Nach acht Jahren: Rüdtwald-Plan beschlossen

Satzung für die Erweiterung des Industriegebiets Gölshausen / Ziehen die Gegner jetzt vor Gericht?
Von unserem Redaktionsmitglied Rudolf Baier Bretten.
„Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns endlich Taten sehen“ – der Redebeitrag des SPD-Fraktionssprechers Werner Hellebrand zum Thema Rüdtwald in der jüngsten Gemeinderatssitzung fiel denkbar knapp aus. Und auch CDU-Sprecher Michael Nöltner fasste sich extrem kurz: „Wir haben lange genug diskutiert.“ Seit acht Jahren steht die Erweiterung des Industriegebiets Gölshausen in den Rüdtwald hinein immer wieder auf der Tagesordnung des Brettener Gemeinderats, am Montagabend sollte nun die Satzung des entsprechenden Bebauungsplans beschlossen werden. Die Abstimmung ergab eine klare Mehrheit für das Vorhaben, das eine Fläche von 22 Hektar betrifft. Fünf Gegenstimmen kamen von den Grünen und aus der FWV/LUB-Fraktion.Dabei hatte Dr. Frank Altenstetter (FWV/LUB) noch mit einem Antrag zur Geschäftsordnung versucht, die Abstimmung aufzuschieben. Unterlagen zum Waldumwandlungsverfahren seien nur unvollständig veröffentlicht worden. Weder die Stadtverwaltung noch die Ratsmehrheit teilten diese Auffassung. Mit großer Mehrheit wurde der Antrag auf Absetzung abgelehnt.Wie überaus kompliziert das Verfahren für die Erweiterung des Industriegebiets ist, rief Oberbürgermeister Metzger in Erinnerung. „Kein Bürger begreift, mehr, was hier alles an Genehmigungen nebeneinander her läuft. Die Masse der Leute schüttelt den Kopf über die hier praktizierte Bürokratie“. Dabei gehe es für die Stadt Bretten um wichtige Ziele wie die Lösung der Probleme im Rinklinger Tal. Die Firma Deuerer verhandele mit der Stadt über eine Verlagerung in den Rüdtwald. Auch deshalb sei es endlich an der Zeit, den Satzungsbeschluss zu fassen.

Die Erweiterung des Industriegebiets Gölshausen sei dem Eigenbedarf der Stadt Brettern zuzuordnen, erklärte der OB und ging auch auf die immer wieder geäußerte Forderung nach gemeinsamen Lösungen mit den Brettener Nachbarkommunen ein. „Ich stehe interkommunalen Ansätzen positiv gegenüber. Aber in der Nachbarschaft haben sie andere Interessen.“ Harsch kritisierte Metzger, dass etwa Knittlingen unmittelbar an der Grenze zu Bretten ein überdimensioniertes Industriegebiet ausweisen wolle, sich darüber aber „kein Mensch aufregt.“„Sinn und Zweck dieses Gebiets erscheinen für die Stadtentwicklung Brettens unausgewogener denn je,“ begründete Otto Mansdörfer von den Grünen die Ablehnung des Vorhabens durch seine Fraktion aus grundsätzlichen inhaltlichen Gründen. Die Inanspruchnahme eines Teils des Rüdtwalds für die Industrieansiedlung sei nicht wiederholbar. Nutzen und Schaden für die Große Kreisstadt Bretten stünden in einem besonders ungünstigen Verhältnis. „Noch nie wurden Gewerbeflächen in Bretten zu einem solch hohen Preis – erschließungsökonomisch, ökologisch und politisch – erkauft.“
Negativ äußerte sich auch Heidemarie Leins (FWV/LUB), bemängelte unter anderem Unklarheiten und Sollvorschriften in dem Bebauungsplan.
Ablehnung kam auch vom Ortschaftsrat Gölshausen. Das zentrale Industriegebiet der Großen Kreisstadt sei mit 70 Hektar mehr als genug für den Stadtteil, erklärte Ortsvorsteher Manfred Hartmann. Deshalb lehne der Ortschaftsrat die Umwandlung eines Teils des Rüdtwalds in ein Industriegebiet aus grundsätzlichen Erwägungen ab, heißt es in einer letzte Woche vom Ortschaftsrat verabschiedeten Stellungnahme. Skeptisch fragen die Gölshäuser auch, ob entgegen einem hydrologischen Gutachten nicht doch die Kanalisation des Stadtteils überlastet wird und Überschwemmungen drohen.
Nach dem Satzungsbeschluss geht Oberbürgermeister Metzger davon aus, dass nach Erteilung der Ausstockungsgenehmigung bereits im bevorstehenden Winterhalbjahr mit Rodungsarbeiten im Rüdtwald begonnen werden kann, um die Erschließung des ersten Abschnitts vorzubereiten. Sicher ist das aber nicht. Metzger hält es für möglich, dass die Rüdtwald-Gegner nun den juristischen Weg beschreiten und vor Gericht ziehen. „Ein Normenkontrollverfahren wird Hunderttausende kosten“, sorgte sich der OB. Und außerdem könne es sich über Jahre hinziehen.

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5 Antworten zu Nach acht Jahren: Rüdtwald-Plan beschlossen

  1. ak sagt:

    Die unter Punkt 1. genannten fünf Gegenstimmen können sich überlegen, ob sie auf der Grundlage des vom Verfassers „wf“ zitierten Leitsatzes eines Urteils des Bundesgerichtshofes den Mehrheitsbeschluss ihrer Kolleginnen und Kollegen im Gremium weiter tolerieren.

    „DIE MITGLIEDER VON RATSGREMIEN MÜSSEN SICH AUF IHRE ENTSCHEIDUNGEN SORGFÄLTIG VORBEREITEN UND, SOWEIT IHNEN DIE EIGENE SACHKUNDE FEHLT, DEN RAT IHRER VERWALTUNG ODER DIE EMPFEHLUNG VON SONSTIGEN FACHBEHÖRDEN EINHOLEN BZW. NOTFALLS SOGAR AUSSERHALB DER VERWALTNG STEHENDE SACHVERSTÄNDIGE ZUZIEHEN.“

    Der Rat der Verwaltung war faktisch nicht vorhanden, sondern nur deren dringender Wunsch, „JA“-Stimmen zu bekommen. Kein einzelnes Gemeinderatsmitglied wird sich nach veränderter Sachlage (Waldumwandlungserklärung) zwecks Empfehlung an die Körperschaftsforstdirektion Freiburg gewandt haben. Ebenso wird von ihnen nicht ein einziger Sachverständiger hinzugezogen worden sein.

    Daraus lässt sich ableiten, dass der obige Leitsatz des höchstrichterlichen Urteils – aus Unkenntnis heraus – was verständlich, aber nicht entschuldbar ist, nicht beachtet wurde. Was eine derartige Verhaltensweise für den Mehrheitsbeschluss bedeutet, muss nun den fünf Abweichlern endgültig klar geworden sein.

  2. wf sagt:

    Zu meinem Kommentar unter 2. von oberhalb 8. August 2006:“ Harsch kritisierte Metzger, dass etwa Knittlingen unmittelbar an den Grenzen zu Bretten ein überdimensioniertes Industriegebiet ausweisen wolle, sich darüber aber kein Mensch aufregt.“

    Dazu ist im Pressespiegel des BAK Bretten folgendes nachzulesen.

    „Die Fakten liegen auf dem Tisch“ Pforzheimer Zeitung vom 13.01.2005. „Region setzt Knittlingen Ultimatum“, Regionalverband Nordschwarzwald, Pforzheimer Zeitung vom 16.12.2004. „Konkrete Pläne gefordert“, Pforzheimer Zeitung vom 14.12.2004.

    „Kritik an Knittlinger Gewerbegebiet“, Pforzheimer Zeitung vom 03.12.2004: BUND „hält Flächenausweitung für überdimensioniert“ – Frage nach der Vermarktung aufgeworfen „Teure Infrastruktur“.

    „Debatte um Gewerbegebiet im Regionalverband Nordschwarzwald“, Pforzheimer Zeitung vom 10.04.2004.

    Nach Herrn Metzger „regt sich darüber aber kein Mensch auf“. Wieder einmal zeigt er seinen Gemeinderäten auf, wo es lang zu gehen hat. Zu dieser Behauptung hat es keine Frage gegeben. Der kritische Zeitungsleser ist allerdings nicht so unkritisch. Er ist zu einem völlig anderen Urteil der Sachlage gelangt. Es bleibt Herrn Metzger unbenommen, Stellungnahme zu beziehen und die Presseberichte der Pforzheimer Zeitung zu entkräften. An die Adresse von Herrn Oberbürgermeister Paul Metzger: Machen Sie so weiter, Sie sind argumentativ auf dem richtigen Weg!

  3. ak sagt:

    Die Erweiterung des Industriegebietes Gölshausen sei dem Eigenbedarf der Stadt Bretten zuzuordnen, erklärte der OB und ging auch auf die immer wieder geäußerte Forderung nach gemeinsamen Lösungen mit den Brettener Nachbarkommunen ein.
    „Ich stehe interkommunalen Ansätzen positiv gegenüber. Aber in der Nachbarschaft haben sie andere Interessen.“
    Zitat aus der Gemeinderatssitzung vom 25.01.2005: „Solange ich in Bretten Oberbürgermeister bin, gibt es mit Oberderdingen keine interkommunale Zusammenarbeit.“

  4. wf sagt:

    „Harsch kritisierte Metzger, dass etwa Knittlingen unmittelbar an der Grenze zu Bretten ein überdimensioniertes Industriegebiet ausweisen wolle, sich darüber aber kein Mensch aufregt.“
    Wenn sich ein Mensch in erster Linie darüber aufregt, sollte es ein Knittlinger sein. Ein Brettener sollte sich zurückhalten. Der politisch verantwortliche Kollege im Amt in Knittlingen redet dem Brettener OB auch nicht in die Grösse und Lage seiner Gewerbegebiete rein. Zumindest konnte man so etwas noch nicht in den BNN lesen.
    Fazit: Herr Metzger, bleiben Sie mit Ihrer Planungshoheit auf Brettener Gemarkung! Stimmungsmache gegenüber dem Nachbarn Knittlingen bringt Ihnen nichts ein und ändert an der Sachlage überhaupt nichts.

  5. wf sagt:

    Man muss die fünf Gegenstimmen von den Grünen sowie FWV/LUB-Fraktion anerkennen, die sich gegen den Abstimmungsvorschlag der Verwaltung gerichtet haben. Sie haben mit guten Begründungen Standfestigkeit in der Sache bewiesen. Ebenso zu nennen ist der Vorsitzende des Ortschaftsrates Gölshausen, der die ablehnende Stellungnahme des Ortschaftsrates begründete.

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