SPD trauert, FDP feiert auf der Straße

Bei der Europawahl liegt Bretten im Trend / Wahlbeteiligung rund 51 Prozent
Von unserem Redaktionsmitglied Thilo Kampf
Bretten. Keine Spur von Politikverdrossenheit im Brettener Raum: Mit knapp 51 Prozent lag die Wahlbeteiligung in der Melanchthonstadt zwar leicht unter der bei der Europawahl 2004 – aber deutlich höher als im europäischen Durchschnitt (43 Prozent). Dass so viele Wahlberechtigte zu den Urnen strömten – trotz des durchwachsenen Wetters, hätte Bürgermeister Willi Leonhardt „diesmal eigentlich nicht erwartet“. (Siehe auch „Aus der Region“.)

Die meisten Brettener gaben ihre Stimmen erst am Nachmittag ab. „Wir saßen den ganzen Vormittag da und haben Däumchen gedreht“, berichtete ein Wahlvorstand. Laut Wahl-Organisator Achim Kleinhans gaben bis 10 Uhr gerade mal 4,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Gegen 14 Uhr waren es immerhin schon 24,4 Prozent, und bis 16 Uhr hatten 36,6 Prozent ihre Kreuzchen gemacht. Dann aber gab es nochmals einen regelrechten Schub in den Wahllokalen – und mancher Wähler musste gar eine Viertelstunde warten, bis er zur Tat schreiten durfte.

Um einiges höher als in der Großen Kreisstadt Bretten lag die Wahlbeteiligung in den umliegenden Kommunen, wobei Kürnbach mit 61,6 Prozent den Spitzenreiter im nördlichen Landkreis markierte. Das Schwarzrieslingdorf meldete übrigens bereits 58 Minuten nach Schließung der Wahllokale die Ergebnisse der Europawahl. Die 9 985 Stimmen aus Bretten waren – wie von EDV-Chef Achim Kleinhans zuvor kalkuliert – Punkt 20 Uhr ausgezählt und das Ergebnis umgehend ins Landratsamt Karlsruhe weitergeleitet worden.

Wie im Bund und im Land war auch in Bretten die FDP der große Wahlgewinner. Kaum flimmerten die ersten Hochrechnungen über die Bildschirme, knallten denn auch im und vor dem Bürgerbüro des Bundestagsabgeordneten Patrick Meinhardt in der Pforzheimer Straße die Sektkorken: „Für die FDP ist das das beste Ergebnis, was wir je bei Europawahlen erzielt haben“, strahlte Meinhardt im Kreise seiner Parteifreunde, darunter die Europa-Kandidaten Annette Steiner (Karlsruhe-Land) und Sven Jäger (Baden-Baden). Stadträtin Karin Gillardon gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass viele Brettener nicht nur ihr Kreuzchen bei der Europawahl für die Liberalen machten, sondern die FDP auch auf kommunaler Ebene unterstützten. Sie prognostiziere „mindestens einen Sitz Zugewinn“ im Gemeinderat.

Betretene Gesichter dagegen bei den Brettener Sozialdemokraten, darunter Stadträtin Renate Knauss, die im Großen Ratssaal die Europawahl verfolgt hatten. Mit 17,5 Prozent fuhr die SPD in Bretten ihr schlechtestes Ergebnis bei Europawahlen ein. Kein schöner Wahlabend auch für das Brettener SPD-Urgestein Horst Seefeld, der am Nachmittag mit Frau Anny im evangelischen Altenheim im Brettspiel zur Wahl gegangen war.

Von 1970 bis 1989 saß der Brettener im Europaparlament. Noch heute nehme er an Sitzungen „seiner“ Fraktion teil, wirke ansonsten als „Berater für Europafragen“, erklärte Seefeld, der am Sonntag seine siebte Europawahl erlebte. Erfreulich sei, dass die Bedeutung des Brüsseler Parlaments ausgeweitet worden sei. „Vor 30 Jahren hatte das Europaparlament noch wenige Kompetenzen. Aber heute kann kaum noch etwas gegen das Parlament gemacht werden.“

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