Bei den Neubauten aufs falsche Pferd gesetzt

Städtische Wohnungsbaugesellschaft hat 1995 hohen Verlust erwirtschaftet
Eigentumswohnungen waren „Ladenhüter“ / Hälfte des Stammkapitals ist aufgezehrt
ws. „Eigentlich wären wir jetzt pleite und müßten Konkurs anmelden“. So kennzeichnete Erich Hochberger (CDU) in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Bretten den Geschäftsbericht der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Bretten für das Jahr 1995. Dieses gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen, eine „Tochter“ der Stadt, betreibt seit 1958 Wohnungsbau, vor allem sozialen Wohnungsbau. 1995 schließt die Gesellschaft mit einem Bilanzverlust von insgesamt 1,67 Millionen Mark ab, in welchem Verlustvorträge aus Vorjahren mit 565 000 Mark enthalten sind. Mit diesem Betriebsergebnis hat die Gesellschaft ihr Stammkapital zur Hälfte aufgebraucht.

Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung von diesem negativen Ergebnis Kenntnis genommen und beschlossen, der „Tochter“ einen Zinszuschuß von 623 000 Mark zu gewähren, um sie liquide zu halten. Der Jahresfehlbetrag von 1,1 Millionen Mark soll auf die neue Rechnung des Jahres 1996 vorgetragen werden.

Wie der Vorsitzende des Aufsichtsrats Bürgermeister Willi Leonhardt in seinem Geschäftsbericht darlegte, sind an dem negativen Ergebnis drei Faktoren schuld: Es fehlte am Eigenkapital, als man in der Marianstraße, am Schneckenberg und in der Hans-Sachsstraße Mietwohnungen baute, außerdem war der Immobilienmarkt „zusammengebrochen“, als man mit den Eigentumswohnungen im „Wohnpark Bächle“ auf den Markt kam. Diese Wohnungen konnten nicht veräußert werden. Der Großteil wird jetzt nur vermietet. Und schließlich habe noch der hohe Aufwand für Instandhaltungen und Modernisierung zum negativen Abschluß beigetragen.

1995 hatte sich die Wohnungsbaugesellschaft auf den Bau von Eigenheim- und Eigentumswohnungen beschränkt, weil man sich „refinanzieren“ wollte, also „neues Geld für den sozialen Wohnungsbau gewinnen wollte“. Von den 56 Eigentumswohnungen im „Bächle“ (in der Kupferhälde) konnte die Gesellschaft aber wegen der veränderten Marktlage nur 18 Wohnungen verkaufen, so daß sie die restlichen leer stehen lassen mußte, beziehungsweise einige vermietete.

Außerdem hatte sich die Wohnungsnachfrage gegenüber dem Vorjahr weiterhin verringert; Nachfragen lagen nur noch zu preisgünstigen Wohnungen für Mietpreise von sechs Mark pro Quadratmeter vor. Und es gab weiterhin Nachfrage durch ausländische Mitbürger.
Die Wohnungsmieten stagnierten durch das große Wohnungsangebot. Sie werden zunehmend durch die ständig steigenden Nebenkosten beeinflußt: Sie machten 1993 bei der Wohnungsbaugesellschaft noch 2,09 Mark pro Quadratmeter aus und sind im Jahr 1995 schon auf 2,34 Mark pro Quadratmeter ange-
stiegen. Durch die Erhöhung der Gebäudeversicherung, der Grundsteuer, von Müll-und Abwassergebühren sind diese Nebenkosten 1996 weiter gestiegen, steht in dem Geschäftsbericht.

Zum Jahresende 1995 hatte die Wohnungsbaugesellschaft einen Bestand von 524 Wohnungen in Bretten, mit einer Fläche von 32 810 Quadratmetern, außerdem noch 371 Pkw-Stellplätze. Zum Bestand zählten 79 Einzimmerwohnungen, 191 Zweizimmerwohnungen, 175 Dreizimmerwohnungen, 73 Vierzimmerwohnungen und sechs Fünfzimmerwohnungen. Die durchschnittliche Kaltmiete pro Wohnung ist 1995 um 0,18 Mark auf durchschnittlich 6,80 Mark pro Quadratmeter gestiegen.

In der Debatte des Gemeinderats bekannten sich Sprecher der Fraktionen als Mitglieder des Aufsichtsrats zu einer „Mitschuld“. „Wir haben die Marktlage falsch eingeschätzt und sind mit unseren Eigentumswohnungen auf den Markt gekommen, als der verlaufen war“, meinte Otto Mansdörfer (Grüne). Der Oberbürgermeister warnte vor allzugroßer Dramatik:
Einig war man sich, daß die Gesellschaft ihre Eigentumswohnungen möglichst rasch verkaufen sollte, „notfalls mit Verlust“. Der Reihenhausbau, den man derzeit pflege, finde einen viel freundlicheren Markt.

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