Streit um Betriebsrats-Gründung geht weiter

Gewerkschaft NGG will bei der Brettener Tiernahrungs-Firma Deuerer einen Wahlvorstand installieren
„Wenn meine Mitarbeiter es wollen, gibt es einen Betriebsrat“
Von unserem Redaktionsmitglied Thilo Kampf
Bretten. „Für den vierbeinigen Freund ist das Beste gerade gut genug“, heißt es auf der Homepage der Brettener Firma Tiernahrung Deuerer GmbH. Gilt dieser Slogan auch für die Mitarbeiter des Unternehmens? Das bezweifeln zumindest diejenigen der – laut Helmut Deuerer – rund 1 000 Beschäftigten des Unternehmens, die mit Hilfe der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) einen Betriebsrat installieren wollen: „Es gab mal eine Betriebsversammlung, bei denen uns Herr Deuerer gefragt hat, wer einen Betriebsrat wollte. Und da ist natürlich keiner aufgestanden, weil jeder Angst hatte, dass man ihm kündigt“, berichtet Harun Bozdemir.
Genutzt hat das Schweigen wenig: Bozdemir, seit acht Jahren im Unternehmen beschäftigt, erhielt wenige Tage später eine „betriebsbedingte“ Kündigung, ebenso wie neun weitere Kollegen, die laut Gewerkschaft intern die Betriebsratswahl vorangetrieben hatten.

Bei einem Termin vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe Anfang Juli wurden nach Angaben der Gewerkschaft wegen angeblicher Sabotagevorwürfe aus „betriebsbedingten“ nun „verhaltensbedingte“ Kündigungen.
Für Firmenchef Helmut Deuerer eine klare Sache: „Die Kündigungen sind erfolgt, weil Tausende Beutel falsch befüllt wurden, weil die Leute ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind und stattdessen Gewerkschaftsarbeit betrieben haben.“ Zudem hätten nachts Mitarbeiter unerlaubt auf dem Gelände Handzettel verteilt, klagt Deuerer. Er sei „nicht gegen Gewerkschaften. Aber gegen diese Methoden“.

Behauptungen, seine Mitarbeiter würden eingeschüchtert und es herrsche ein Klima der Angst, weist Helmut Deuerer zurück: „Warum sollte jemand Angst haben, wenn er gefragt wird, ob er einen Betriebsrat will? Wenn meine Mitarbeiter es wollen, gibt es hier einen Betriebsrat.“ Aber keiner der rund 300 bei der Betriebsversammlung Anwesenden habe sich entsprechend geäußert.
Im Übrigen habe er drei der zehn Gefeuerten wieder eingestellt, erzählt Deuerer, nachdem er festgestellt habe, dass „wir die zu Unrecht gekündigt haben“.

Gewerkschaftssekretär Christian Schick zeigt Verständnis für die drei Arbeitnehmer, die ihre Kündigungsschutz-Klagen zurückgenommen, ihre Mitgliedschaft bei der NGG beendet haben und wieder arbeiten gehen: „Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes war einfach zu groß.“ Den sieben Kollegen, die weiterhin um ihr Recht kämpfen, gelte die volle Unterstützung der Gewerkschaft. „Jetzt ist es wichtig, dass die Kollegen stark bleiben.“
Einer davon ist Cem Erdin Canatan, seit 2003 in der Firma: „Dauernd wurde man gefragt: Kannst Du am Wochenende oder feiertags arbeiten? Einmal habe ich gesagt: Es geht nicht. Da hieß es, dass ich am nächsten Tag nicht mehr zu kommen brauche.“

Die katholische Kirche hat sich inzwischen auch in die Sache eingeschaltet: „Wir werden das Gespräch mit Herrn Deuerer suchen“, erklärt Harald Kremer, Referent für Arbeitnehmerseelsorge in der Region. „Betriebe sind keine rechtsfreien Räume.“ Pfarrer Konrad Henrich will dabei auf die Arbeitsbedingungen und die Ängste der Beschäftigten eingehen: „Es ist uns nicht egal, wie mit den Menschen in diesem Betrieb umgegangen wird.“

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2 Antworten zu Streit um Betriebsrats-Gründung geht weiter

  1. ürk- sagt:

    Und das im 21. Jahrhundert!

  2. -el- sagt:

    Na endlich mal auch ein Bericht in den BNN. Danke.

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