Kassenkampf

Regional- und Kommunalvertreter streiten über die Ansiedlung von Läden

STUTTGART. (RED) Es lässt sich trefflich darüber streiten, ab wann Einkaufszentren und Supermärkte für die Betreiber von Einzelhandelsgeschäften in den Ortszentren eine gefährliche Konkurrenz darstellen. In der Region Stuttgart wird diese Diskussion besonders heftig geführt. Dabei dreht es sich längst nicht allein darum, wie den Einzelhändlern in den Zentren am besten zu helfen wäre. Vertretern vieler Kommunen geht es vielmehr zu weit, in welchem Ausmaß sie sich inzwischen nach Planungsvorgaben von Seiten des Regionalverbands richten müssen.

Hintergrund: Derzeit liegt ein Änderungsentwurf für den Regionalplan zur Einsicht aus. Danach sollen künftig in bestimmten Fällen auch bei der Ansiedlung kleinerer Einzelhandelsgeschäfte außerhalb der Ortskerne Vorgaben aus dem Regionalverband beachtet werden. In bwWoche erklärt Dirk Vallee, technischer Direktor des Verbands Region Stuttgart, was seiner Meinung nach für die Änderungen spricht. Christian Steger, Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags, wendet sich dagegen.

PRO: Dirk Vallee ist leitender Technischer Direktor des Verbands Region Stuttgart

,,Der Verband Region Stuttgart hat im Jahr 2002 mir einer Fortschreibung des Regionalplans konkrete Reglungen für die Ansiedlung großflächiger und überörtlich wirkender Einzelhandelsvorhaben sowie Einkaufszentren getroffen. Diese Vorgaben sind inzwischen allgemein akzeptiert und haben unter anderem dazu beigetragen, dass seither großflächige Einzelhandelsvorhaben nur an regionalplanerisch verträglichen Standorten angesiedelt und die Randsortimente beschränkt wurden.
Die Regelungen haben auch dazu geführt, dass inzwischen einige Betreiber von Lebensmittelvollsortimentern verstärkt zentrennahe Standorte suchen und dafür passgenaue Konzepte entwickelt haben. Kommunen und Verbände sehen die grundsätzliche Steuerungsnotwendigkeit — auch wenn zur Zeit ein Konflikt über die Details zur Regelung der Ansammlung kleinerer Einzelhandelsbetriebe besteht.
In erster Linie geht es dabei um die Sicherung der wohnortnahen Versorgung einer immer älter werdenden Bevölkerung. Zum Zweiten geht es um die in den letzten Jahrzehnten mit Milliarden privater und öffentlicher Gelder attraktiv gestalteten Innenstädte. Eine Verlagerung des Einzelhandels an autoaffine Standorte auf der grünen Wiese würde diese Investitionen konterkarieren und die mit Handel, Dienstleistungen und Wohnen gemischt genutzten urbanen Ortskerne veröden lassen. Gleichzeitig ist festzustellen, dass großflächiger Einzelhandel kaum oder wenig neue Arbeitsplätze schafft. Stattdessen entsteht nur ein ruinöser Verdrängungswettbewerb.
Mit den Festlegungen des Verbands Region Stuttgart soll vermieden werden, dass sich der Einzelhandel in wenigen Kommunen konzentriert und dadurch eine ausgewogene und dezentrale Nahversorgung verloren geht.“

Contra: Christian Steger ist Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags.

,,Das Vorgehen des Verbands Region Stuttgart bei der Ansiedlung und Ergänzung von Einzelhandelsbetrieben halte ich für überzogen. Die Gemeinden kennen den Versorgungsbedarf ihrer Bürger besser. Der Regionalverband sollte sich mit von oben verordneten Beschränkungen zurückhalten.
Die Absicht des Verbands, benachbarte kleine Einzelhandelsbetriebe als großflächigen Einzelhandel zu werten und entsprechend zu begrenzen, ist eine gravierende Einschränkung der örtlichen Planungshoheit. Sie ist rechtlich durch die Raumordnungsgrundsätze in dieser Detailschärfe nicht gedeckt, selbst wenn der Marktauftritt der Discounter ohne Zweifel auch Probleme bringt.
Die Städte und Gemeinden bemühen sich, eine angemessene Versorgung ihrer Bürger mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs zu erhalten. Im Gemeindetag gibt es einen regen Ideen- und Erfahrungsaustausch der Städte und Gemeinden zur Sicherung örtlicher Handels- und Dienstleistungsstrukturen. Da frage ich mich: Hat der Verband Region Stuttgart nichts wichtigeres zu tun, als solche Ansiedlungen und Erweiterungen zu behindern? Es kann nicht auf regionaler Ebene entschieden werden, ob der örtliche Bäcker neben dem Aldi-Markt eine Filiale eröffnen darf. In solchen Fällen müssen die Gemeinden das letzte Wort haben.
Deshalb empfehle ich dem Verband Region Stuttgart, in diesen Dingen mit Augenmaß vorzugehen und die Abstimmung mit den Städten und Gemeinden zu suchen. Der Verband ist auch gar nicht befugt, über jeden Quadratmeter Einzelhandelsfläche zu entscheiden. Wir wollen doch keine Planwirtschaft, sondern müssen froh sein, wenn es im Einzelhandel noch einen gewissen Wettbewerb gibt.“

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