Brettener Vorstoß einmalig

In 30 Jahren kein vergleichbarer Fall im Land – Viel Lob und viel Kritik für Wechsel-Absichten in den Enzkreis geerntet
ENZKREIS/BRETTEN. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich: Der Wunsch Brettens, vom Landkreis Karlsruhe in den Enzkreis zu wechseln, dürfte nur schwer zu verwirklichen sein, ist das Fazit von PZ-Recherchen.

Zur rechtlichen Situation sagte gestern die Pressesprecherin des baden-württembergischen Innenministeriums, Alice Loyson-Siemering, auf Anfrage: „Seit der Kreisreform vor zirka 30 Jahren ist so etwas nicht vorgekommen. Wenn eine Kommune einem anderen Kreis zugeordnet werden will, bedarf es eines Landesgesetzes.“ Das Brettener Ansinnen sei in Stuttgart bisher nicht bekannt. Der Melanchthonstadt empfiehlt die Ministeriums-Sprecherin: „Bretten müsste alles auflisten, was sich seit der Kreisreform geändert hat.“

Scheuermann: „Das ist Quatsch“
Bei den beiden Landtagsabgeordneten des Enzkreises und Bürgermeistern im Randbereich zum Kreis Karlsruhe reichen die Reaktionen von begeisterter Zustimmung bis zu totaler Ablehnung. Zu den schärfsten Kritikern der Brettener Idee zählt der Direktabgeordnete des Enzkreises, Winfried Scheuermann aus Illingen. Der CDU-Politiker geht mit seinem Parteifreund, dem Brettener Oberbürgermeister Paul Metzger, hart ins Gericht: „Das ist Quatsch und Wichtigtuerei von Herrn Metzger, und das weiß Herr Metzger so gut wie ich. Dass wir im Enzkreis Bretten gern aufnehmen würden, ist keine Frage.“ Aber zu glauben, dass bei einer Gebietsreform nur eine Frage gelöst werden könnte, sei „Fantasterei.“ Mindestens zehn gravierende Fälle könne er nennen: „Zum Beispiel würde Nagold aus der ungeliebten Region Nordschwarzwald raus wollen und nach Böblingen streben.“

Scheuermanns Auffassung teilt auch Bürgermeister Bernd Kielburger (SPD) aus Königsbach-Stein: „Die Frage stellt sich überhaupt nicht“, gibt er sich angesprochen auf das Thema äußerst kurz angebunden.

Völlig entgegengesetzt ist die Position des SPD-Landtagsabgeordneten Thomas Knapp aus Mühlacker: „Ich sehe den Vorstoß Brettens als sehr positiv an, weil starke Verbindungen zum Enzkreis vorhanden sind.“ Als Beispiele nennt er die von den Stadtwerken Bretten übernommene Gasversorgung in Knittlingen und die Wasserversorgung in Ölbronn-Dürrn. Wenn der vor wenigen Tagen eingebrachte Vorschlag der SPD-Landtagsfraktion, Regionalkreise zu bilden, verwirklicht würde, könne man solche Verbindungen mit neuen Grenzen besser berücksichtigen, gibt er zu bedenken.

Auch der Remchinger Bürgermeister Wolfgang Oechsle findet Gefallen an den Brettener Wechsel-Absichten: „Nachdem der Enzkreis etwas zu klein geraten ist bei der Kreisreform, wäre dies eine wertvolle Ergänzung. Dadurch würde auch die Finanzkraft des Enzkreises gestärkt.“

Das sieht auch der Vater der Idee, Brettens Oberbürgermeister Paul Metzger, so. Er habe sich in der Vergangenheit sogar mehrfach bei Enzkreis-Landrat Werner Burckhart dafür entschuldigt, dass Unternehmen aus dem Kreis nach Bretten übersiedelt seien, „aus eigenem Antrieb“, wie Metzger betont. Der gibt zu, dass die Steuerkraft in seiner Kommune massiv gestiegen sei, „aber das schadet natürlich insgesamt dem kommunalen Gefüge.“ Mit seinem Vorstoß, bekennt der OB, habe er sich in Karlsruhe „keine Freunde gemacht.“ In diesem Sinn legt er nach: „Es kann nicht sein, dass 1974 geschaffene Strukturen von der Politik heute nur noch an Posten festgemacht werden.“ Deswegen plädiere er für „vernünftige Großkreise“, die die Probleme lösen und die Aufgaben der Regionalverbände übernehmen könnten.

„Keine Angst vor Konkurrenz“
Die Große Kreisstadt Bretten als Nachbar im gleichen Landkreis – dieser Vorstellung kann Knittlingens Bürgermeister Heinz-Peter Hopp schon deshalb viel Positives abgewinnen, weil die beiden Kommunen derzeit miteinander an einem gemeinsamen Gewerbegebiet stricken. Denn Hopp hofft, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Mit dem Gewerbegebiet will er auch die Schiene in das Zentrum der Fauststadt locken. Angst vor dem attraktiven Konkurrenten in der Nachbarschaft hat Hopp indessen nicht: „Die Konkurrenz besteht doch jetzt auch schon.“

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Eine Antwort zu Brettener Vorstoß einmalig

  1. mm sagt:

    Herr Scheuermann hat, wegen einer anderen „Schnappsidee“ aus Bretten, unlängst noch harschere Worte für den Oberbürgermeister der Stadt Bretten, Paul Metzger, gefunden : Ein „Blender“ sei dieser und „der größte Populist aller Zeiten“. Auf jeden Fall finde ich, haben die Ideen des Einen und die Kommentare dazu des Anderen, Unterhaltungswert !

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