Zweifel am Nutzen des Lärmschluckers

Nach Abschluss der Bauarbeiten: Anwohner der B 35 in Diedelsheim halten neue Schutzwand für zu niedrig
Behörde spricht von weniger Lärm
Von unserem Redaktionsmitglied Joachim Schultz
Bretten. Nur unter erschwerten Umständen klappt die Verständigung. Obwohl zwischen dem Besucher im Hof und der jungen Frau auf dem Balkon im zweiten Stock nur ein paar Meter liegen, bleibt das Gespräch bruchstückhaft. Das liegt am Lärm. Das Geknatter der beinahe im Sekundentakt vorbeidonnernden Brummis ist so störend, dass man selbst die eigenen Worte nicht mehr versteht. Allenfalls laute Zurufe dringen ans Ohr. Eine ziemlich beschwerliche Kommunikation.
Eigentlich hätte man annehmen können, dass es draußen mit der neuen Lärmschutzwand ruhiger zugeht. Doch viele Bewohner der Bannzaunstraße in Diedelsheim merken von einer Linderung so gut wie nichts. Das Regierungspräsidium als Auftraggeber des Schallschluckers zwischen Alexanderplatz und Saalbachbrücke sprach vor Beginn der Montage der 2,50 Meter hohen Wand von einer „deutlichen Verringerung der Lärmbelästigung“.
Es gibt eine ganze Reihe von Menschen, die mehr von der Wand erwartet haben und die Aussage der Behörde in Karlsruhe anzweifeln. Rolf Steiger in der Kechlerstraße, dessen Haus und Garten etwas oberhalb der Bundesstraße liegen, hält den behördlichen Lärmschutz für alles andere als effektiv. „Wenn überhaupt, ist der Verkehrslärm nur um einen Hauch weniger geworden. Ich nehme keinen Unterschied zu früher wahr. Die Mauer hätte schon höher sein müssen, um etwas zu bewirken.“ Diese Meinung teilen viele B-35-Anwohner. Egal, wen man in der Bannzaunstraße an diesem Vormittag zu Hause oder auf der Straße antrifft, von einer Beruhigung spricht niemand.

Ein Anwohner, der lieber seinen Namen nicht veröffentlicht haben möchte, steht auf seiner Terrasse und blickt auf die Schutzwand am anderen Ende des Gartens. Laster an Laster, Lkw an Lkw – binnen weniger Minuten dröhnen unzählige 40-Tonner vorbei. Seitdem die Wand steht, sieht der Rentner zwar nur noch die obere Hälfte der Brummis, doch das sei der einzige Unterschied zu der Zeit vor der Schutzwand, wie er erzählt. Die Lkw sind noch nicht einmal in Sichtweite, hört man sie bereits. „Wenn die Fahrer Gas geben und die Motoren auf Touren kommen, macht das besonders viel Radau.“ Er finde kaum noch eine ruhige Minute im Garten, vor allem seit der Einführung der Mautpflicht auf den Autobahnen. „In den letzten Jahren hat die Zahl der Schwerlastwagen deutlich zugenommen. Besonders am Freitagnachmittag ist der Lkw-Verkehr eine einzige Katastrophe.“

Im Haus mit der Nummer 16 klagt eine Frau, dass es nun sogar lauter als früher sei. „Wenn die Lkw in Richtung Bruchsal aus der Lärmschutzwand herausfahren, ist ein durchdringendes Geräusch zu hören, das es die ganze Zeit nicht gab. Man muss die Schutzwand um zwei Meter erhöhen und über die Saalbachbrücke weiterführen, damit der Lärm deutlich verringert wird“, betont die Anwohnerin.

Eine Beschwerde über den mangelhaften Lärmschutz habe man erst vor wenigen Tagen Oberbürgermeister Paul Metzger vorgetragen. Metzger hatte schon beim Beginn der Arbeiten für die Diedelsheimer Lärmschutzwand davon gesprochen, dass die Anlieger entlang der Bundesstraße mit dem Ergebnis des Lärmschutzes nicht zufrieden sein werden.
Beim Regierungspräsidium in Karlsruhe geht man von einer „spürbaren Entlastung“ der von Lärm geplagten Anwohner in der Bannzaunstraße aus. Auf der Grundlage mehrerer Kriterien, dazu zählen Schwerverkehrsaufkommen, zulässige Höchstgeschwindigkeit, Beschaffenheit der Straßenoberfläche oder Topografie, wurde die Lärmbelastung berechnet.
Diese Berechnung habe ergeben, dass der Lärm an der B 35 vor dem Bau der Schutzwand am Tag 66,4 Dezibel betragen hat, nachts 60,5 Dezibel. Aktuell lägen die Werte bei 59,9 Dezibel (tagsüber) und in den Nachtstunden 54 Dezibel. Der Bau der Schutzwand sei eine freiwillige Leistung des Bundes gewesen, hebt der Pressesprecher hervor, weil die zulässigen Grenzwerte der Lärmbelastung für Wohngebiete von maximal 70 Dezibel bei Tag und 60 Dezibel nachts eingehalten worden seien.

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