Statt neuer Kredite Abbau der alten Schulden

Halbjahresbericht: Bretten wird 2006 deutlich mehr Gewerbesteuern einnehmen als im Haushalt vorgesehen
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier
Bretten. „Wir ernten jetzt die Früchte der Anstrengungen der letzten Jahre“ freute sich Oberbürgermeister Metzger, als er in der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause den Halbjahresbericht zur Finanzlage der Stadt Bretten kommentierte. Das von Finanzbürgermeister Willi Leonhardt erarbeitete Papier weist deutliche höhere Einnahmen aus als im Haushaltsplan vorgesehen – vor allem bei der Gewerbesteuer. 13 Millionen Euro waren in dem Zahlenwerk veranschlagt, „nach den aktuellen Daten werden es 17 Millionen plus X sein“, erklärte der Oberbürgermeister. Zwar bedeuten höhere Gewerbesteuereinnahmen aus höhere Umlagezahlungen, unter dem Strich bleiben für die Stadt Bretten aber gut zweieinhalb Millionen Euro übrig. Weil es sich zu einem guten Teil um Nachzahlungen aus früheren Jahren handelt, bekommt die Stadt überdies auch noch Zinsen gutgeschrieben. Zins-Mehreinnahmen von rund 300 000 Mark sieht der aktuelle Finanzbericht vor. Da die gute Liquidität der Stadtkasse andererseits die Aufnahme von Darlehen unnötig machte, rechnet Bürgermeister Leonhardt mit Zinseinsparungen von bis zu 100 000 Euro.

Doch nicht nur die Brettener Firmen tragen zum Wohlergehen der Stadtkasse bei. Auch die Brettener Bürger leisten mit ihrer Einkommensteuer ihren Anteil: Nach der jüngsten Steuerschätzung kann die Stadt hier mit Mehreinnahmen von rund 250 000 Euro rechnen. Weitere 100 000 Euro gibt es zusätzlichen Zuweisungen nach der mangelnden Steuerkraft.
Der Geldsegen im Verwaltungshaushalt hat natürlich auch seine Auswirkungen auf den Vermögenshaushalt, der die Investitionen der Stadt und deren Finanzierung beschreibt. So kann die Zuführung vom Verwaltungshaushalt deutlich verbessert werden. Geplant waren zunächst nur 511 000 Euro, das wäre weniger als ein Drittel des gesetzlichen Mindestbetrags gewesen. Nun werden es wohl 2,5 bis drei Millionen Euro werden, heißt es im Finanzbericht. Das ermöglicht nicht nur, auf die ursprüngliche geplante Kapitalentnahme bei den Stadtwerken zu verzichten. Statt neuer Schulden (vorgesehen war eine Darlehensneuaufnahme von 1,7 Millionen Euro) kann die Stadt nun alte Verbindlichkeiten tilgen. Der städtische Schuldenberg werde dadurch in diesem Jahr voraussichtlich von 35 Millionen auf 33,25 Millionen Euro schrumpfen, heißt es in dem Bericht. Für die Pro-Kopf-Verschuldung bedeutet dies eine Verminderung von 63 Euro auf 1 187 Euro.
„Ein Super-Ergebnis“, freute sich CDU-Sprecher Michael Nöltner, warnte aber zugleich vor zu großer Euphorie, handele es sich doch bei den Gewerbesteuereinnahmen teils um Nachzahlungen, die nicht regelmäßig zu erwarten sind. Richtig sei es, dass die Mehreinnahmen voll zur Schuldentilgung verwendet werden. Heidemarie Leins (FWV/LUB) sah in dem Ergebnis Auswirkungen der anziehenden Konjunktur, schloss aber auch Auswirkungen der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung nicht aus. Wichtig sei der Schuldenabbau, neue Investitionen müssten stets auf ihre finanziellen Auswirkungen überprüft werden.

Heinz Lang (SPD) unterstrich die Bedeutung des Schutzes und der Schaffung von Arbeitsplätzen in Bretten. Derzeit erlebe man das Ergebnis entsprechender Bemühungen. Man könne aber nicht damit rechnen, dass dieser Zustand konstant bleibt. Es gelte auch, antizyklische Reaktionen ins Auge zu fassen und Aufgaben bei der Verkehrsstruktur und bei der Jugend- und Sozialarbeit nicht zu vergessen.
Eine „historische Chance“ für den Durchbruch, die Neuverschuldung zu vermeiden und schulden abzubauen sah Harald Müller von der Fraktion der Grünen. Möglich sei dies aber nur mit konsequentem Verhalten. Doch dieses lohne sich, denn die geringere Zinsbelastung, die sich daraus ergibt, verschaffe der Stadt neuen Spielraum. Auch Prof. Alex Veit (FWV/VBU) drückte seine Genugtuung über die finanzielle Entwicklung aus, die zu einer geringeren Pro-Kopf-Verschuldung führt.

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6 Antworten zu Statt neuer Kredite Abbau der alten Schulden

  1. mm sagt:

    Siehe dazu auch den Artikel : „Arroganz und Ignoranz“ vom 14.7.2006

  2. dr sagt:

    Der Gemeinderat hat so etwas „in den letzten Jahren“ geduldet, „weil viele Wünche nicht realisiert und gleichzeitig Standards abgelehnt wurden. Dies hat allerdings zur Folge, dass z.T. bei öffentlichen Einrichtungen, Straßen, Wegen und Plätzen Unterhaltungsrückstände erkennbar sind.“
    Der Gemeinderat hat die Gemeindeverwaltung zu kontrollieren. Er sorgt bei Auftreten von Mißständen, jedoch nur, wenn er sie erkennt, in der Gemeindeverwaltung für deren Beseitigung durch den Bürgermeister. Weil der Gemeinderat in den letzten Jahren Entsprechendes nicht erkannte, konnte er auch keine Beschlüsse darüber fassen und diese überwachen.
    Insoweit kann man Herrn Oberbürgermeister Paul Metzger keinerlei Mißstände vorwerfen, die er zu beseitigen gehabt hätte.

  3. fc sagt:

    Hätten die Stadträtinnen und Stadträte Ihre Vorlage zur Gemeinderatssitzung vom 31.07.06 ernst genommen, so wären die Aussprüche wie „Ein Super-Ergebnis“, „anziehende Konjunktur“, „entsprechende Bemühungen“, historische Chance“ oder gar die „Genugtuung über die finanzielle Entwicklung“ nie zustande gekommen. Denn in der Vorlage steht klipp und klar geschrieben warum es möglich war die verbesserten Finanzen darzulegen.
    Zitat:
    „Festzustellen ist, dass sich die Finanzkraft der Stadt Bretten in den letzten Jahren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kontinuierlich verbessert hat. DIES WAR NUR MÖGLICH, weil viele Wünsche nicht realisiert und gleichzeitig Standards abgelehnt wurden. Dies hat allerdings zur Folge, dass z.T. bei öffentlichen Einrichtungen, Straßen, Wegen und Plätzen Unterhaltungsrückstände erkennbar sind.“

    Hierbei handelt es sich ausschließlich um Pflichtaufgaben. Wie kann der Gemeinderat so etwas dulden, wenn die Vorschrift wie folgt lautet: „Bevor sich die Gemeinde freiwilligen Aufgaben zuwendet, muss die dauernde Erfüllung der Pflichtaufgaben gesichert sein (sachlicher Vorrang der Pflichtaufgaben).“

  4. -rl- sagt:

    Wer die Gewerbesteuer als Melkkuh der Nation sieht, hat wohl die Marktwirtschaft nicht verstanden.
    1. Alleine die Nachzahlungen von rund 4 Millionen Euro von 2 Betrieben aus früheren Jahren senkt die Gewerbesteuer z.Zt. auf ca. 13 Millionen Euro. Das ist unwesentlich mehr als die realen Einnahmen von 12,2 Millionen aus 2005. Außerdem hat die Stadt Bretten im Jahr 2003 tatsächlich schon einmal 13,3 Millionen Euro an Gewerbesteuer eingenommen. Also wohl kein Verdienst der „entsprechenden Bemühungen“.
    2. Was hätte die Investition an Stelle der Gewerbesteuer von 4 Millionen Euro wohl gebracht? Auf jeden Fall mehr Arbeitsplätze und die werden nie wieder für dieses Geld entstehen.
    3. Ist die allgemeine Steigerung der Gewerbesteuer im Jahre 2006 nicht einfach und schlicht darauf zurückzuführen, dass die Betriebe in den letzten Jahren – mangels Vertrauens in die Politik (letztes Jahr waren auch noch die Wahlen) – ihre Investitionen zurückgefahren haben und dadurch ihre Gewinne erhöhen konnten?
    Wenn aber ein Betrieb nicht investiert, reduzieren sich über kurz oder lang auch die Arbeitsplätze. Unter diesem Aspekt müssten sich die Gemeinden über die rückläufige Gewerbesteuer freuen. Allerdings fällt es den Entscheidern schwer – da war auch der Gemeinderat dabei – die angehäuften Schulden und die laufenden Kosten anderwärtig zu bedienen. Nicht die Betriebe und schon gar nicht die Steuerzahler haben aber die öffentlichen Schulden gemacht. Nun wird es noch dicker kommen, sagen nicht nur die „Hellseher“.
    Warum verlassen den so viele Betriebe deutsche Standorte? Sieht vielleicht so die politisch gewollte Arbeitsplatzvernichtung aus?

  5. ghg sagt:

    „Wir ernten jetzt die Früchte der Anstrengungen der letzten Jahre“, so Metzger. Was sind das für Früchte, wenn der städtische Schuldenberg in diesem Jahr voraussichtlich – um fünf Prozent = 1,75 Millionen Euro – auf sage und schreibe 33,25 Millionen Euro – schrumpfen wird? Das Halbjahresergebnis reicht gerade mal dazu aus, eine aktuelle Neuverschuldung zu vermeiden und die erdrückende Zins- und Tilgungslast ein wenig erträglicher zu machen. Die Große Kreisstadt Bretten steht somit leider immer noch an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Wenn das Halbjahresergebnis von einem Mitglied des Gemeinderates in öffentlicher Sitzung als „ein Super-Ergebnis“, von einem anderen als „historische Chance“ bezeichnet wird – und das sogar noch unerwidert bleibt – dann hat man nach wie vor die Lage des städtischen Haushalts nicht im kritischen, geschweige denn im fachlichen Blick. Ist Selbstbeweihräucherung inzwischen Ersatz oder Bestandteil der städtischen Finanzpolitik?

  6. mm sagt:

    Bitte schauen sie sich doch mal die Artikel in der Rubrik Finanzen an : da berichtet das statistische Bundesamt am 30.6.2006: Plus bei öffentlichen Einnahmen von 8,4% im ersten Quartal 2006.
    Oder die Pforzheimer Zeitung vom 20.6.2006 : Steuern füllen die Rathaus-Kassen…..Goldener Oktober bei der Gewerbesteuer….In Knittlingen haben sich die Gewerbesteuern seit 2004 verdoppelt….Die schwäbischen Kämmerer von Mühlacker bis Maulbronn haben ihre Klagelieder eingestellt.
    Oder in den SWR-Nachrichten vom 10.8.2006 : Viele Städte in der Region erwarten in diesem Jahr höhere Gewerbesteuereinnahmen. Aufgrund der guten Geschäftslage der Unternehmen haben die Kommunen ihre Einnahmeprognosen nach oben korrigiert., sowie in den BNN vom 9.8.2006 : Warmer Geldregen lässt Schulden schmelzen….Überraschend gute Ergebnisse bei der Gewerbesteuer.
    In Bretten wird nun so getan, als ob es diese landesweite Steigerung nur hier gäbe, das Spiel mit den zu niedrig angesetzten Planzahlen, die man dann „unerwarteterweise“ übertrifft ist ja inzwischen ebenfalls allgemein bekannt.
    Bleibt also : Bretten liegt im allgemeinen Trend, nicht mehr und nicht weniger, nur „die Gosch“ ist hierzulande etwas grösser -:)

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