Kaviar statt Graubrot

MARTIN FERBER
„Zu schnell, zu früh, zu viel.“ Vor vielen Jahren bereits brachte der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim seine pauschale Missbilligung an den allzu üppigen Pensionsansprüchen von Ministern, Staatssekretären und Abgeordneten im Bund und den Ländern auf diesen kurzen Nenner. Deren Altersbezüge lägen „völlig außerhalb jeder vernünftigen Relation“. Und tatsächlich: Während die Normalbürger, die Monat für Monat brav in die Rentenkasse einzahlen, seit dem Jahr 2000 eine Kürzung ihrer Renten von bis zu 15 Prozent verkraften mussten, stiegen die Pensionen der Bundestagsabgeordneten, die die Steuerzahler aufbringen, im gleichen Zeitraum um 6,5 Prozent.


Die Kluft wird immer größer.
Obwohl die Debatte um die Luxus-Pensionen der Politiker jedes Jahr im Sommerloch so zuverlässig auftaucht wie das Monster von Loch Ness, ist das Thema ein Ärgernis. Es hat das Potenzial, das ohnehin schon angeschlagene Vertrauen der Bürger in die Politik weiter zu beschädigen. Denn die gleichen Abgeordneten, die den Bürgern Jahr um Jahr bittere Zumutungen, drastische Kürzungen und herbe Einschnitte verordnen, die das Rentenalter heraufsetzen, die Steuern erhöhen und den Freibetrag für die privaten Rücklagen halbieren, nehmen es bei sich selber nicht so genau und schließen sich selber von allen Kürzungen aus. Seit Jahren wird über eine Reform der Altersversorgung für Abgeordnete diskutiert, doch geschehen ist bislang nichts.
Den Bürgern trockenes Graubrot servieren, selber aber im Kaviar schwelgen, das passt nicht zusammen. Gerade die Große Koalition, die in den ersten beiden Regierungsjahren den Bürgern Erhebliches zugemutet hat und beim Griff in den Geldbeutel alles andere als zimperlich war, sollte die Kraft zu einer Reform der Abgeordnetenbezüge finden, die diesen Namen auch verdient. An ernsthaften Vorschlägen herrscht kein Mangel.
Die überzeugendste und sinnvollste Idee ist, dass die Abgeordneten wie alle Selbstständigen sich privat versichern und für ihre Pensionen selbst aufkommen. Dann würden sie den Steuerzahlern nicht länger auf der Tasche liegen und wären auch von den Gesetzen, die sie beschließen, direkt betroffen. Der Mut zur Reform, den die Politik sonst so gerne vom Bürger fordert — wo ist er bei den Abgeordneten?

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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5 Antworten zu Kaviar statt Graubrot

  1. R. sagt:

    Ich bin per Zufall auf diesen vorzüglichen Bericht von MARTIN FERBER in den BNN aus dem Jahre 2007 gestoßen.
    Ebenso habe ich mir den Schuldenhaushalt des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) – SPD und Grüne – angesehen. Was ist festzustellen?

    Darin lassen sich Schulden sehr leicht abbauen:

    Beispiel:

    Wissenschaftsministerium
    Ministerin Svenja Schulze (SPD) seit 2010

    Haushalt 2012

    545 Millionen Euro Beamtenpensionen
    95 Millionen Euro = 17,43 Prozent der Beamtenpensionen sind Ruhestandsgehälter – 100 Prozent des letzten Gehalts – an Hochschullehrer Besoldungsgruppe H

    72 Prozent des letzten Gehalts erhalten normale Beamte.
    48 Prozent des letzten Gehalts erhalten gesetzlich Versicherte.

    95 Millionen Euro gekürzt auf 72 Prozent des letzten Gehalts wären

    eine Ersparnis von 26,6 Millionen Euro

    im Haushalt des Wissenschaftsministeriums! 🙂

    Merke: Im Wissenschaftsministerium von BW in Stuttgart wird es nicht wesentlich anders aussehen. 🙂

    Ergebnis: Eine wirkliche Reform der Beamtenbesoldung, die diesen Namen auch redlich verdient, ist der tatsächliche Schlüssel zum Schuldenabbau in den beiden Bundesländern: Rot/Grün (NRW) und Grün/Rot (BW). 🙂

  2. Arth. Br. sagt:

    Man muss sich doch nur einmal die Reallöhne der letzten Jahre in der Bundesrepublik Deutschland ansehen.
    Dann erübrigt sich jede Diskussion über gestiegene Lebenshaltungskosten sowie die Mehrwertsteuer von ganz alleine.

  3. v/Z sagt:

    Der Bundestag bemüht sich vordergründig, die verharmloste soziale Frage einer zufriedenstellenden Lösung zuzuführen.

    Eine staatliche Unterstützung, die kaum das Existenzminimum sichert, sowie zunehmend arme Wohn- und Lebensverhältnisse bestimmen die Hartz IV – Empfänger.

    Die Tafelläden sind dafür ein signifikantes Zeichen.

  4. Arth. Br. sagt:

    Wasser predigen, Wein trinken!
    Und den lässt man sich vom Steuerzahler spendieren!
    Klappt doch bestens!

  5. -el- sagt:

    „Den Bürgern trockenes Graubrot servieren, selber aber im Kaviar schwelgen, das passt nicht zusammen.“

    Bei der Mentalität (ich kann ja doch nichts machen) wird das passend gemacht.
    Wo bleibt denn der mündige Bürger? Und die Menschen im Rentenalter haben immerhin eine Lebenserfahrung, die sich sehen lassen kann. Das Obrigkeitsdenken zahlt sich scheinbar für die Minderheit in dem Selbstbedinungsladen aus. Wenn die da oben sagen „Spring ins Wasser“, dann wird das gemacht – auch wenn das Wasserbecken leer ist.

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