Ein plötzliches Plus von 13 Millionen

Doll: „Neuerdings bekannter Überschuss könnte Kreisumlage erneut senken“
Von unserem Redaktionsmitglied Walter-Ulrich Macherauch
Bruchsal. Es dürften aufregende Momente gewesen sein, die sich am Donnerstagabend im Ältestenrat des Kreistages abgespielt haben. Dort nämlich informierte der politische Stellvertreter des Landrates, der Bruchsaler Oberbürgermeister Bernd Doll, die Fraktionen darüber, dass sich der Haushalt 2007 des Landkreises deutlich anders darstellt, als der Entwurf, den die politischen Vertreter erst vor drei Wochen in Bretten verabschiedet haben. Die Überraschung dürfte ihm gelungen sein. Nachdem man vor etwa einem Jahr noch von einer Zuführungsrate null in den 2007er Haushalt ausgegangen war, wurden Mitte 2006 wenigstens sechs bis sieben Millionen in Aussicht gestellt. Jetzt erst ist bekannt geworden, dass dem Landkreis weit über 19 Millionen Euro Zuführungsrate aus dem Jahr 2006 zur Verfügung stehen.

Der Überbringer der guten schlechten Nachricht ist beileibe nicht der Verantwortliche dafür. Man merkt Bernd Doll deutlich an, dass es in ihm gärt. „19 Millionen Euro, das sind alleine sechs Punkte Kreisumlage. Wir hätten, wenn wir die Zahlen gekannt hätten, im vergangenen Dezember über eine Senkung von zwei bis drei Punkten diskutieren können“, sagt er und erinnert daran, dass man stattdessen lange um einen dreiviertel Punkt gerungen habe und sich schließlich auf eine Verminderung der Umlage von einem Punkt geeinigt hat (die BNN berichteten).
Der Haushaltsentwurf mit den veralteten Zahlen, über den der Kreistag am 8. Februar in Bretten verhandelt hatte, war noch vom inzwischen verstorbenen Landrat Claus Kretz eingebracht worden. Jetzt, so Doll, stehe der Haushalt 2007 in einem ganz neuen Licht. Bis Mitte des Jahres könne man darüber nachdenken, ob dieser „neuerdings bekannte Überschuss“ den Rücklagen zugeführt werde. Die Alternative dazu benennt Doll auch: „Wir senken über einen Nachtrag die Kreisumlage nochmals deutlich ab“.
Ein neuer Landrat wird in jedem Fall einen Landkreis vorfinden, dem es finanziell etwas besser geht als gedacht. Politisch führungslos treibt er ohnehin nicht durch die Zeit der vakanten Stelle. Doll will bis zum Wahltermin, geplant ist der 18. Juli, noch einige Themen auf dem Weg bringen – und eine Altlast abhandeln. „Die Verwaltung prüft das Forsthaus am Ahaweg auf eine vernünftige Nutzung hin“, sagt Doll, verweist aber gleichzeitig auf das Planungsrecht, das wegen der Lage im Landschaftsschutzgebiet der Stadt Karlsruhe obliege. „Wir denken auch über einen möglichen Verkauf nach“, schiebt Doll nach. Kommende Woche bespricht er sich mit Karlsruhes OB Heinz Fenrich zum Thema Ahaweg.
Nicht hinterm Berg hält der Landratstellvertreter aber mit seiner Meinung, dass er sich die Villa für eine repräsentative Nutzung für den Landkreis nicht mehr vorstellen kann.
Weiter brennt den Landkreis das Thema Rückdelegation von Abfall unter den Nägeln. Trotz der ablehnenden Entscheidungen einiger Kreisgemeinden, betont Doll, dass der Landkreis die Rückdelegation beschließen könne und wirbt gleichzeitig für das Modell des so genannten „Bruchsaler Wegs“, der die individuellen Angebote bei den Gemeinden belasse und nur das Einsammeln wieder zur Kreisaufgabe mache. Immerhin seien so über vier Millionen Euro einzusparen und eine Abfallgebührenerhöhung von bis zu 40 Prozent zu vermeiden. Schließlich kündigte Doll an, die Entscheidung von Landrat Claus Kretz, dass der Landkreis aus dem Arbeitgeberverband austritt, erneut vom Kreistag mit dem Ziel beraten zu lassen, dem Verband wieder beizutreten.

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

Print Friendly, PDF & Email
Dieser Beitrag wurde unter Sonstiges abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

15 Antworten zu Ein plötzliches Plus von 13 Millionen

  1. b/m sagt:

    In meinem 7. Kommentar ist mir ein Fehler unterlaufen: Herr Doll ist nicht Fraktionschef der CDU im Kreistag, sondern Herr Josef Offele.

  2. volk.-zer. sagt:

    Die Rechtsaufsichtsbehörde – das Regierungspräsidium Karlsruhe – prüft die Gesetzmäßigkeit der Kreisumlage im Rahmen der Vorlage der Haushaltssatzung.
    Bei dem aktuell vorliegenden Zahlenwerk ein schwieriges Unterfangen! Die Gemeindeprüfungsanstalt hätte ein gutes Betätigungsfeld!

  3. ludw. sagt:

    So wünschen sich die Bürger die Finanz- und Haushaltshoheit des Landkreises Karlsruhe: Da heißt es `rin in die Kartoffeln, `raus aus den Kartoffeln!

  4. D/F sagt:

    Inzwischen ist die Frage mehr als berechtigt, wie es sich mit den Überschüssen vergangener Jahre verhält.

  5. ch.u. sagt:

    Am 3. März wird über ein Plus von 13 Millionen geschrieben.

    Am 6. März dürfen die Leser den „wahren“ Grund dafür erfahren. Ich halte das für eine wohl dosierte (Des-)Informationspolitik vom stellvertretenden Landrat und Oberbürgermeister Bernd Doll (CDU).

    Hoffentlich gibt es keine Parallele zum Brief des ehemaligen Landrats Claus Kretz im Tresor von Herrn Doll.

  6. hjb sagt:

    Wenn man einmal davon ausgeht, dass die Kreiskämmerei gängige EDV-Programme sowie EDV-Verfahren nicht nur kennt, sondern auch anwendet, dann versteht man parallel dazu den Inhalt der obigen Zeitungsmeldung nicht.

  7. rt sagt:

    Fortschrittsgläubig stelle ich mir selbst die Frage, ob dabei tatsächlich noch der Rechenschieber und/oder der Taschenrechner in Anwendung kommen.

  8. osk. sagt:

    Als Leser der obigen Nachrichten steht mir klar vor Augen – man beachte die Reihenfolge: Fabelhaft, sagenhaft, märchenhaft!

  9. b/m sagt:

    Die kreisfinanzpolitische Darstellung von Herrn Kreisrat und Fraktionschef OB Bernd Doll (CDU) ist vor allem für mit der Materie nicht vertraute Leser irreführend. Die Angaben im Zeitungsbericht sind schleierhaft.

  10. joh./mü. sagt:

    Zurückhaltend ausgedrückt: Berechtigte Zweifel am plötzlichen Plus von 13 Millionen sind angebracht.

  11. cl. sagt:

    Die Jahresrechnung 2006 ist mit der „Blackbox“ zu vergleichen. Die Blackbox ist ein System, das in seinem inneren Aufbau nicht bekannt ist. Von Interesse sind nur die Werte an den Ein- und Ausgängen.

    So verhält es sich mit der Jahresrechnung 2006. Ihr innerer Aufbau ist fünf Wochen nach Ende des Haushaltsjahres 2006 am 08.02.2007 noch lange nicht bekannt. Der Ausgang (das endgültige Ergebnis) auch noch nicht. Drei Wochen danach befinden sich 13 Millionen EUR mehr im Ausgang. Wahrlich eine richtige Blackbox!

  12. Tab. sagt:

    Mir eröffnet sich die ernsthafte Frage, ob die Haushaltsrechnung 2006 des Kreises als qualifiziert oder eher als dilettantisch angesehen werden muß. Vielleicht kann sie der Kreiskämmerer beantworten.

  13. Z.K. sagt:

    Es scheint so, es werden mal soeben 13 Millionen Euro aus dem Zylinder gezaubert. Und die Finanzpolitik des Landkreises Karlsruhe scheint in allerbester Ordnung zu sein.

  14. volk.-zer. sagt:

    Ein klassisches Prüfungsobjekt für die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg bzw. für das Regierungspräsidium Karlsruhe.

  15. f/gl. sagt:

    Ich frage mich, wie in der Kreiskämmerei gearbeitet wird. Sie weiß am 8. Februar 2007 noch nicht, dass in der Jahresrechnung 2006 statt Mitte 2006 in Aussicht gestellter 6 bis 7 Millionen Euro tatsächlich 19 Millionen Euro positive Zuführungsrate zur Verfügung stehen: Ein plötzliches Plus von 13 Millionen Euro!
    Wer das glauben soll, muß naiv sein.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert