US-Bankenkrise kostet Milliarden

Für die deutsche Wirtschaft erwarten Experten nun eine Delle für die Konjunktur
Von Rochus Görgen und Roland Freund
New York/Frankfurt. Banken-Crash, Rettungsaktionen, Krisentreffen — rund ein Jahr nach dem Ausbruch der Kreditkrise in den USA schrillen die Alarmglocken lauter denn je. Mit Hochdruck sucht die US-Regierung nach milliardenschweren Beruhigungspillen für die Finanzmärkte. Für die deutsche Wirtschaft erwarten Experten eine neue Schockwelle. „Die eigentliche Krise steht noch vor uns“, warnte Banken-Experte Martin Faust von der Frankfurt School of Finance.


Auch wenn Fachleute in Deutschland keine Bankenpleite wie gerade beim Crash der US-Bausparbank IndyMac befürchten, rechnen sie dennoch mit einer Delle für die Konjunktur. „Es ist sehr schwierig zu sagen, ob sich Europa abkoppeln kann“, sagte Faust. Für die US-Regierung ist der von ihr unterstützte amerikanische Traum vom eigenen Heim zum Alptraum geworden. So sitzt sie bei der Rettung der krisengeschüttelten größten US-Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac in der Klemme. In der Stunde der Not muss sie eingreifen — kann aber nicht helfen, wenn es hart auf hart kommen sollte. Beharrlich wehrt Finanzminister Henry Paulson Spekulationen über eine vielleicht sogar nötige Verstaatlichung ab. Der Grund: Der Staat könnte es sich nach Einschätzung von Experten angesichts seiner Schuldenlasten gar nicht leisten. Paulson schnürte nun stattdessen ein milliardenschweres Hilfspaket für Fannie Mae und Freddie Mac. Selbst Experten wissen aber nicht, ob das für die taumelnden Riesen reicht, die mehr als jeden zweiten US-Hauskredit finanzieren. Einen Zusammenbruch der beiden Institute erwartet Schiereck aber angesichts ihrer Bedeutung nicht. „Die können sie nicht pleitegehen lassen.“
Kritiker der Regierung beklagen jetzt schon einen Sündenfall mit schweren Folgen. Rettungsaktionen wie für Fannie und Freddie sowie im Frühjahr per Notenbankkredit für die nunmehr verkaufte Investmentbank Bear Stearns weckten bei Anlegern nur Begehrlichkeiten nach weiteren staatlichen Hilfen für das Versagen börsennotierter Unternehmen. Nach dem Zusammenbruch von IndyMac am Freitag bereitet der Branche die immer länger werdende Liste weiterer bedrohter Banken Sorge. Schätzungen reichen von 90 bis 150 gefährdeten Instituten unter den landesweit 7 500 Banken. Auch nach Ansicht Fausts könnten weitere US-Banken untergehen. „Ich glaube aber nicht, dass wir in Deutschland die Insolvenz einer Bank sehen.“ Dazu sei die Hypothekenkrise zu sehr ein �amerikanisches Problem“, sagte er. Zuletzt erlebten die Vereinigten Staaten in den späten 80er und frühen 90er Jahren einen Massenexodus in der Bankenbranche. In der schwersten Branchenkrise seit der Großen Depression machten damals mehr als 1 000 Kreditgeber und Sparkassen dicht.
Verfechter einer strikten Marktwirtschaft sprechen von einer nötigen Bereinigung in den USA. Doch was, wenn bei der Rosskur zu viele Patienten sterben? US-Börsenguru Jim Cramer: „Die Wall Street war immer so etwas wie ein viermotoriges Flugzeug, das auch nach Ausfall eines Triebwerks weiterfliegen konnte. Nun aber sind alle Antriebe auf einmal ausgefallen.“

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7 Antworten zu US-Bankenkrise kostet Milliarden

  1. G. H. sagt:

    Ob JPMorgan Chase und/oder Bischof von Limburg:

    Für beides gilt gleichermaßen der Zusammenhang zwischen Gier, Leere, Abhängigkeiten und Doppelmoral! 🙁

  2. G-R sagt:

    Artikel 3 Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland:

    (1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

    Steht schon viel zu lange auf dem Papier und müsste dringend geändert werden in:

    Vor dem Gesetz ja – nicht vor dem Gericht!

  3. G. H. sagt:

    „US-Bankenkrise kostet Milliarden“
    Der obige Artikel ist vom 15. Juli 2008.

    Und heute:

    BNN
    WIRTSCHAFT
    „US-Bank zahlt 13 Milliarden Dollar

    Die US-Justiz hat den Rekord-Vergleich mit der Großbank JPMorgan Chase wegen dubioser Geschäfte mit Immobilienkrediten vor und während der Finanzkrise offiziell bestätigt. Das US-Geldinstitut habe den Deal im Umfang von 13 Milliarden Dollar (9,6 Milliarden Euro) akzeptiert, teilte der Justizminister des Bundesstaats New York, Eric Schneidermann, gestern mit. Der Vergleich beinhaltet den Angaben zufolge Hilfen für überschuldete Hausbesitzer im Umfang von vier Milliarden Dollar sowie Zahlungen an Behörden und Investoren. Im Gegenzug stellt die Justiz mehrere Ermittlungen und Verfahren gegen JPMorgan ein.“

    Rechtsstaatlichkeit hat doch etwas mit Geld zu tun oder eher nicht? Kann man diesen Vorgang als dubioses juristisches Geschäft bezeichnen?

    Ein Parallelbeispiel

    Einstellung des Verfahrens (Strafverfolgung) wegen falscher eidesstattlicher Versicherung eines deutschen Würdenträgers = Bischofs gegen Zahlung einer Geldstrafe:

    Rechtsstaatlichkeit hat doch etwas mit Geld zu tun oder eher nicht? Kann man diesen Vorgang als dubioses juristisches Geschäft bezeichnen?

    Fazit: Geldzahlungen sorgen hüben wie drüben dafür, dass Ermittlungen und Strafverfolgungsverfahren eingestellt werden: Für einen US-Justizminister: Ein Deal!

  4. -is- sagt:

    Zum Kommentar -rl- letzter Satz

    „Was sollen die Menschen denn glauben, wenn sich selbst die „Experten“ nicht einig sind?“

    Gegenfrage:
    In welchen Wissensgebieten gibt es in Deutschland echte Experten?

    Etwa bei den Banken?

    Und wie können sich die in den Banken bei ihrem Ausverkauf noch einig sein?

  5. Lars sagt:

    Wem haben die Steuerzahler das alles zu verdanken?

    Den Nieten in Nadelstreifen in den Führungsetagen!

  6. -rl- sagt:

    „Schneider betonte: „Das, was da an schiefen Türmen zurzeit bei manchen Landesbanken steht, wenn die umfallen, dann zerschlagen die auch unsere Landschaft.“

    „Die Landesbank Baden-Württemberg sei wegen der Integration der Sachsen LB und der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) in den Konzern derzeit nicht unter Zugzwang.“
    BNN von heute
    (wohl bemerkt: „derzeit)

    BNN v. 14.02.08
    „…Gestern bei der Rettungsaktion für die IKB…)
    Oder: IKB-Bank steht zum Verkauf.
    (Nachdem sie mit Steuergeld „verkausfähig“ gemacht wurde.)

    BNN v. 10.04.08
    „Aufsichtsbehörde schließt Schalter der Weserbank“

    Wurden nicht die Landesbanken in NRW, Bayern oder Nord LB mit Steuergeld unterstützt?
    Wie zu lesen war, hat der Steuerzahler zwischenzeitlich mit rund 30 Milliarden Euro aushelfen müssen.

    Was sollen die Menschen den glauben, wenn sich selbst die „Experten“ nicht einig sind?

  7. -rl- sagt:

    “Die eigentliche Krise steht noch vor uns“, warnte Banken-Experte Martin Faust von der Frankfurt School of Finance.

    Auch nach Ansicht Fausts könnten weitere US-Banken untergehen. “Ich glaube aber nicht, dass wir in Deutschland die Insolvenz einer Bank sehen.“

    Der Präsident des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg (Stuttgart), Peter Schneider, rechnet mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze bei weiteren Landesbankenfusionen.

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