Wachsende Bedeutung kommt der Vereinbarung von Arbeitswelt und Unternehmenspolitik einerseits, mit den Erfordernissen des Familienlebens und dem Großziehen der Kinder andererseits, zu. Zentrales Thema bei der Annäherung dieser beiden, lange Zeit als einander entgegengesetzt und unversöhnbar empfundenen Pole, wird vor allem die Frage nach der Betreuung der Kinder außerhalb der Familie. Diese Frage steht neben der flexibleren Gestaltung der Arbeitszeit, den Regelungen zur Teilzeitarbeit, der Rückkehr in den Beruf und der Einbeziehung der Väter in die Erziehung der Kinder.
In der bisher gängigen Praxis familienergänzender Erziehung, wozu Kindergärten, Kindertagesstätten, Krippen und Krabbelstuben ebenso gehören wie Horte und andere Einrichtungen zur Schülerbetreuung, stellen die jeweiligen Einrichtungen in ihrer überwiegenden Mehrheit nur einen, meist nicht besonders großen Ausschnitt im Aktivitätenspektrum ihrer Träger dar. Je nach Bedeutung, die diese Träger, seien es städtische Gemeinden, kirchliche Organisationen, Wohlfahrtsverbände oder Unternehmen, den Einrichtungen, ihrer Notwendigkeit und dem von Eltern angemeldeten Bedarf zumessen, fallen Entscheidungen über die Anzahl der bereitgestellten Plätze und deren qualitative und personelle Ausstattung.
Die überhandnehmenden Klagen von Eltern, insbesondere von Müttern, über einen erheblichen Mangel an Plätzen lassen erkennen, daß es zur Deckung des Bedarfs an Betreuungsplätzen einiges aufzuholen gilt. Damit dürfte sich die Chance eröffnen, das Ansehen der Stadt und/oder der Betriebe mit Hilfe eines intensiveren Engagements im Bereich familienergänzender Erziehung zu steigern und die Einrichtung oder die Beteiligung an der Einrichtung von Kindergärten zum festen Bestandteil ihrer kommunalpolitischen/betrieblichen Aktivitäten zu machen.
In anderen Städten haben Unternehmen die Notwendigkeit und Chance schon lange erkannt und im Rahmen unterschiedlicher Finanzierungs- und Organisationsmodelle Betreuungsplätze geschaffen oder an der Schaffung mitgewirkt. So gibt es zahlreiche Betriebskindergärten. Die Personalkosten werden hier beispielsweise aus städtischen und Ländermitteln sowie den Elternbeiträgen bestritten, während die übrigen Kosten, wie Gebäudeerhalt, Reinigung, Wiederbeschaffung von Mobiliar, die Betriebe besorgen. Bei ganzjähriger Öffnungszeit werden die Kinder, die zur einen Hälfte aus dem Einzugsbereich des Kindergartens kommen und zur anderen Hälfte die Kinder von Mitarbeitern sind, in der Zeit von 7 bis 17 Uhr betreut.
Etliche Signale deuten darauf hin, daß in den nächsten Jahren, angesichts der sich verändernden Einstellung der Familien zu ihren Kindern, aber auch angesichts des steigenden Bedarfs an qualifizierten Mitarbeitern, gerade das Engagement in diesem Bereich mitentscheidend dafür werden kann, ob eine Stadt von den dort lebenden Familien und denen, die wegen Stellenwechsel zuziehen möchten, als kinder- und familienfreundlich empfunden wird.
Bei beruflichen Entscheidungen für den einen oder einen anderen Betrieb kann durchaus ausschlaggebend werden, welches der in Frage kommenden Unternehmen neben der zu besetzenden Stelle auch einen Platz in einem Kindergarten anzubieten hat.
Angesichts der gegenwärtig großen Nachfrage nach Betreuungsmöglichkeiten tritt die Frage nach der Qualität der Einrichtungen derzeit in den Hintergrund. Die Höhe der Bezuschussung aus öffentlichen Mitteln für städtische und private gemeinnützige Kindergärten richtet sich nach der Zahl der angemeldeten Kinder. Jedoch als Instrument zur Sicherung der Qualität, zur Anregung aktiver Auseinandersetzung mit der Gestaltung und pädagogischen Zielsetzung in der jeweiligen Einrichtung können diese Zuschüsse nur dann wirken, wenn der Nachfrage nach Plätzen ein entsprechendes Angebot gegenübersteht.
Zur zufriedenstellenden Betreuung der Kinder kann es jedoch nicht nur auf den Platz beziehungsweise die Anzahl der Betreuungsplätze ankommen. Die Qualität, die, wenn auch eher subjektiv, an der räumlichen Ausstattung ebenso gemessen wird wie an der personellen Besetzung, den Öffnungszeiten, der Größe der Kindergruppen, gilt es zu berücksichtigen. Eltern, die Wert auf einen zufriedenstellenden und qualifizierten Arbeitsplatz legen, geben sich in der Regel und auf Dauer nicht mit der bloßen Aufbewahrung ihrer Kinder zufrieden.
Jeder Kindergarten stellt nun, ganz unabhängig davon, unter welcher Trägerschaft er steht, zunächst einmal eine in sich geschlossene Einrichtung dar. Er tritt mit dem ihm eigenen Erscheinungsbild an die Öffentlichkeit, die dann darüber entscheidet, ob er angenommen oder aber abgelehnt wird. Dieses nach außen wirkende und von außen wahrzunehmende Erscheinungsbild ist zum einen das Ergebnis dessen, was sich im Innern einer solchen Einrichtung abspielt. Es wird geprägt von der Atmosphäre, die dem Außenstehenden bei einem ersten Besuch entgegenkommt, vom Umgangston des Kindergartenpersonals untereinander ebenso wie dem Umgangston mit den Kindern, aber auch von dem Stil, in dem die Kinder beschäftigt werden.
Je nach pädagogischer Zielsetzung schlägt sich dabei der Unterschied zwischen Aufbewahrung oder der Anregung zu neugierigem Erforschen der Umwelt deutlich nieder. Zum anderen wird dieses Erscheinungsbild von denjenigen Aktivitäten getragen, die das Personal des Kindergartens unternimmt, um es in seinem Sinne zu beeinflussen. Das geschieht im allgemeinen über Informationsabende für interessierte Eltern, über die Gestaltung des schwarzen Brettes, den Umgang mit der Nachbarschaft, aber auch darüber, wie bei Ausflügen den Kindern der Umgang mit den Verkehrsmitteln, dem Schlangestehen an Eintrittskassen nahegebracht wird. Oft genug ist es gerade das Zuschauen bei solchen Ausflügen, das Eltern dazu veranlaßt, ihre Kinder in eben dieser Einrichtung anzumelden.
Aus diesen beiden Größen, dem Verhalten im Innern und der Wirkung nach außen, bildet sich das Erscheinungsbild, entwickelt sich der Ruf einer Einrichtung, der zum Gegenstand von Mundpropaganda wird und durch den sich dann eine bestimmte Elternschaft angezogen oder abgestoßen fühlt.
Besonders hervorgehoben und über den einzelnen Kindergarten weit hinauswirkend erweist sich der Ruf einiger privater Einrichtungen, wie etwa der Kinderläden und Krabbelstuben privater Elterninitiativen. Aus der starken Einbeziehung der Eltern in das Kindergartenleben entsteht ein starkes und nach außen ausstrahlendes Identitäts- und Wirgefühl. Die Einrichtungen privater Elterninitiativen, die es mittlerweile in zahlreichen großen und kleinen Städten gibt, zeichnen sich ebenfalls durch dieses starke Identitäts- und Wirgefühl aus. Das ergibt sich dort aus den intensiven Einfluß- und Gestaltungsmöglichkeiten der Eltern — und häufig der damit verbundenen Anstrengung -, aber auch der oft — mangels Unterstützung -provisorischen Einrichtung und den meist kleinen Kindergruppen.
Für jede Stadt gilt, daß beim Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter das Vohandensein von Kindergärten Vorteile bringt. Hiermit kann ein Beitrag zur Ver- einbarung von Unternehmens- und Familieninteressen geleistet werden. Der Wandel in den Einstellungen zu Kind und Familie wird ohne jeden Zweifel die Nachfrage nach Kindergartenplätzen steigern.“
G.H.
Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :
- „Ein Monopol auf keinen Fall” - 1998
- Glatte vier Prozent - 2008
- Die SPD und der Rüdtwald, Zitate - 2008
„2012-das Jahr des Ausbaus der Kinderbetreuung“
Diese Überschrift ist bei genauer Betrachtung des tatsächlichen Zustandes eher voll daneben als chronistisch und dokumentarisch zutreffend.
Sie wirkt unfreiwillig komisch.
Brettener Nachrichten – 10. Januar 2012
„2012 – das Jahr des Ausbaus der Kinderbetreuung“
Ein Jahrzehnte alter Hut, stets neu erschaffen. Um Eltern bei Kasse und Laune zu halten, um gesetzliche Ansprüche auf Plätze zu garantieren, welche niemals zur Verwirklichung gelangen.
Eben ein gesellschaftspolitischer Dauerbrenner und Skandal, mit dem Bund, Länder und Gemeinden wetteifern, um der Öffentlichkeit Priorität und ständige Dringlichkeit vorzugaukeln und um sich, wenn möglich, von den nun einmal entstehenden Personal- und Sachkosten irgendwie – Zuständigkeit – herumzudrücken.
Es ist eben nun einmal in unserem Land effizienter, öffentliche Gelder in marode Banken, insolvente Euro-Staaten sowie in eine Pleite-Währung zu pumpen als einen Bruchteil davon in die Bildung unserer Kinder zu investieren!
Ganz nach der politischen Losung: Wir tun alles für die Bildung unserer Kinder, weil man damit immer gut bei Wählerinnen und Wählern (vorzugsweise Eltern) ankommen will. Eine ernsthafte Lösung dieses sehr alten Zankapfels (Kostenübernahme durch die Kindergartenträger und gleichzeitige kauzige Bezuschussung durch die jeweilige Gemeinde sowie höchst unterschiedliche und daher sehr ärgerliche Eigenbeteiligung der Eltern) wird nur dann gelingen, wenn sich die Kostenträger auf vergleichbare Standards bei Personal- und Sachkosten verständigen.
In diesen Zusammenhängen hat das Hauptaugenmerk bei den Kindern zu liegen, denen zu ihrem Heranwachsen die zu erarbeitenden Standards unterzuordnen und nicht überzuordnen sind.
BNN 19. Januar 2010
„Noch immer fehlen in Bretten Kita-Plätze“
Der ums Geld jammernde Herr Leonhardt (CDU) kann hier nachlesen, was Kommentatoren zum obigen BAK-Artikel ergänzt haben.
Dann hat er eine echte Vorlage an der Hand, die auf Umsetzung in die Praxis wartet!
Merke: Jammern hilft nicht weiter! 🙂
Ich kann nur hoffen, dass diese sinnvolle Förderung bei den Lesern vom Pressespiegel des Bürgerarbeitskreises Bretten besondere Aufmerksamkeit gewinnt.
Es geht doch etwas!
Die Bundesregierung will den Ausbau von Betriebskindergärten fördern und stellt dafür 50 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds bereit.
Unternehmen, die für die Kinder ihrer Arbeitnehmer Plätze in Tageseinrichtungen schaffen, erhalten bis zu 6000 Euro im Jahr pro Kind.
Das Programm richtet sich an Unternehmen mit bis zu 1000 Beschäftigten.
Die Familie darf im Rahmen der Familienpolitik nicht zu einer ökonomischen Größe werden.
Beruflicher Erfolg und Familie schließen sich in unserer Wirtschafts- und Konkurrenzgesellschaft gegenseitig aus.
Familie und/oder Beruf. – Was ist wichtiger?
Wenn beides in einen Topf geworfen wird, leiden darunter die Kinder.
Wenn ich mich noch genau erinnere, habe ich so einen (oder ein klein wenig abweichenden) Bericht bereits vor vielen Jahren in einer Schwäbischen Zeitung gelesen.
Demnach war der damalige Vordenker seiner Zeit weit voraus und hat heute noch seine Gültigkeit.
OB Metzger kann jederzeit Brettener Firmen darauf ansprechen.
In Brettener Unternehmen scheint sich der seit langem bekannte Begriff „Betriebskindergarten“ noch nicht herumgesprochen zu haben.
Ergänzung zum 1. Kommentar
Bei der Ansiedlungspolitik ist eine Einflußnahme nicht möglich.
Jedoch bei bestehenden Unternehmen ist die Idee von OB Metzger in puncto Familienfreundlichkeit jederzeit umsetzbar.
Ein Betriebskindergarten kann von den Mitarbeitern eines Betriebes auch als ein wichtiger Standortfaktor angesehen werden.
In Sachen Familienfreundlichkeit kann doch Herr Oberbürgermeister Paul Metzger dem obigen BAK-Beitrag entsprechend beispielsweise in Richtung „Betriebskindergarten“ tätig werden.
(gm) hat in der Brettener Woche vom 11.10.2007 einen sehr bemerkenswerten Artikel geschrieben!
Brettener Woche vom 11. Oktober 2007: Anzahl der Neugeborenen hat sich halbiert
Letzter Absatz: Familienfreundlichkeit ist auch ein wichtiger Standortfaktor. Aber Firmen werden gegenwärtig von der Stadt in Sachen Familienfreundlichkeit nicht in die Pflicht genommen. Auch bei der Ansiedlungspolitik bleibt dieser Punkt ausgespart. „Da haben wir keinen Einfluß“, so Metzger.