Der Rückzug

von Matthias Menzel
Seit Montagmorgen, 9.11.2009, 7 Uhr, sitzt Ralf Steinbrenner wieder an seinem Schreibtisch im Leingartener Rathaus. „Mit aller Kraft“ will er seine Aufgaben erledigen, die jetzt wieder vollständig im Leintal liegen, so ein Artikel der Heilbronner Stimme.

Auf der Suche nach dem vorzeitigen Scheitern glaubt Steinbrenners Stellvertreter Martin Klar (CDU) einen Grund gefunden zu haben: „Er ist kein Badischer.“ Und auch Manfred Eitel, Fraktionssprecher der Freien Wähler glaubt, dass bei den „Badensern Einheimische Vorrang haben„.

Wenig schmeichelhaft also für die Brettener Wähler, wird ihnen doch ein recht engstirniges Abstimmverhalten unterstellt. Nicht nach Sympathie, Eignung oder Programm, sondern nach lokaler Herkunft und Zungenschlag, hätten sie entschieden. Indirekt wird den Brettenern von Steinbrenner zudem unterstellt, sein Engagement nicht gewürdigt zu haben. Er will sich jetzt im Frühjahr in Leingarten zur Wahl stellen und bemerkt dazu: „Hier wird anerkannt, was man geschaffen hat„.

Dass man einfach dem besseren Kandidaten unterlegen ist, völlig undenkbar?
Ob die kleine Trickserei mit dem letzten Kandidaten vielleicht doch etwas zu dilettantisch war? (siehe diesen Leserbrief!)
Ob man mit Unterstützung der Plakatier-Truppe der CDU, mit Werbe-Auto auf dem Marktplatz, die Präsenz in der Öffentlichkeit auch übertreiben kann?
Vorbei also die Zeit in der man sich in Bretten wohlfühlte?

Was auf jeden Fall jetzt zum Vorschein kam, ist die mangelnde „Kampfbereitschaft“ des Ralf Steinbrenner. Zum Beispiel in Mülacker sei er, so das dortige Tagblatt vom 29. September 2009 :
drauf und dran gewesen, seinen Hut in den Ring zu werfen.“ Er entschied sich aber dann für Bretten, denn, so Steinbrenner auf seiner Homepage: „Warum sollte ich gegen einen amtierenden OB antreten wollen?
Wäre vielleicht ein harter Fight um die Wählerstimmen geworden?

Die gleiche Haltung auch jetzt in Bretten: anstatt die beinahe 50% Nicht-Wähler zur Teilnahme an der Wahl zu animieren, gegen einen zugegebenermaßen sehr starken Konkurrenten anzutreten, auch mal ohne Vollversorgung von „Mutti CDU“, ohne Sicherheitsnetz und Vollkaskoversicherung zu kämpfen, mit der Überzeugung „ich bin der Bessere“ — Fehlanzeige!

Ähnlich scheint man auch in Leingarten über den vorzeitigen Rückzug Steinbrenners aus dem Wahlkampf in Bretten zu denken. Jürgen Brame (Grüne) dazu: „eine Beteiligung am zweiten Wahlgang wäre konsequenter gewesen,“ und „Jetzt verliert er an Glaubwürdigkeit.
Und die Stimme des Volkes? „Ganz ehrlich, meiner Meinung nach braucht er sich überhaupt nicht mehr aufstellen zu lassen„, so eine Bürgerin zur Heilbronner Stimme.

Für alle weiteren Wahlkämpfe möchte ich Herrn Steinbrenner ein Zitat von Bertold Brecht ans Herz legen : „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

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15 Antworten zu Der Rückzug

  1. Gust./Fo. sagt:

    Konstant als „Mehrheitsbeschaffer“ des Gemeinderats-Vorsitzenden zu fungieren, ergibt nicht unbedingt eine qualifizierende Voraussetzung für das Amt eines Oberbürgermeisters.

  2. Olg. sagt:

    Vermutlich nicht! 🙁

    Andernfalls hätte die CDU-Fraktion die finanzielle Misere der Stadt Bretten längst verhindern müssen? 🙂

  3. -az- sagt:

    @ Quo. am 11. November, 2009 11:32

    Versteht er was von Finanzen?

  4. Quo. sagt:

    Für denk nix des 11.11.09

    Ist etwa dasjenige CDU-Mitglied aus Neibsheim gemeint?

  5. denk nix sagt:

    Wo bleibt jetzt nur der Ersatzkandidat der CDU? Sagte einer aus ihrer Führungsriege während der Kandidatensuche nicht, dass wenn Keiner gefunden werde, wohl er selber kandidieren müsse?
    Bitteschön, jetzt hat er die Chance und die „Hauptmängel“ weder Brettener noch Badener zu sein, treffen auf ihn nicht zu.

  6. H.U. sagt:

    völlig korrekt, ich korrigiere mich (Scham), Melanchthon war natürlich kein Badener… ohne mich jetzt noch tiefer reinzureiten, aber im 16. Jhdt. gab es wohl noch kein Baden.

  7. mm sagt:

    wobei wir nun endlich beim Thema wären 🙂

  8. denk nix sagt:

    @H.U

    Stimmt, „Badenser“ ist heutzutage eine geringschätzende Bezeichnung für einen Badener.

    Aber Melanchthon war Kurpfälzer, kein Badener!

  9. H/M sagt:

    CDU und FDP haben nun endgültig aufs falsche Pferd gesetzt.

  10. H.U. sagt:

    Der badische Liberalismus ist ja sprichwörtlich und inzwischen schon in online-Enzyklopädien nachzulesen. Schließlich ging von Baden die einzigste deutsche Revolution aus (abgesehen von den Ereignissen um den 9.November 1989).

    Wer aber einen Badener „Badenser“ nennt, passt womöglich wirklich nicht hierher.

    Besonders unpassend ist das Nachtreten. Ein schlechter Verlierer hat keine Nehmer-Qualitäten, was einen nicht unbedingt für das OB-Amt einer großen Kreisstadt auszeichnet.

    Und schließlich wurde hier ja auch noch Melanchthon geboren, auch kein „Badenser“, sondern ein Badener. Wie sagte doch Hildegard von Bingen: Wunden zu Perlen!

  11. Ed. sagt:

    Nach dem ehemaligen Bayern-Trainer Trapattoni:

    „Ich habe fertig!“

  12. Ed. sagt:

    Der Mann scheint einfach nur fertig zu sein?

  13. hape sagt:

    zur Kandidatur Steinbrenner:
    Die Frage ist doch, wie kam die Brettener CDU auf die Idee, den Bürgern einen Schwaben als Bewerber anzubieten?
    Und noch eine Frage:
    Wie reagiert die CDU auf IHRE Niederlage bis Donnerstag?

  14. Blogleser sagt:

    vielleicht besser noch :
    „Es ist keine Schande hinzufallen, aber es ist eine Schande, einfach liegenzubleiben.“

    Theodor Heuss

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