Land und Kommunen streiten um Einwohnerzahlen

Statistiken weichen oft voneinander ab / „Es geht um Geld“

Von unserem Redaktionsmitglied Rainer R. Günther
Stuttgart. Die in den kommunalen Melderegistern verzeichneten Einwohnerzahlen weichen zum Teil stark von der amtlichen Statistik ab – in Stuttgart zum Beispiel um 30 000 Personen. Da die Leistungen des Landes an die Kommunen pro Einwohner auf Basis der Daten des Statistischen Landesamts abgerechnet werden, ergeben sich für viele Gemeinden Nachteile. Immer wieder kommt es zum Zahlenstreit zwischen Land und Kommunen. „Es geht dabei um bares Geld“, ärgerte sich ein Kommunalexperte.
Die Gemeinde Zwiefalten kann zum Beispiel eine Differenz zwischen den Erhebungen des Rechenzentrums Reutlingen und den eigenen Einwohnerunterlagen von 60 Personen nachweisen. Weil aber im kommunalen Finanzausgleich die Einwohnerzahlen der amtlichen Bevölkerungsstatistik zu Grunde gelegt werden, gehen Zwiefalten jährlich Leistungen des Landes in Höhe von 30 000 Euro durch die Lappen. Es gibt viele Gründe, warum die Zahlen zum Teil stark abweichen. „Die Differenzen sind teilweise bedingt durch die zeitliche Verarbeitung von Zu- und Abgängen“, sagt Finanzminister Gerhard Stratthaus. Während vor Ort die Einwohnerdatei tagesaktuell geführt wird, bewertet das Statistische Landesamt die Datenlieferungen der Gemeinden monatsweise. Das Datenmaterial der Statistiker beruht ohnehin auf schwankendem Grund. Es basiert auf den Ergebnissen der Volkszählung von 1987. Fortgeschrieben von Jahr zu Jahr werden die Zahlen„mit zunehmender Entfernung vom Basiszeitpunkt immer ungenauer“, räumte der Finanzminister ein.
Als vor fünf Jahren neue Methoden für einen Zensus getestet wurden, konnte die Abweichung präziser beziffert werden. So lagen seinerzeit in 700 Kommunen die Angaben der amtlichen Statistik höher als die Einwohnerzahlen laut Melderegister der Gemeinden. Weil ein Drittel der Leistungen des Landes an die Kommunen nach der amtlichen Statistik „Einwohner bezogen“ ausgeschüttet werden, ergeben sich für diese Städte Vorteile. Das Nachsehen haben die 400 Kommunen, deren Melderegister eine höhere Einwohnerzahl als die statistische Bevölkerungsfortschreibung ausweisen. Wie groß die Verluste sein können, erläuterte Finanzminister Stratthaus: „Im Durchschnitt erhält eine Gemeinde für einen zusätzlichen Einwohner Finanzzuweisungen von rund 600 Euro.“ Die benachteiligten Kommunen dürfen hoffen: Nach der europaweiten Volkzählung im Jahr 2011 können die Zahlen auf einen Nenner gebracht werden.

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