Von Derivaten freigekauft: Stadt zahlt 57,44 Millionen Euro

PFORZHEIM. Es ist vollbracht: Die Stadt Pforzheim ist ihre Derivate los. Am Donnerstagvormittag hat sich die Stadt nach Angaben der Stadtverwaltung von den Derivaten getrennt – zu diesem Zeitpunkt betrug der Wert der Papiere minus 57,44 Millionen Euro. Pforzheims Oberbürgermeister Gert Hager in Pforzheim und ein Vertreter von J.P. Morgan in London unterschrieben fast zeitgleich einen Vertrag über die vorzeitige Beendigung der Geschäfte. Mit der Wertstellung des Betrags auf ein Konto von J.P. Morgan wird sich Pforzheim dann von den Derivaten befreit haben, die ursprünglich zur Zinsoptimierung vorgesehen waren, und letztlich einen verheerenden Verlauf angenommen haben: „Seit meinem Amtsantritt haben wir versucht Licht in die Struktur dieser Finanzmarktprodukte zu bekommen. Ich bin dem Gemeinderat sehr dankbar, dass wir in der Frage des Ausstiegs aus diesen Produkten einen großen Konsens hatten. Wir hatten es hier mit einer schweren Erblast zu tun, für die weder der Gemeinderat noch das heutige Bürgermeisteramt verantwortlich sind“.

Nach der Einschätzung der Verwaltung haben die Derivate einen eindeutig spekulativen Charakter. Mit dem Ausstieg aus den Derivaten möchte die Stadtverwaltung Pforzheim wieder zu einem rechtskonformen Schuldenmanagement zurückfinden und zu einer geordneten Haushaltswirtschaft zurückkehren. Die Geschäfte bewegten sich zudem relativ stetig auf das Maximalrisiko in Höhe von 77,5 Millionen Euro zu. Die Entwicklung der jüngsten Monate hat nach Angaben der Stadtverwaltung gezeigt, dass der Monatsverlust bei jeweils 500.000 Euro lag. Ein schneller Ausstieg aus diesen Produkten war daher das Ziel. Das ist nunmehr erreicht.

Um den Ausstieg finanzieren zu können, muss die Stadt nach Angaben der Verwaltung ihre gesamten Rücklagen auflösen, die ursprünglich in die Haushalte von 2011 und 2012 einfließen sollten. Nach der Sommerpause will Oberbürgermeister Gert Hager die juristische Bewertung der Derivate-Geschäfte klären. „Dann entscheiden wir über die Klage“, sagt er. pm/ich

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3 Antworten zu Von Derivaten freigekauft: Stadt zahlt 57,44 Millionen Euro

  1. h - z sagt:

    Badische Neueste Nachrichten am 2. Dezember 2014

    „Bank ersetzt Stadt Verluste“

    Durch einen gerichtlichen Vergleich erhält die Stadt Pforzheim 37,2 Millionen Euro Spekulationsgeld zurück.

    Siehe oben: Pforzheimer Zeitung am 12. August 2010

    „Von Derivaten freigekauft: Stadt zahlt 57,44 Millionen Euro“

    Ob die Stadt Pforzheim 37,2 Millionen Euro mehr ausgeben kann, spielt doch eine völlig untergeordnete Rolle. Rechnen wir mal die Gerichts- und Anwaltskosten nach, welche die Stadt Pforzheim selbst zu tragen haben wird. Wer bezahlt die am Ende? – Der Pforzheimer Steuerzahler, der auch alle kommunalen (Pflicht-)Versicherungen zu finanzieren hat.

    Oder will mir jemand weismachen, dass die drei ehemaligen weiblichen Beschäftigten der Stadt Pforzheim – eine Ex- Oberbürgermeisterin Augenstein, eine Kämmerei-Leiterin Weishaar und deren Stellvertreterin Weber – finanziell irgendwie in Anspruch genommen werden?

    Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat zwar Anklage erhoben. Ob es nach mehreren Jahren überhaupt zu einer Verhandlung kommt, ist offen. Das Ganze sieht nach einer Art von „Verschleppung“ aus!

    Immerhin sind der Stadt Pforzheim ca. 20 Millionen Euro Verlust entstanden!
    Na und? Nicht mehr als ein geringfügiges Kavaliersdelikt, obwohl die drei Hauptbeteiligten weiblichen Geschlechts sind. 🙂

  2. h - z sagt:

    BNN 19.09.2014 SÜDWESTECHO
    „Morgenluft im Derivate-Streit“

    …“Schließlich hat das Landgericht Frankfurt erstmals sogar die komplette Unwirksamkeit der fraglichen Geschäfte in Betracht gezogen. Unter anderem deshalb, weil die kreditähnlichen Geschäfte der Genehmigung durch das Regierungspräsidium bedurft hätten.“ …

    1. Was noch mehr Lachhafteres an Begründungen kann man richterlich diesem dreisten Fall von Steuergeld-Verschwendung wirklich nicht anheften!

    2. Gegen die Hauptverantwortlichen

    – EX-OB Christel Augenstein (FDP)
    – frühere Leiterin der Stadtkämmerei Weishaar
    – Stellvertreter der Leiterin Stadtkämmerei Weber

    wurden die beiden Erstgennanten wegen schwerer Untreue, Letzterer wegen Beihilfe angeklagt.

    Abwarten, was das Landgericht Frankfurt am 1. Dezember 2014 von sich geben wird. Hoffentlich etwas, was den Sachverhalt nicht weiter entschuldigt und vernebelt, sondern was deutlich macht: Pacta sunt servanda. Diese Aussage ist den beteiligten Richtern wohl bestens bekannt?

  3. h - z sagt:

    Das verstehe, wer will? – Ich nicht.

    BNN 12. Januar Seite 19 AUS DER REGION

    „Derivate-Streit: Pforzheim möchte 56 Millionen zurück“

    „Wir sind der Auffassung, dass diese Geschäfte einen so spekulativen Charakter haben, dass sie gegen die Gemeindeordnung verstoßen“, nennt Rechtsanwalt Marco Röder einen Pfeiler der Strategie. Zudem liege möglicherweise ein Beratungsverschulden von J.P. Morgan vor. Die hätten diese hochspekulativen Geschäfe niemals als Lösung anbieten dürfen. Wir meinen, dass wir gute Gründe haben, dass diese Geschäfte nichtig sind“, so der Anwalt.

    Was gegen die Gemeindeordnung verstößt, darf nicht eingegangen werden. Wenn Oberbürgermeisterin Augenstein (FDP) und ihre Kämmerin beratungsresistent sind und das als Beratungsverschulden bezeichnen lassen, dann kann ich mich allenfalls amüsieren. Im Übrigen gilt: Pacta sunt servanda! Den Spruch kennt der Anwalt der Stadt wohl auch.

    BNN 12. Januar Seite 6 SÜDWESTECHO

    „Pforzheim will die Millionen zurück“

    …“Während die strafrechtliche Aufarbeitung des Derivate-Debakels weiter auf sich warten läßt, gibt es für die Stadt Pforzheim demnächst die Chance , die verzockten 56 Millionen Euro wieder zurückzubekommen…

    Was gegen die Gemeindeordnung in dieser Größenordnung verstößt, bedarf meines Erachtens keiner strafrechtlichen Aufarbeitung mehr.

    Und völlig unverständlich für mich ist die Tatsache, dass die Ex-Oberbürgermeisterin zum Neujahrsempfang der Stadt Pforzheim eingeladen wurde: Instinktlos!

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