Die StVO, die VBU und das Brettener Park-Chaos

von Matthias Menzel
Die Überwachung des ruhenden Verkehrs ist Aufgabe der Stadtverwaltung. Ordnungswidrigkeiten werden mit einem Verwarnungsgeld geahndet.
Rechtsgrundlagen:
* OWIG (OrdnungswidrigkeitenGesetz)
* StVO (Straßenverkehrsordnung)
So einfach und trocken, aber auch glasklar, lauten die gesetzlichen Grundlagen des derzeitigen Streits um Knöllchen auf Brettener Stadtgebiet.

Was also wird von den Bürgern und Vertretern der „Vereinigung Brettener Unternehmer“, VBU, eigentlich bemängelt?
Als „nicht adäquat“ empfindet Herr Veith von der VBU die korrekte Anwendung der StVO auf Stadtgebiet. Er fürchtet wohl um Kunden, die den Brettener Geschäften den Rücken kehren, falls beim Falschparken nach dem Einkaufen ein Knöllchen die Scheibe des Autos ziert.

„Unangemessen und bürgerfeindlich“ finden dies manche Anwohner der Innenstadt und verlangen „Augenmaß, Toleranz, Ermessenspielraum“, natürlich nur für ihre Parkvergehen!

Wie also soll der Vollzugsbeamte, quasi der an der „Front“, die StVO in Bretten anwenden?
Im Falle VBU und Kunden der Brettener Geschäfte, soll er wohl bei einem falsch geparkten Fahrzeug herausfinden, ob dies einem Kunden oder Lieferanten gehört und auf eine Verwarnung verzichten?! Steht an der gleichen Stelle ein Fahrzeug, dessen Halter die Frechheit besitzt dort zu Parken, aber nicht Kunde der VBU zu sein, dann Knöllchen? Wer so etwas von einem Vollzugsbeamten auch nur erwartet, hat kein „adäquates“ Rechtsverständnis, denn das ist juristisch weder durchsetzbar noch haltbar.

Bei den Bürgern steht Augenmaß und Toleranz auf der Wunschliste an die Vollzugsbeamten und indirekt geht der Vorwurf auch an den Verwaltungschef, der habe schließlich die Anweisung gegeben. Zu was, zu Rechtsstaatlichkeit auf Brettener Stadtgebiet? Das scheinen die Bürger/Innen zu sein, die bei jeder Gelegenheit nach Einschreiten der Ordnungsmacht rufen, aber wenn es um’s Falschparken geht, dann bitte, siehe oben. (für den Vollzugsbeamten: Augen zu und weiter).

Es gibt sicherlich einen Ermessensspielraum bei der Anwendung der StVO. Dass die Einschätzung, wie groß dieser sein sollte, auf beiden Seiten unterschiedlich ist, dürfte in der Natur der Sache liegen.
Wer aber selbst erwartet, dass seine Garagen- oder Hauseinfahrt immer frei zugänglich, ohne störende Falschparker bleibt, wer über Gehwegparker schimpft, immer dann, wenn er Fußgänger ist, wer erwartet, dass die Feuerwehr auch Zugang zu Brandschutzzonen hat und so ihrer Aufgabe nachgehen kann, der sollte sich genau überlegen, was er vom neuen Verwaltungschef eigentlich verlangt. Laissez-faire wie die letzten 24 Jahre? Oder dass jeder Bürger sich ohne Ausnahme an die gleichen Vorschriften zu halten hat?

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5 Antworten zu Die StVO, die VBU und das Brettener Park-Chaos

  1. U. Schmidt sagt:

    Ich verstehe ebenso wenig die Aufregung. Ich habe seit Jahren keine Knöllchen bekommen, weil ich, wenn es möglich ist meine Einkäufe zu Fuß oder mit dem Rad erledige. Und wenn ich den PKW nehme, dann habe ich bisher immer noch einen legalen Parkplatz gefunden, allerdings mit der Bereitschaft die letzten Meter dann zu Fuß zu gehen. Knöllchen gibt es halt, wenn man seine oft zu große 4rädrige Egokrücke direkt am Ziel abstellen möchte. Wo ist das Problem? Probleme gibt es nur mit rücksichtslosen Gehwegparkern und Rasern in 30er Zonen in dieser so lauschigen Stadt.

  2. fc sagt:

    Es ist erstaunlich wie Verwaltungen an den vorgegeben Möglichkeiten kleben und sich an Stelle der Alternativlösungen lieber an „Bestrafungen“ der Bürgerschaft halten. Dafür werden sie von uns fürstlich bezahlt und durch die Busgelder zusätzlich eigen-finanziert. Ist das das Prinzip des Regierens? Ja keine vernünftige Lösung anbieten – es könnten ja die „Einnahmen“ wegbrechen und der Überfluss an Personal offenbart werden? Auch von Stuttgart 21 werden die Verwaltungen lernen müssen, wollen sie künftige Konflikte vermeiden.

    Beispiel: Die verstopften Straßen und fehlende Parkplätze werden durch die „Strafzettel verteidigt“ Zwischenzeitlich weiß aber jedes Kind, dass man beispielsweise durch ein intelligentes Einbahnstraßensystem die Verkehrsbelastungen vermindert und Parkplätze ohne weiteres verdoppeln kann. (In einer Einbahnstraße kann beidseitig geparkt werden.)
    Für diejenigen, die sich eine solche Situation nicht vorstellen können, würde sich ein Besuch der Stadt Mannheim auf jeden Fall lohnen.
    Siehe auch unter:
    http://www.bak-bretten.de/texte/verkehrskonzept.htm

  3. Matthias Menzel sagt:

    @ghg:
    und was passiert mit den neu geschaffenen Gehwegen, wenn sie zugeparkt werden? Oder den schönen Radwegen, die als Parkflächen zweckentfremdet werden? Wieviele Unfälle von Radfahrern, vor allem Schülern, auf zugeparkten Radwegen, gab es in den letzten Jahren in Bretten? Siehe Karlsruhe: dort hatte man jahrelang an die Autofahrer apelliert, doch die Geh- und Radwege freizuhalten, ohne Resultat. Erst das konsequente Vorgehen (Knöllchen, Abschleppen) brachte den dauerhaften Erfolg. Der Aufstand der Falschparker war indessen nicht von Dauer…

  4. ghg sagt:

    Vorrang vor der Verteilung von städtischen Knöllchen haben:

    1. Verkehrsberuhigung und Fußgängersicherheit
    2. Gehwegeprogramm – Beseitigung von Gefahrenstellen
    3. Radwegeprogramm
    4. Behindertengerechter Ausbau von Haltestellen
    5. Grundinstandsetzung der Gemeindestraßen im gesamten Stadtgebiet einschließlich aller Ortsteile

    Es gibt eben Wichtigeres zu tun! 🙂

  5. h - z sagt:

    „Es gibt sicherlich einen Ermessensspielraum bei der Anwendung der StVO.“

    Den könnte ich mir gut vorstellen, wenn beim ruhenden Verkehr weder Behinderungen noch Gefährdungen des Straßenverkehrs vorliegen.

    Ansonsten kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es bei der beschriebenen Vorgehensweise der städtischen Knöllchen-Verteiler um nichts anderes als um das Aufpolieren der finanziell äußerst angestrengten Stadtkasse geht. 🙁

    Von Herrn Gerweck wurde die Brettener Knöllchen-Problematik in seinem Leserbrief in der Brettener Woche sehr deutlich beschrieben.

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