitere acht Hektar.

Doch die kommunale Wohnbauförderung hat ihren Preis. Die 66 Kinder, die bislang ins Neubaugebiet ziehen, kosten die Stadt Bretten bereits 330000 Euro. Dennoch hat der Gemeinderat den Zuschuss einhellig beschlossen. „Das gab keine Diskussion“, beschreibt Leonhardt das Bemühen, für junge Einwohner an einem Strang zu ziehen. „Zwar steigt unsere Einwohnerzahl nach wie vor leicht an, doch wissen wir alle um den demografischen Faktor“, beschreibt der Bürgermeister die Hintergründe des Konzepts. Der Eindruck der Stadverwaltung: Der Zuschuss ist zwar nicht allein ausschlaggebend, doch erleichtere er die Entscheidung für Bretten. „Gleichzeitig sind aber andere Argumente, wie die Betreuungsangebote des Kindergartens und die Ausstattung mit Spielplätzen, für die Familien genauso wichtig.“

Sternenfels: Punktuelle Förderung im Ortskern
Das Gesamtpaket muss stimmen, dann erfüllt das „Zuckerle“ seinen Zweck. So ähnlich sieht es auch die Gemeinde Sternenfels, die zwei Nummern kleiner ebenfalls kommunale Wohnbauförderung betreibt. Zum zweiten Mal gewährt sie für ein konkretes Projekte einen Kinderrabatt: An der Heilbronner Straße stellt sie interessierten Familien auf ein einzelnes Baugrundstück im Ortskern 5000 Euro Nachlass für jedes Kind in Aussicht. Nachdem der Bauplatz nur 32000 Euro kosten soll und gleichzeitig das Land Baden-Württemberg über sein Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum nochmals 20000 Euro beisteuert, ist das Grundstück für eine Familie sehr preisgünstig zu haben.
„Wir haben schon mit dem Projekt ,Junges Wohnen am Schlossberg‘ sehr gute Erfahrungen gemacht“, erinnert Bürgermeisterin Sigrid Hornauer an den ersten Versuch, gezielt junge Familien in den Ortskern zu locken. Tatsächlich haben am Schlossberg zwei Familien aus dem Ort zugegriffen, wobei die Förderung – wie auch in Bretten – nicht auf Einheimische begrenzt ist. Während für ein weiteres Grundstück in der Postgasse in der Zukunft ein ähnliches Modell vorstellbar ist, hält Hornauer eine zusätzliche Familienförderung für Bauplätze auf der grünen Wiese für unnötig: „Die verkaufen sich bei uns von alleine. Unsere Neubaugebiete sind in kürzester Zeit gefüllt.“

Das ist in Mühlacker, wo mittelfristig eine sinkende Einwohnerzahl befürchtet wird, nicht immer und überall so. Deshalb hat unlängst die CDU-Gemeinderatsfraktion die Stadtverwaltung darum gebeten, sich Gedanken über finanzielle Anreize für bauwillige Familien zu machen. Einwohnerschwund komme die Stadt auf Dauer teurer als eine gezielte Familienförderung, argumentiert die Fraktion und schlägt Rabatte nach dem Vorbild von Bretten, aber billige Darlehen oder Vergnünstigungen über das Erbbaurecht vor. Ein Problem: Es gibt in Mühlacker kein großflächiges Neubaugebiet wie in Bretten. Im gesamten Stadtgebiet stehen nach einer aktuellen Auskunft an die CDU nicht einmal mehr 25 städtische Bauplätze zur Verfügung, davon allein 20 am Stöckach.

Problem: Rabatte könnten die Stadt viel Geld kosten
Der Leiter des städtischen Bau- und Planungsamtes, Winfried Abicht, sichert dennoch zu, die Möglichkeit einer kommunalen Wohnbauförderung zu prüfen. Dies könne, meint der künftige Bürgermeister, ein „gutes Signal“ an die jungen Familien sein, die in der Stadt gehalten oder neu in die Stadt gelockt werden sollen. Positive Erfahrungen habe die Stadt schon vor seiner Zeit mit einem speziellen Reihenhaus-Förderprogramm am Stöckach gesammelt: „Das hat sehr gut eingeschlagen.“

Wie sein Brettener Kollege Willi Leonhardt glaubt Winfried Abicht jedoch nicht, dass die Familien ihre Entscheidung für ein Eigenheim und für dessen Standort ausschließlich an einem kommunalen Bonussystem festmachen. „Wer deshalb jeden Tag einen weiteren Weg zur Arbeit fahren müsste, wird sich – angesichts der Benzinpreise – schnell ausrechnen können, dass er nichts einspart.“ Im Übrigen sei zu befürchten, dass die eine oder andere Kommune den Rabatt über höhere Baulandpreise – in Mühlacker liegen sie für die städtischen Grundstücke je nach Lage zwischen 200 und 240 Euro pro Quadratmeter – wieder refinanziere.

Hier sieht Abicht die eigentliche Crux: Die Ausgaben für ein Förderprogramm müssten an anderer Stelle wieder eingespart werden. „Wir werden aber dem Gemeinderat in nächster Zeit einen Vorschlag unterbreiten“, kündigt der Amtsleiter an.

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Eine Antwort zu Stadt prüft ein „Zuckerle“ für Familien

  1. Fragezeichen sagt:

    Wissen wirklich „alle (Gemeinderäte?) um den demografischen Faktor“ ? Sind die Kinder von heute nicht die Rentner von Übermorgen? Was verbirgt sich hinter der vorgetäuschten Familienfreundlichkeit? 5000 Euro gibt die Stadt pro Kind aus. Wie viel erhält sie dafür in den nächsten Jahrzehnten an Finanzzuweisung aus Stuttgart? Werden junge Familien angeworben, um die Gemeindefinanzen zu sanieren? Man schämt sich nicht, Nachbargemeinden junge Familien „abzujagen“ . Übrigens sind junge Familien mit Kindern Mangelware – in ganz Europa. Also woher nehmen, wenn nicht….. ?

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