Offener Brief zum Thema „Wohnpark Roßlauf“

von Gunter Lange
Sehr geehrter Herr OB Wolff, sehr geehrter Herr Bgm. Nöltner, sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,

in der Sitzung des Gemeinderates am 4.Juni 2018 habe ich die Vorstellungen des gewerblichen Bauträgers Rhino Partners und des von ihm beauftragten Architekturbüros für den Wohnpark am Roßlauf verfolgt. Sichtbar für mich war, dass Erfahrung und Kompetenz des international tätigen Architekturbüros eine städtebauliche und architektonische Qualität des Vorhabens sichern.

Die Fraktion der Grünen stellte nun den Antrag, dass der Bauträger bis zu 20% geförderten Wohnbau einstreuen möge. Die Zielvorstellung ist zum einen richtig und zum anderen für eine Integration durch soziale Mischung auch grundsätzlich sinnvoll und notwendig. Ich bin aber der Meinung, dass dies mit dem „Brettener Modell“ zur Stadtentwicklung kaum zu erreichen sein wird, insbesonders nicht zu einem interessanten Preis-Leistungs-Verhältnis. Daher hier für weitere Vorhaben der Stadt, wie z. B. Fibron-Mellert-Konversions-fläche, mein Vorschlag:

Seit inzwischen 20 Jahren beweist die Stadt Tübingen, dass man mit dem „Tübinger Modell“ individuelle, vielfältige, städtebaulich äußerst qualitätsvolle, Identität stiftende, aber trotzdem sogar kostengünstigere Wohnquartiere in sozialer Mischung realisieren kann. Gerade hat 2017 auch die Architektenkammer das Tübinger Quartier „Alte Weberei“ auf der Konversionsfläche einer alten Weberei mit Altlasten ausgezeichnet. Ich habe am 5.Juni 2018 zwei dieser Stadtquartiere und den Baubürgermeister besucht.

Was ist nun der Unterschied zwischen dem „Brettener Modell“ und dem „Tübinger Modell“? Beim Brettener Modell geht der Städtebau und die Stadtgestaltung vom Geschäftsführer und dem OB als Aufsichtsratsvorsitzendem der Kommunalbau GmbH aus. In Ermangelung der eigenen städtebaulichen und archtektonischen Qualifikation bei dieser GmbH werden alle städtischen Konversionsflächen gewerblichen Projektentwicklern oder Bauträgern angetragen, die logischerweise ihre eigenen Kosten und Gewinne, sowie Zwischenfinanzierungskosten in die Verkaufskosten pro Qudratmeter Wohnfläche einrechnen. Sie suchen sich dann auch die Zielgruppe ihrer Wohnungskäufer entsprechend ihrer Gesamtbaukosten, die bis zu 5.000,- € pro qm Wohnfläche gehen können, selbst aus.

Das „Tübinger Modell“ wird seit nunmehr 20 Jahren über sogenannte Baugemeinschaften aus interessierten privaten Bauherren für Eigentums- oder Mietwohnungen mit oder ohne gewerblicher Nutzung im EG in Form von Läden oder Dienstleistern umgesetzt. Unter der Gesamtführung des Baubürgermeisters als diplomiertem Architekten und Stadtplaner, in dessen Dezernat auch die Kommunalbau GmbH fällt, wird der städtebauliche Rahmenplan erstellt. Von der Kommunalbau GmbH wird die Konversionsfläche erworben, und der Gemeinderat setzt einen moderaten Grundstücksverkaufspreis fest. Sodann können sich private Baugemeinschaften bilden und sich mit einem Nutzungskonzept für einen bestimmten Teil eines Baublocks, bzw. dessen Grundstück bewerben. Für alle Baugruppen werden von der Stadt nach bestimmten Kriterien die Baugemeinschaften ausgesucht. Sie erhalten dann die Grundstücksoptionen. Gemeinsame Elemente im Quartier, wie Tiefgaragen oder sog. Ankergruppen, werden von der städtischen Wohnbau GmbH selbst realisiert.

Mit ihren Optionen beauftragen die privaten Baugemeinschaften Architekten und Projektsteuerer ihrer Wahl und entwickeln gemeinsam vor dem Hintergrund eines anspruchsvollen städtebaulichen Rahmenplanes „ihre“ gemeinsamen Häuser als Baugruppe. Es entsteht ein selbstbestimmtes Bauen mit großem Gestaltungsspielraum zu einem sehr günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Z. Zt. für einen qm Wohnfläche ca. 3.500 EURO. Ca. 70 % würden laut Baubgm. in der Regel für Eigenbedarf und ca. 30 % für Vermietung erstellt. Darunter seien auch private Bauherren, die Fördermittel in Anspruch nehmen und dafür eine bestimmte Zeit ihre Wohnungen zum reduzierten Mietpreis vermieten müssen. Eingestreut verwirklicht auch die Wohnbau GmbH einzelne Gruppen als sozialen Mietwohnungsbau.
So entsteht neben der sozialen Mischung, aber auch durch die gemeinsamen, qualitätsvollen, grünen Innenbereiche soziale Integration.

Ich möchte dem Gemeinderat, sowie den betroffenen Ämtern der Brettener Stadtverwaltung die Empfehlung aussprechen, einmal einen Tagesausflug in diese Quartiere zu machen und sich vom Baubürgermeister und Mitarbeitern des Stadtplamnungsamtes das Tübinger Modell noch näher erklären zu lassen. Gerne stelle ich bei Bedarf auch den Kontakt her.

Mit freundlichem Gruß
Gunter Lange

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