Energiegewinnung aus schmutziger Brühe

In Bretten nutzt man Abwasser, um Schulen zu heizen
Moderne Heizungsanlage seit neun Monaten in Betrieb
Von unserem Redaktionsmitglied Joachim Schultz
Bretten. Die Idee, aus Abwasser Energie zu gewinnen, zeigt, wie vorausschauend man bei den Brettener Stadtwerken denkt. Es blieb nicht nur bei Gedankenspielen. Denn mit der Wärme aus dem Brettener Abwasserkanal werden gleichzeitig mehrere Mehrfamilienwohnhäuser, das Melanchthon-Gymnasium, die Hebelschule, die Stadtparkhalle sowie die Sporthalle des TV Bretten mit Wärmeenergie versorgt. Seit Ende vergangenen Jahres ist die moderne Heizungsanlage nahe der Hildastraße in Betrieb. Der offizielle Akt der Inbetriebnahme folgte mit einiger Verzögerung am Dienstagnachmittag. Bei dem Treffen mit Oberbürgermeister Martin Wolff, er ist auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke, weiteren Aufsichtsräten sowie Mitgliedern des Gemeinderates wartete Stadtwerke-Geschäftsführer Stefan Kleck mit einem ersten Erfahrungsbericht auf, wie effektiv die Anlage läuft. Um es vorwegzunehmen: Klecks Fazit nach neunmonatiger Betriebszeit der Abwasser-Heizung fällt überaus positiv aus.

Die Anlage besteht gewissermaßen aus zwei Teilen: Zum einen aus einem unterirdischen Regenüberlaufbecken. Auf dem Beckenboden verlegte man in Schlangenlinien die Wärmetauscher. Die Wärmetauscher sind Leitungen, in denen Wasser zirkuliert. Dieses Wasser erwärmt sich auf die Temperatur der Schmutzbrühe. In der Heizzentrale wird die Energieausbeute durch eine Wärmepumpe gesteigert. Was das Verfahren so umweltschonend und effizient mache, sei der Verbund von einer Wärmepumpe mit einer Blockheizkraft und einer konventionellen Heizung, so Kleck. Am Ende wird in Bretten das Warmwasser mit 80 Grad ins Versorgungsnetz abgegeben.

Mit Interesse verfolgen die etwa 20 Gäste Klecks Einführung in die Materie. Kleck selbst steigt mit den Neugierigen in den Untergrund, um ihnen von einer Besucherplattform aus, das Regenüberlaufbecken zu zeigen. Von den auf einer Länge von etwa 100 Metern verlegten Wärmetauschern ist allerdings nichts zu sehen, denn ein braunes Schmutzwasser fließt über den in der Wasserrinne montierten Tauschern. Einiges mehr zu sehen gibt es in dem kleinen Gebäude mit der gesamten Wärmetechnik und der Steuerungselektronik, das neben dem Überlaufbecken steht. Jede Menge Anschauungsmaterial für das geladene Publikum. Ein Leitungswirrwarr, zig Armaturen, Schieber, Schalter und Regler, alles was die ausgeklügelte Technik ausmacht, tun sich für die Besucher auf. „Die Stadtwerke Bretten sind mit ihrer Anlage bisher sehr zufrieden. Das Projekt ist reibungslos angelaufen. So wie es jetzt läuft, entspricht es 100 Prozent unserer Vorstellung“, sagt der Stadtwerke-Geschäftsführer.

Die Gesamtkosten des Projekts beziffert Kleck auf rund 930 000 Euro. Weil es in seiner Art so fortschrittlich ist, fördert das baden-württembergische Umweltministerium die Anlage mit 80 000 Euro. Kleck glaubt, dass sich die Investitionskosten in etwa zehn bis 15 Jahren amortisiert haben.

Neben der fortschrittlichen umweltschonenden Energiegewinnung aus Abwasser weist die Anlage einen weiteren Pluspunkt aus: Durch die Abwasser-Heizung braucht man für das Wärmen der angeschlossenen Gebäude deutlich weniger Erdgas. Diese Einsparung macht sich beim Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid bemerkbar. Rund 129 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr – im Vergleich zu einer herkömmlichen Erdgasheizung – werden in Bretten somit weniger in die Luft ausgestoßen.
Die Brettener Abwasser-Heizung zieht laut Kleck Kreise und ist inzwischen Gegenstand vieler Expertengespräche. In den vergangenen Monaten seien immer wieder Besucher nach Bretten gekommen, um sich über die Funktion der Anlage zu informieren

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