Leserbrief : Mehrheit gab sich mit nebensächlichen Aussagen zufrieden

Zu den Berichten über die Kandidaten Vorstellung zur OB-Wahl erreichte uns folgende Leserzuschrift:

Die Vorstellung des Wahlkandidaten hatte im Prinzip nur eine Aufgabe: Dem Wähler die Entscheidung zu erleichtern, ob er überhaupt zur Wahl geht, ob er den vorgeschlagenen Kandidaten oder eine andere Person wählt. Die wichtigste Erwartung war, die Aufklärung und Perspektiven für die nächsten Jahre zu erfahren. Dazu bedarf es kompetenter, ehrlicher und seriöser Antworten. Allerdings hatte die Veranstaltung mehr Fragen aufgeworfen als gegeben. Aus Mangel an Mitbewerbern wird die Entscheidung scheinbar schwieriger und nicht leichter zu fällen sein.
Der schwache Besuch war nicht auf Desinteresse zurückzuführen, sondern auf die Informationspolitik. Wie man für eine Veranstaltung richtig Werbung macht, wurde mit dem Einzelprojekt „Schweizer Hof“ anschaulich demonstriert. Jetzt wo es um die Zukunft der ganzen Stadt geht, wurde die Bürgerschaft (vorzeitig und nicht einmal herzlich) mit wenigen Zeilen eingeladen.

Selbst aus einer Frage an den einzigen Bewerber Paul Metzger wird bereits ersichtlich, warum mehr Fragen übrig blieben als Antworten. Frage: Warum wird bei der gigantischen Verschuldung (220 Millionen Mark) nicht mehr privatisiert? Dann wäre auch Bretten mit Sicherheit kein Armenhaus im Lande und müsste nicht jedes Jahr um die 11 Millionen Mark an Zinsen bezahlen – so wird man wahrhaftig arm.

Die Antwort beinhaltete die üblichen Floskeln über die Globalisierung, wobei das Hauptargument beim Gewinnstreben der Privatunternehmer lag. So, so. Dieses Grundübel -Unternehmer! Die Einzigen, die überhaupt Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft schaffen können. Verblüffend einleuchtend – wenn da nicht die Unternehmen Metzger & Co. im Spiel wären.
Beispiel: Der um das Wohl seiner Mitbürger so besorgte Herr lässt über die Stadtwerke, als Vorsitzender des Aufsichtsrats, seine Untertanen über den Strompreis so richtig abkassieren, anstatt, die Preise zu senken. Die üppigen Gewinne lässt er sich als Oberbürgermeister – als weiteres Spielgeld, denn Schuldenabbau ist scheinbar nicht möglich – an die Stadtkasse überweisen. Wo ist der Unterschied zu einer Steuererhöhung? Wessen Interessen werden hier überhaupt vertreten? Die der Bürger sicherlich nicht!
Deshalb wird auch verständlich, warum die Stadtwerke mit allen verfügbaren Mitteln versuchen, die kostenbewussten Stromkunden beim Wechsel zu preiswerten Anbietern zu behindern, um anschließend die Kundentreue zu demonstrieren.

Warum sich die Städte so verhalten, erklärt die Wirtschaftszeitung „impulse“ auszugsweise so: „Bei Wachstumsraten über 600 Prozent machen öffentliche Betriebe mit steigender Begeisterung den „normalen“ Betrieben Konkurrenz . . . Besonders gewinnträchtig ist das Geschäft mit dem Dreck . . . Die Einnahmen kletterten im Westen um 478 Prozent. . . Was Grundversorgung heißt, legen die Stadtväter dabei immer dreister aus . . . Aber statt zu sparen versuchen sie sich jetzt als Unternehmer . . .“.

Angesichts der „schlagfertigen“ Argumente blieben weitere Fragen aus, wobei es sicherlich nützlich wäre, ehrliche, offene und seriöse Antworten zu bekommen. Andererseits, warum soll man konkret werden, wenn sich die Mehrheit mit nebensächlichen Antworten auch zufrieden gibt und auf das nächste Fest wartet? Wie im alten Rom: Brot und Spiele.

Und zum Schluss noch eine Bitte an den Kandidaten Paul Metzger: Vor der allerersten Bewerbung sind Sie aus der SPD ausgetreten, Und das war auch gut so. Als parteiloser Bewerber haben Sie die Zustimmung der Mehrheit erreicht. Scheinbar wurde die politische Neutralität belohnt. Vor kurzem sind Sie in die krisengeschüttelte CDU (schwarze Konten, Spendenaffären) – ohne die damaligen Wähler zu fragen – eingetreten. Nun die inständige Bitte: Werden Sie wieder parteineutral, weil Sie alle Bürger dieser Stadt repräsentieren sollen und nicht nur eine Parteiklientel. Und räumen Sie bitte alle Bedenken aus, dass Sie jemals zur Trendpartei PDS wechseln könnten.

Wenn theoretisch jedermann alles gehört und praktisch niemand etwas davon hat, ist die Höchstform des Kommunismus erreicht. Das wäre auch das Endergebnis, wenn man über die Steuern alles steuern will.

Franz Cizerle
Postfach 1170
Bretten

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