„Kinder müssen lernen, sich in andere hineinzuversetzen“

Die Schulen in Bretten gehen das Thema Mobbing offensiv an / Beratungsstelle der Diakonie bietet Hilfe an
Schulwechsel ist bei Mobbing nicht immer sinnvoll
Von unserem Redaktionsmitglied Nicole Jannarelli
Bretten. Lena geht nicht mehr gerne in die Schule. „Die wollen mich fertig machen“, sagt sie und meint ihre Mitschüler. In der sechsten Klasse war alles anders. Da hatte sie zwei gute Freundinnen, jetzt haben sie sich von ihr abgewendet. Es wird hinter ihrem Rücken getuschelt, immer wieder verstecken einige ihre Klassenkameraden ihr Mäppchen, stellen ihr den Fuß – und an ihrem Fahrrad stecken Zettel mit anonymen Nachrichten. „Du stinkst“ steht darauf oder „Hau doch endlich ab“. Seit Beginn dieses Schuljahres wird Lena gemobbt.

Auch an den Brettener Schulen geht das Phänomen Mobbing, das systematische Schikanieren eines Mitschülers, nicht vorbei (siehe auch 3-Fragen-an, Stichwort und Meldung). „Die Gründe und die Härte des Mobbings können sich von Schulart zu Schulart unterscheiden. Jedoch befassen sich alle Schulen mit diesem Thema“, bestätigt Martin Knecht, geschäftsführender Schulleiter der Grund-, Haupt- und Realschulen in der Melanchthonstadt und Rektor an der Max-Planck-Realschule. Jedoch sei nicht jede Rangelei auf dem Schulhof eine Form von Mobbing. „Der Begriff ist zu einem Modewort geworden. Es muss genau geprüft werden, ob zwei Schüler einmalig aneinander geraten oder ob einer von ihnen systematisch ausgegrenzt wird“, so der Rektor weiter. An seiner Schule wird in diesem Jahr Mobbing und seine Folgen als Schwerpunkt in den Klassen behandelt.

Auch das Edith-Stein-Gymnasium (ESG) hat sich schon intensiv mit dem Psychoterror in der Schule auseinander gesetzt. So haben einige Schüler gemeinsam einen Fragebogen ausgearbeitet, der zeigen soll, wie verbreitet Mobbing unter den Schülern ist. „Ihre Fragen beschäftigen sich mit konkreten Situationen in der Klasse. Wird jemand wegen seines Elternhauses oder seinen guten Noten aufgezogen? Wie häufig passiert das“, beschreibt Michaela Schreiber vom Elternbeirat des ESG. In diesem Schuljahr werden die Schüler die Fragen beantworten. Im Januar soll zudem ein Workshop für Eltern und Lehrer zum Thema am ESG stattfinden.

Andersartigkeit mache die Kinder häufig zum Opfer. „Ein Akzent, Kleidung, das Elternhaus, besondere schulische Leistungen – deswegen werden manche Schüler gemobbt“, sagt Martin Knecht.
Im Idealfall können solche Probleme in der Gruppe gelöst werden. „Die Kinder müssen lernen, sich in andere hineinzuversetzen. So können sie deren Situation nachvollziehen“, erklärt Michaela Schreiber. Häufig würden Eltern und Kinder nur noch in einem Schulwechsel einen Ausweg sehen. Doch das sei nicht immer sinnvoll, betont Susanne Rittmann, Psychologin bei der Beratungsstelle der Diakonie Bretten. „Oft nimmt das Kind die Probleme mit. Es bleibt misstrauisch gegenüber anderen“, erklärt sie.

Mobbing könne nicht einfach mal schnell aus der Welt geschafft werden, sind sich Knecht, Schreiber und Rittmann einig. Viele kleine Schritte seien nötig, um ein faires soziales Miteinander zu ermöglichen. „Die Schule allein kann das nicht bewältigen“, betont Rektor Knecht. Eine offene Kommunikation im Elternhaus sei wichtig, „auch wenn das Abendessen dann nicht immer schmeckt.“ Klare Regeln, gegenseitige Verantwortung und ein Augenmerk auf positive Eigenschaften der Kinder seien ebenfalls entscheidend.
Information
Die Beratungsstelle der Diakonie Bretten ist unter Telefon (0 72 52) 9 51 30 erreichbar.

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