Hauptschulgegner wollen Druck erhöhen

23.11.2007 Stuttgart. Den Druck auf die Landesregierung zur Änderung des dreiteiligen Schulsystems soll erhöht werden. Auf einem Kongress der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an diesem Samstag in Ludwigsburg wollen die Hauptschulgegner die Initiative „Längeres gemeinsames Lernen“ mit neuen Bündnispartnern vorantreiben. 400 Schulleiter aus Baden-Württemberg hätten sich der Initiative bereits angeschlossen, die aus einem offenen Brief an Kultusminister Helmut Rau (CDU) im April entstanden war, sagte der GEW-Landesvorsitzende Rainer Dahlem am Freitag in Stuttgart.

Rau wies die Forderung nach einer Abschaffung der Hauptschule und einer Schule für alle erneut zurück: „Ausschlaggebend für den Bildungserfolg junger Menschen ist die Qualität von Unterricht und Schule. Die Frage der Schulstruktur ist nachrangig.“

CDU-Sprecher gegen zehnjährige gemeinsame Schulzeit
Auch der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Volker Schebesta, sprach sich gegen eine zehnjährige gemeinsame Schulzeit aus: „Das ist mit uns nicht zu machen, ist pädagogisch nicht sinnvoll und entspricht auch nicht dem Willen der Eltern.“

Dahlem warf der Regierung Argumente von „ziemlich niedrigem Niveau“ und eine „große Hilf- und Ratlosigkeit“ vor. Ideal sei es, Schüler zehn Jahre lang gemeinsam in kleinen Klassen zu unterrichten. Vorbehalte hat Dahlem gegen den Vorschlag, alle weiterführenden Schulen außer den Gymnasien in einer Institution zusammenzuführen: „Damit wäre das Problem des Sortierens und Aussonderns zwar abgemildert, aber nicht behoben.“

„Aufteilung macht Leistungen nicht besser“
Der Landesschülerbeirat Baden-Württemberg fordert eine Verlängerung der Grundschulzeit auf sechs Jahre. „Die Entscheidung, welchen Bildungsweg ein Schüler geht, darf nicht schon nach dreieinhalb Jahren fallen“, sagte Landesschülersprecher Frank Wendel. Generell sei eine Aufteilung auf verschiedene Schulen allerdings sinnvoll. „Schüler können sich bis zu einem gewissen Grad untereinander helfen, doch ab einem bestimmten Alter hat es keinen Sinn mehr, alle gemeinsam zu unterrichten“, sagte Wendel.

Der Mitbegründer der Initiative „Längeres gemeinsames Lernen“, Bernd Dieng, sagte, die frühe Aufteilung auf Gymnasium, Haupt- und Realschule schade Kindern und führe nicht zu besseren Leistungen. Man müsse Kinder aller Leistungsniveaus mindestens sechs Jahre lang gemeinsam unterrichten. Nur so könnten Schüler auch voneinander und nicht nur von Lehrern lernen.

Umdenken in Lehrerausbildung gefordert
„Alle erfolgreichen Staaten lassen die Kinder länger zusammen“, sagte Dieng. Zudem sollten Noten später eingeführt und Schulbücher umgeschrieben werden. Letztere müssten Aufgaben in verschiedenen Schwierigkeitsstufen enthalten, damit im Unterricht für jeden eine eigene „Lernlandschaft“ geschaffen werden könne.

Auch Dahlem forderte ein Umdenken in der Lehrerausbildung: „Wir lernen an der Schulen weitgehend immer noch im Gleichschritt und haben nicht gelernt, mit Vielfalt umzugehen.“ Er verspreche sich von dem Kongress am Samstag einen „Schub in der Schulstrukturdebatte in Baden-Württemberg“. Vertreter des Kultusministeriums seien bewusst nicht eingeladen worden. „Wir wollen nicht die elende Debatte der Siebziger-Jahre fortsetzen“, sagte Dahlem.

Rund 700 Klassen – und Schülersprecher haben am Freitag in Rust (Ortenaukreis) auf dem Landesschülerkongress über die Schulpolitik beraten. Der zweitägige Kongress wird vom Landesschülerbeirat – der Interessenvertretung der Schüler – veranstaltet.

red

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