Vor allem junge Mütter suchen kostenlose Kleider

Kleiderkammer des Roten Kreuzes in Bretten verzeichnet seit Jahren Anstieg von bedürftigen Kunden
Kleiderausgabe erfolgt nach einem festgelegten Schema
Bretten. Die Regale reichen bis unter die Decke. Gefüllt sind sie mit großen, beschrifteten Kartons. „Mann, Pullover, lang“ steht zum Beispiel darauf oder „Baby, Hose, warm“. In der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Bretten ist kein Platz verschenkt. Auch Bettwäsche, Mäntel, Geschirr und Schnellkochtöpfe finden dort ihren Platz. Dazu kommen die Säcke mit den gespendeten Waren, die noch sortiert werden müssen. Und dazwischen wuseln die sechs ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Roten Kreuzes herum, leeren die Säcke mit neuen Kleidungsstücken und geben Kleider an ihre „Kunden“ aus.
„Hier steht man eigentlich immer im Weg“, sagt Karin Sebold, die Leiterin der Kleiderkammer, lachend. „Wenn wir mittwochs öffnen, haben wir kaum eine ruhige Minute und rennen durch unser Lager.“ Schon um 9 Uhr morgens kommen die ersten Besucher. „Dabei öffnen wir erst um 13 Uhr“, erklärt Karin Sebold. Aus Rastatt, Heilbronn und sogar Offenburg sind die Menschen, die kostenlos mit Kleider und anderen Gebrauchsgegenständen versorgt werden müssen.

Längst handelt es sich nicht mehr nur um Ausländer, so wie es vor 15 Jahren war, als die einzige Kleiderkammer des Bezirkes Karlsruhe öffnete. „Viele Deutsche kommen inzwischen zu uns – Hartz IV-Empfänger, vor allem junge Frauen mit ihren Kinder“, berichtet Karin Sebold. „Aber trotzdem ist unser Grundsatz der Menschlichkeit hier immer noch international.“ Das erkennen die Besucher mit einem Blick auf die Infotafeln. Diese erklären unter anderem auf Englisch, Französisch, Türkisch, Rumänisch, Albanisch und natürlich Deutsch den Sinn und Zweck der Kleiderkammer.

Die Kleiderausgabe läuft immer nach einem bestimmten Schema ab, „damit es für alle gerecht ist“. 20 Minuten hat jeder in der Kleiderkammer Zeit, seine Wünsche zu äußern und sich passende Sachen auszusuchen. Dann ist der Nächste dran. So gelingt es den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, 30 bis 40 Besucher in vier Stunden zu bedienen.
Ganz geschäftsmäßig gehen die Frauen mit den Besuchern um, bei ihnen werden aus den Bedürftigen Kunden. „Wir wählen nicht nur nach Zweckmäßigkeit aus, sondern möchten den Leuten auch Kleider geben, die ihnen gefallen“, sagt Mitarbeiterin Waltraud Ziegler. Die meisten zeigen ihre Freude über die Sachen mit einem freundlichen Lächeln, aber viele erzählen auch von ihren Sorgen. „Ohne die Spenden von Privatpersonen oder die Kleidersammlungen der Ortsvereine könnten wir nicht kostenlos helfen“ betont die Leiterin. Trotzdem machen die Frauen manchmal unangenehme Entdeckungen.
„Die Kleider sind verdreckt, feucht oder stinken. So etwas Minderwertiges würde ich nie einem anderen Menschen zumuten“, sagt Karin Sebold bestimmt. „Wir sind doch eine Hilfsorganisation. Wir dürfen die Leute nicht enttäuschen.“

Nicole Jannarelli

Info
Die Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes in Bretten öffnet ihre Ausgabe jeden Mittwoch zwischen 13 und 17 Uhr. Während der Schulferien bleibt sie geschlossen. Kleiderspenden werden mittwochs zwischen 13 und 16 Uhr angenommen.
Telefonisch ist die Kleiderkammer unter der Rufnummer (0 72 52) 93 24 67 zu erreichen.

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