Europawahlen: Drei-Prozent-Sperrklausel gekippt

http://www.mehr-demokratie.de/start.htmlBeschwerde von Mehr Demokratie erfolgreich: Karlsruhe erklärt Sperrklausel für verfassungswidrig
Mehr Demokratie begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Drei-Prozent-Sperrklausel für die Wahlen zum EU-Parlament für verfassungswidrig zu erklären. Die Entscheidung ist heute mit fünf zu drei Richterstimmen gefallen. Eingeführt worden war die Klausel im letzten Juni von den Bundestagsfraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gegen die Stimmen der Linksfraktion. Mehr Demokratie hatte dagegen zusammen mit 1.099 Bürgerinnen und Bürgern Verfassungsbeschwerde eingelegt, Prozessbevollmächtigter war der Staatsrechtler Matthias Rossi, Professor an der Universität Augsburg.

„Wir freuen uns, dass das Gericht unsere Auffassung bestätigt hat und damit dem Versuch der etablierten Parteien, Wahlrechtsänderungen zu ihren Gunsten zu betreiben, einen klaren Riegel vorgeschoben hat“, so Michael Efler, Bundesvorstandssprecher Mehr Demokratie e.V. „Die Stimmen von Bürgerinnen und Bürger für kleinere Parteien gehen nun also kaum noch verloren.“ Das Argument der Befürworter einer Sperrklausel lautet, dass die Handlungsfähigkeit des Europäischen Parlaments durch eine Zersplitterung in viele kleinere Parteien gefährdet sei. Jedoch sind im Parlament bereits mehr als 160 Parteien aus ganz Europa vertreten. Zusätzliche Parteien würden also nicht stark ins Gewicht fallen, da sich die meisten Parteien sowieso zu Fraktionen zusammenschließen. Das Gericht vertritt in seinem Urteil darüber hinaus die Auffassung, dass mit der Sperrklausel der Grundsatz der Gleichheit der Stimmen und die Chancengleichheit der Parteien gefährdet sei. Aus demselben Grund hatte es im November 2011 bereits die damals geltende Fünf-Prozent-Hürde als unzulässig verworfen. Auch ein Gutachten des Bundesinnenministeriums (BMI), das kurz nach dem Urteil des BVerfGE ebenfalls im November 2011 verfasst wurden, kommt zu dem Ergebnis, dass „[…] tragende Gründe […] gegen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer 2,5-Prozent-Sperrklausel [sprechen].“ Das BMI hatte versucht, die Veröffentlichung dieses Dokuments zu verbieten.

„Der Grundsatz der Gleichheit der Stimmen und der Chancengleichheit ist aus unserer Sicht übrigens auch mit der Fünf-Prozent-Hürde bei den Bundestags- und Landtagswahlen gefährdet. Immerhin sind dabei 15,7 Prozent, also knapp sieben Millionen Stimmen, verloren gegangen“, so Efler weiter. Auch bei den Landtagswahlen in Bayern seien gut 14 Prozent der Stimmen unter den Tisch gefallen. Mehr Demokratie kritisiert deswegen auch die für Landtags- und Bundestagswahlen geltende Fünf-Prozent-Hürde und fordert eine Neuregelung.

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7 Antworten zu Europawahlen: Drei-Prozent-Sperrklausel gekippt

  1. o.N. sagt:

    Die EU tritt aktuell nur mit positiven Daten an die Öffentlichkeit.
    Angeblich sinken die Haushaltsdefizite – die Eurozone soll über den Krisenberg sein –
    und es besteht die Arbeitszufriedenheit der Europäer – soweit sie überhaupt Arbeit haben.

    Die Wirtschaftsentwicklung soll positiv sein? Tatsache ist, es wird Stimmung gemacht. Nötig kann das wegen der Wahlbeteiligung schon sein.

    Von Stimmenthaltungen profitieren die Protestparteien. Umfragen zeigen, die Zahl der Europaskeptiker im Europaparlament wird deutlich steigen. Warum auch nicht? Das scheint keine Überraschung zu sein, weil sie ebenso in nationalen Wahlen erfolgreich sind.

    Wird das letztlich gut oder schlecht sein? Das wird die Zukunft zeigen! 🙂

  2. o.N. sagt:

    Ergänzung zu meinem Kommentar vom 12. März, 2014

    Das EU-Parlament soll „gleich“ gewählt worden sein. Das ist sehr sonderbar, wenn ein maltesischer Abgeordneter ca. 410.000 Bürger vertritt, ein deutscher im Vergleich rund 80.000.000 Bürger.

    Es mag Gründe dafür geben, andernfalls hätte man (natürlich auch die BRD) dem Vertrag von Lissabon und seinen Vorgängern sicherlich nicht zugestimmt. Aber im Nachhinein so dümmlich zu tun, als läge hier überhaupt kein Gleichheitsproblem vor, ist eine Verkennung von Gewichtungen! Um formal genau und frei von Zufallsfehlern zu sein, darf man sich keinesfalls die Vordenker des EU-Parlaments als Vorbilder nehmen!

    Auch der Begriff „Europäisches Parlament“ ist äußerst fragwürdig, weil Millionen von Europäern gar nicht vertreten sind. Ein richtiges Parlament ist übrigens daran zu erkennen, dass es ein Recht besitzt, über Gesetzesinitiativen zu verfügen, Kompetenzen vergibt und diese nicht zugeteilt erhält!

  3. o.N. sagt:

    Die großen Parteien haben sich stets bemüht, sich als „die einzigen“ zu verstehen und sich gegenüber den kleineren Parteien Vorteile zu verschaffen.

    Das Wahlvolk entscheidet. Was als Gemeinwohl zu erhalten und zu verbessern ist, ist nicht die Aufgabe der etablierten Parteien.

    Wie müsste das Wahlrecht aussehen, wenn deutsche Interessen nur durch einen einheitlichen Stimmblock zur Geltung kommen können?

  4. o.N. sagt:

    Was bedeutet Gleichheit bei der Europawahl?

    Jede Stimme wiegt gleich viel bei der Zusammensetzung des Europa-Parlaments. Das trifft auf dieses Parlament keineswegs zu!

    So hat Malta mit ca. 410.000 Einwohnern sechs Abgeordnete, die BRD mit rund 80.000.000 = 80 Millionen Einwohnern 99 Abgeordnete.

    Bei gleicher Gewichtung käme Deutschland auf etwa 1200 Abgeordnete. – Nicht praktikabel!

    Die für das Europäische Parlament gefundene Gewichtung mag eventuell sinnvoll sein. Sie ändert aber nichts daran, dass es eine – pseudodemokratische – Einrichtung ist, der nicht noch mehr Entscheidungen zugeordnet werden sollten! 🙁

  5. o.N. sagt:

    @ spezi am 6. März, 2014

    Die sog. Euro-Rettung gibt es überhaupt nicht. Nicht der EURO musste gerettet werden, sondern europäische Banken (Finanzzocker-Institute) und europäische (Schulden-) Staaten durch ihre Fürsprecher = (EU-Politiker)!

    Napoleon hat schon damals die Deutschen scharfsinnig beurteilt. Diese Beurteilung hat auch heute noch vollen Bestand.

    Andere deutsche Anführer nach Napoleon haben dies ebenso erkannt und mit den Deutschen stets ein leichtes Spiel gehabt.

    Und heute ist es kein bisschen anders: Denn der deutsche Michel bleibt eben Michel! 🙁

  6. spezi sagt:

    @o.N.

    Vielleicht mach das nachfolgende Zitat diverse Handlungen verständlicher:

    Zitat aus einer Publikation:

    „Sicherlich fragen Sie sich des öfteren auch, warum der Wahnsinn der sog. Euro-Rettung bis jetzt ohne größere Proteste im größten Geber-Land, sprich in Deutschland, über die Bühne ging. Und wie immer liegt es sicher auch an der Mentalität des „Deutschen Michel“, der obrigkeitshörig, duldsam und leidensfähig sein Kreuz annimmt. Insofern haben die Euro-Retter wahrlich ein sehr, sehr leichtes Spiel.

    Vielleicht liegt es auch an der oftmals an der Unwissenheit, ja Naivität der Deutschen. Und in dem Kontext ist mir in diesen Tagen ein besonders gutes Zitat von Napoleon „zugeflogen“, das gerade in Sachen Euro-Rettung äußerst aktuell ist.

    Also, viel Spaß mit Napoleon:

    „Es gibt kein gutmütigeres, aber auch kein leichtgläubigeres Volk als das deutsche.

    Zwiespalt brauchte ich unter ihnen nie zu säen. Ich brauchte nur meine Netze auszuspannen, dann liefen sie wie ein scheues Wild hinein.

    Untereinander haben sie sich gewürgt, und sie meinten, ihre Pflicht zu tun.

    Törichter ist kein anderes Volk auf Erden.

    Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden: die Deutschen glauben sie.

    Um eine Parole, die man ihnen gab, verfolgten sie ihre Landsleute mit größerer Erbitterung als ihre wirklichen Feinde.“

  7. o.N. sagt:

    Ich verstehe nicht ganz die Freude über das Aus der Drei-Prozent-Sperrklausel.

    Ich betrachte einmal Europa in Bezug auf die anstehende Europawahl.

    Das Problem der Eurozone liegt u.a. darin, dass unsere Politiker und die Europäische Zentralbank (EZB) die riesigen Probleme aus einer politischen Idee heraus lösen wollen. Nur mit ökonomischem (Sach-)Verstand – falls ein solcher vorhanden – wäre es möglich. So wird alles dafür getan, selbst Staaten wie Griechenland in der Eurozone zu belassen. Es ist längst deutlich geworden, dass dies nur durch Gewährung neuer „HILFSPAKETE“ und mit einem weiteren „SCHULDENSCHNITT“ möglich sein wird.

    Griechenlands Schulden belaufen sich aktuell auf

    320 Milliarden Euro – 175 Prozent der Wirtschaftsleistung.

    Das Prinzip Schulden mit Schulden zu bekämpfen, verneint ökonomische Gesetze in gleicher Weise, wie das Perpetuum mobile physikalischen Gesetzen widerspricht.

    Uns, den WählernIinnen, führt diese dumme Politik in eine Transfer- und Haftungsunion. Politik und EZB haben den Maastricht-Vertrag gebrochen – auch Deutschland. Mit weiteren Maßnahmen zur Vergemeinschaftung der Schulden haben die EU-Politiker unter dem Druck der Gläubiger ihr Vertrauen verspielt.

    Ökonomische Gesetze werden sie auf Dauer jedoch nicht brechen können.
    Die EZB hat ihre Glaubwürdigkeit längst verspielt!
    🙁

    Und für all diese politischen Tagträumer geben auch wir – die deutschen WählerIinnen bei der bevorstehenden Europa-Wahl unsere Stimme ab.
    Ich jedenfalls weiß was Besseres!
    🙂

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