Landesregierung will Flächenverbrauch reduzieren

06.11.2007 Stuttgart. Wenn es um das Thema Flächenverbrauch geht, wird längst nicht mehr in Quadratmetern gerechnet. Die Rede ist von fußballfeldgroßen Gebieten. So sind im vorigen Jahr in Baden-Württemberg täglich Areale der Größe von etwa 14 Fußballplätzen für Straßen, Gewerbe- und Wohngebiete umgewidmet worden. Nach fünf Jahren mit rückläufigem Flächenverbrauch habe es damit wieder einen Anstieg gegeben, sagte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) heute in Stuttgart. Weil die Landesregierung das in Zukunft nicht hinnehmen wolle, habe sie ein Strategieprogramm aufgelegt.

Bundesratsinitiative in Vorbereitung
Die Minister setzen dabei auf Maßnahmen in drei Bereichen: Sie wollen Zuständigkeiten bündeln, Bürgermeister sowie Stadt- und Gemeinderäte informieren und Anreiz- und Steuerungsinstrumente entwickeln. Es sei erstmals der Fall, dass steuerliche Instrumente eingesetzt würden, sagte Umweltministerin Tanja Gönner (CDU). Dazu werde eine Bundesratsinitiative vorbereitet: „Wir wollen durch eine Öffnungsklausel bei der Grundsteuer erreichen, dass die Kommunen mehr Spielraum bei der Steuererhebung bekommen“, erklärte sie. Indem beispielsweise in Innenstädten niedrigere Steuern erhoben würden als am Stadtrand, könnte die Nutzung von Brachflächen vorangetrieben werden. Ein weiterer Anreiz könnten verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und ein neuer Sonderausgabenabzug sein. Darüber hinaus will die Landesregierung bei ihren Förderprogrammen den Flächenverbrauch berücksichtigen.

Bis zum Oktober kommenden Jahres wird im Wirtschaftsministerium geprüft, ob die Genehmigung von Flächennutzungsplänen und nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplänen künftig ausschließlich bei den Regierungspräsidien erfolgen kann. Für Gemeinden mit bis zu 20 000 Einwohnern sind bislang Mitarbeiter in den Landratsämtern zuständig. „Eine Bündelung könnte dazu führen, dass Abstimmungsprobleme vermieden werden“, stellte die Ministerin fest. Sie habe außerdem die Erfahrung gemacht, dass in den Regierungspräsidien über den Bedarf neuer Flächen oft restriktiver entschieden werde als auf anderer Ebene.

„Kosten werden zu wenig berücksichtigt“
Dass in einzelnen Gemeinden der Bedarf überhaupt nicht infrage gestellt wird, hält der Ministerpräsident für problematisch. „In der Erwartung, neue Gewerbebetriebe ansiedeln zu können oder junge Familien zu gewinnen, werden immer noch vielerorts Siedlungsflächen auf Vorrat ausgewiesen“, sagte er: „Dabei werden die dadurch entstehenden Kosten zu wenig berücksichtigt.“ Daher werde es Informationsveranstaltungen zum Thema Flächenverbrauch geben.

Oettinger kündigte an, in einigen Jahren den Flächenverbrauch auf Null reduzieren zu wollen: „Wenn die Bevölkerungszahl in Baden-Württemberg nicht mehr wächst, wollen wir uns der Null nähern.“ Er gehe davon aus, dass das in acht bis zwölf Jahren der Fall sein werde.

mars
06.11.2007

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11 Antworten zu Landesregierung will Flächenverbrauch reduzieren

  1. Alfredo Terra sagt:

    Im Umweltplan Baden-Württemberg steht folgendes:
    Die Böden des Landes in ihrer Fruchtbarkeit und Vielfältigkeit stellen als „Boden-Schatz“ auch im weltweiten Vergleich gesehen ein natürliches Tafelsilber Baden-Württembergs dar.
    …. Vorsorge hat darum beim Bodenschutz höchste Priorität.

    Stellen Sie sich vor Sie bewahren ihr unersetzliches Tafelsilber in einem Panzerschrank auf ( = Schutz höchster Priorität ). Ein Dieb raubt Ihre Kostbarkeiten. Er wird dingfest gemacht und vor Gericht gestellt. Was sagt der Richter? Freispruch! Denn es gibt kein Gesetz nachdem die Versiegelung von Böden( = der Diebstahl von Tafelsilber ) verboten ist.
    Fazit: Das natürliche Tafelsilber des Musterländle ist also Dieben schutzlos preisgegeben!

  2. Fag. sagt:

    Das Problem mit dem Flächenverbrauch wäre leicht und für die Landeskasse sogar gewinnbringend zu lösen. Die Landesregierung müsste nur gesetzlich festschreiben, dass Gemeinden für neu zuziehende Bürger kein „Kopfgeld“ mehr erhalten. Mit etwas ernsthaftem politischen Willen könnte ein solches Gesetz schon Anfang nächsten Jahres seine segensreiche Wirkung entfalten: Der ruinöse Wettbewerb der Gemeinden, sich gegenseitig Bürger und junge Familien abzujagen und dafür fortlaufend neue Baugebiete auszuweisen, wäre beendet. Um ihre Bürger am Ort zu halten wären die Kommunen dann gezwungen, die Lebensqualität ihrer Bürger zu verbessern. Verlärmten Städten mit ungesunder Luft drohten durch Wegzug empfindliche finanzielle Einbußen. Nur mit wirklich wirkungsvollen Umweltschutzmaßnahmen werden Kommunalpolitiker dies künftig verhindern können.

  3. D.L. sagt:

    Oettinger kündigte an, in einigen Jahren den Flächenverbrauch auf Null reduzieren zu wollen: „Wenn die Bevölkerungszahl in Baden-Württemberg nicht mehr wächst, wollen wir uns der Null nähern.“ Er gehe davon aus, dass das in acht bis zwölf Jahren der Fall sein werde.
    In acht bis zwölf Jahren wird Herr Oettinger wohl nicht mehr Ministerpräsident sein. Erst dann will man sich “ der Null nähern“. Dass die Bevölkerungszahl nicht nur in Baden-Württemberg sondern europaweit drastisch und unabänderlich zurückgehen wird, ist längst bekannt und unumstritten. Die Häuser und Fabriken, die heute trotzdem gebaut werden, stehen übermorgen leer! Eine sinnlose Vernichtung von Naturflächen gepaart mit hoher Verschuldung der Gemeinden wird geduldet und unterstützt von „Verantwortung tragenden“ Politikern.

  4. Zumb. sagt:

    Wir haben doch zwei hochrangige Landespolitiker aus Bretten im Landtag: Frau Vogt (SPD) und Herrn Kößler (CDU)!

    Die aber haben bisher bloß absolut keine Meinung zur Reduzierung des Flächenverbrauchs der Landesregierung im allgemeinen erkennen lassen.

    UND ZUM FLÄCHENVERBRAUCH DER STADT BRETTEN (ABHOLZUNG DES RÜDTWALDS) IM BESONDEREN SCHON GAR NICHT!

  5. Proll sagt:

    Das Stichwort unter dem Artikel hat der “Redakteur” zurecht gewählt : Volksverdummung !!

  6. Luchs sagt:

    Hat das bisherige „Strategieprogram“ der Landesregierung etwa so ausgesehen?:
    OB Metzger erhält vorab die Zusage von Landespolitikern, den Rüdtwald in ein „dringend benötigtes“ Gewerbegebiet umwandeln zu dürfen.
    Dann stellt die Stadt Bretten offiziell den Antrag und die Planungsverfahren werden eingeleitet.
    Die beteiligten Behörden erfüllen weisungsgemäß die Wünsche der Stadt und erteilen die Rodungsgenehmigung.
    Gleichzeitig beklagen Raumplanungsbehörden und die Frau Ministerin den unverantwortlich hohen Flächenverbrauch.

    Diese Strategie ist einfach und leicht durchschaubar: Man lässt die Gemeinden „wurschteln“ und erfüllt ihnen ihre Flächenwünsche. Und dann klagt man lautstark das an, was man doch selber genehmigt hat!

  7. W.F. sagt:

    Appellieren und fordern ist besser als nichts tun. Aber leider auch genauso wirkungslos!

  8. Fragezeichen sagt:

    Hat die Landesregierung jetzt erkannt, dass ihre bisherige Umweltpolitik des Appellierens und freundlichen Zuredens versagt hat? Haben die Landespolitiker endlich eingesehen, dass der verheerende Flächenverbrauch in unserem Land von den unersättlichen Kommunalpolitikern vorangetrieben wird? Und – sind die wiederholten Presserklärungen aus Stuttgart nicht ein Zeichen großer Hilflosigkeit und Ohnmacht gegenüber den mächtigen Rathausfürsten? Es genügt nicht der Katze die Schelle umzuhängen. Jetzt gilt es die vielen beissenden Hofhunde endlich an die Kette zu legen! Nur mit scharfen Gesetzen lassen sich flächenfressende Gemeinden in die Schranken weisen.

  9. g-h-o sagt:

    Es „wird im Wirtschaftsministerium geprüft, ob die Genehmigung von Flächennutzungsplänen und nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelten Bebauungsplänen künftig ausschließlich bei den Regierungspräsidien erfolgen kann.“ Bisher hat das Wirtschaftsministerium den Flächenfraß der Gemeinden – und damit den Raubbau an der Natur – tatkräftig unterstützt. So wurden allein in Bretten gleich drei sogenannte „Zielabweichungsverfahren“ genehmigt und damit auch „Grünes Licht“ für die Abholzung des Rüdtwaldes erteilt.

  10. Quercus sagt:

    Weil die Landesregierung einen weiteren Flächenverbrauch „in Zukunft nicht hinnehmen wolle, habe sie ein Strategieprogramm aufgelegt.“ Dieses Programm wird aber genau so wirkungslos sein wie die schon einige Jahre alten Flächenspar-Appelle der damaligen Minister Döhring und Müller. Dieser an die Regierungspräsidien, Landratsämter, Planungsbehörden und Gemeinden gerichtete Aufruf ist bis heute völlig wirkungslos geblieben. Warum? Weil die Gemeinden in Baden-Württemberg die Planungshoheit besitzen und weder Landespolitiker noch Raumordungsbehörden nicht bereit sind, diese „heilige Kuh“ zu schlachten!

  11. mm sagt:

    siehe Petition Rüdtwald und das Fehlen einer Antwort auf das Schreiben von BUND und BAK an Frau Gönner! Das ist doch wirklich in seiner Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten!

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