Von Gabriele Meyer
In Bretten wird derzeit mit harten Bandagen gekämpft, und der Ton ist rau geworden: 22 Hektar des Rüdtwalds sollen nach einem Beschluss des Gemeinderates für weitere Gewerbe- und Industrieflächen abgeholzt werden.
Der Rüdtwald grenzt an das bereits bestehende Gewerbe- und Industriegebiet in Gölshausen. Seiner teilweisen Abholzung hat längst auch der Gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Bretten-Gondelsheim zugestimmt. Wenngleich sich die Gondelsheimer Vertreter beim Votum der Stimme enthalten hatten.
Auf den Plan gerufen hat das Vorhaben inzwischen auch Landtagsabgeordnete. So hat die Grüne Renate Rastätter Landwirtschaftsminister Willi Stächele aufgefordert, die Abholzung zu verhindern. Es hagelte Proteste und tut es noch. Vor der Entscheidung des Brettener Gemeinderats wurden 6000 Unterschriften gegen eine „Abholzung des Rüdtwalds“ gesammelt und vorgelegt. Es gab tumultartige Szenen auf den Zuschauerbänken im Sitzungssaal, und bei den Bürgerfragestunden war man mit Vorwürfen gegen den Oberbürgermeister Paul Metzger nicht zimperlich. Die gemäßigten Stellungnahmen blieben in der Minderzahl.
Nach dem Beschluss legten kürzlich die Freien Wähler und die Grünen gemeinsam einen Antrag auf eine nderung der Hauptsatzung mit dem Ziel eines Bürgerentscheids zum „Bürgerwald“ vor. Der wurde von den anderen Parteien im Gemeinderat regelrecht vom Tisch gefegt – wobei es nicht nur um die zeitlich-rechtliche Zulässigkeit eines solchen Antrages ging, sondern vor allen Dingen um den Vorwurf der Nutzung des Rüdtwald-Themas zu Wahlkampfzwecken.
Weiterer Grund zur Empörung im Stadtrat: Auf der Internetseite des Bürgerarbeitskreises sind – von den Ratsmitgliedern als „Fahndungsliste“ empfunden – die Namen und das Abstimmungsverhalten aller aufgeführt. Das habe bereits zu Pöbeleien auf den Straßen geführt.
Ausgangspunkt des erbitterten Streites aus Sicht der Befürworter: Bretten könne trotz intensiven Flächenrecyclings kein Gelände mehr für erweiterungswillige Firmen anbieten. Im Rathaus vorliegende Ansiedlungswünsche müssten abschlägig beschieden werden. Beim Gutachter-Vergleich zwischen drei möglichen Gewerbegebieten wurde der Rüdtwald zwar aus Gründen des Umweltschutzes nicht empfohlen, aber in der Gesamtwertung an die Position eins gesetzt. Entsprechende Infrastrukturen, wie zum Beispiel die Straßen- und Stadtbahnanbindung, seien vorhanden.
Die Stadt hatte daraufhin die vorgesehenen 40 Hektar auf 22 Hektar reduziert, was rund einem Prozent der Gesamtwaldfläche entspricht. Als Ausgleichsflächen sollen 33 Hektar aufgeforstet werden.
Den Verweis auf mögliche Auslagerungen in Nachbargemeinden wie zum Beispiel Oberderdingen-Sulzfeld, in denen Gewerbe- und Industrieflächen zur Verfügung stehen, hält Metzger zwar für eine Zukunftsperspektive, aber für gegenwärtig nicht machbar: „Jede Kommune braucht eine Eigenentwicklung – wir könnten das gegenwärtig auch gar nicht zahlen.“ Und das mit der Nachbarstadt Knittlingen im Enzkreis angedachte interkommunale Gewerbegebiet könne kaum so zeitnah realisiert werden, dass es Abhilfe bei der gegenwärtigen Raumnot bringe.
Während die Rüdtwald-Gegner einen Erhalt des Wald-Teilstückes als Naherholungsgebiet auch für künftige Generationen und die Berücksichtigung des Willens von 6000 Bürgern fordern, spricht Oberbürgermeister Paul Metzger von „Besitzstandswahrern, die nicht an künftige Generationen denken“.
Denn: Auch in Bretten wackelten Arbeitsplätze, suchten Jugendliche nach beruflicher Perspektive. Und nur durch ein unerwartet gutes Abschneiden bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer in 2003 stünden freiwillige Leistungen wie Schulsozialarbeit und Unterstützung der Jugendmusikschule nicht bereits zur Disposition.
Die einzige richtige Aussage ist in dem Satz vom OB enthalten „…wir könnten das gegenwärtig auch gar nicht zahlen.“ Deshalb hat man auch die interkommunale Zusammenarbeit nicht zu wollen. Wie wahr! Wenn auch der Rüdtwald abgeholzt würde, so kostet das zunächst mal Geld. Die ganze Infrastruktur, die Aufforstung, die Pflege, die Bereithaltung der Aufforstungsflächen usw.usw. Und die 22 ha können auch nicht sofort verkauft werden. Zum einen weil zum Schluss nur noch etwa 18 ha zur Verfügung stehen (der Rest sind Strassen etc.) und zum zweiten, weil der Kahlschlag nicht auf einmal, sondern nach Bedarf in Funktionsabschnitten erfolgen soll. Bei einem Preis von ca. 60.-Euro/qm kommt ein Erlös von etwas mehr als einer Million Euro zusammen. Wenn der Preis nicht zu halten ist eben weniger. Alleine die Zinslast für die Gondelsheimer Ausgleichsfläche, die wir schon seit geraumer Zeit bezahlen, hat den Erlös schon längst geschluckt. Per Saldo soll der Steuerzahler wieder das Ganze subventionieren. Für wie blöd hält man uns eigentlich?