Erhöhter Zuschussbedarf für den öffentlichen Personennahverkehr / Kommt die Stadtbahn nach Waghäusel?
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kuld
Kreis Karlsruhe. Im Guten wie im Schlechten – der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) beschäftigt die Kreistagsgremien auf vielen Sitzungen. Gestern war es der Verwaltungsausschuss. Positiv: der aktuelle Sachstandsbericht für den ÖPNV. Negativ: dessen finanziellen Auswirkungen auf die Kreiskasse (siehe auch „Angemerkt“). Der Sachstandsbericht lebt von dem Charme, dass der Ausbau des ÖPNV in der Region voran kommt. Am Dienstag wurde mit dem Ausbau der Strecke Bruchsal – Germersheim für den S-Bahn-Betrieb begonnen. Auf den beiden Nord-Süd-Strecken Karlsruhe – Bruchsal – Heidelberg und Karlsruhe – Graben-Neudorf – Mannheim werden die Haltepunkte für den S-Bahn-Standard ausgebaut. In Stettfeld gibt es einen neuen Haltepunkt. Für die Weiterführung der aus Karlsruhe kommenden Stadtbahn S 2 über Spöck hinaus nach Bruchsal und Waghäusel geht es nun um das Ergebnis der „standardisierten Bewertung“ und mithin um die Frage, ob das Projekt zuschussfähig ist und deshalb weiter verfolgt werden kann.
Weniger Charme hat hingegen der ÖPNV-Sachstandsbericht „Finanzen“, den ebenfalls Landrat Christoph Schnaudigel erläuterte. Zunächst ist da die Neuaufteilung der Fahrgeldeinnahmen im Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) in der Folge einer Fahrgastzählung. Das ergibt eine Zusatzbelastung für den Landkreis von 1,5 Millionen Euro. Der KVV hätte das gerne rückwirkend angewandt – dank des von den Fraktionssprechern gelobten Verhandlungsgeschicks des Landrats greift das erst ab 2011. Der Nachteil für den Kreis ergibt sich aus der Verlagerung der Nahverkehrsnachfrage von Bussen auf die Schiene.
Zudem muss der Landkreis auch bei den „verbundbedingten Lasten“ tiefer in die Tasche greifen und er muss mit einer halben Million Euro zusätzlicher Kosten rechnen, wenn es zu einer „Tarifüberlappung“ mit dem Rhein-Neckar-Kreis kommen sollte. Das wird in der Region gewünscht, aber vom Land nicht mehr bezuschusst. Verkehrsministerin Tanja Gönner rät zu einem zukunftsweisenden Vertriebssystem, wogegen KVV-Chef Walter Casazza darin keine Lösung für die in Verbundgrenzbereichen entstehenden Probleme sieht. Alles in allem: „Acht Millionen des Kreises reichen nicht mehr“, sagte Landrat Schnaudigel.
Deshalb wurden im Verwaltungsausschuss auch Stimmen laut, dass gute Angebote ruhig etwas sollten. Anders ausgedrückt: Die Ticketpreise dürften steigen.
Unvermeidlich aber vorgeschrieben
Die EU-Verordnung 1330/07 besteht seit dem 3. Dezember 2009.
Die Anpasung des deutschen Rechts an die Marktöffnungsverordnung steht noch aus.
Insofern bleibt das Thema „Wettbewerb im ÖPNV“ bis auf weiteres spannungsreich.
Zu beachten sind beim Finanzausgleich durch den Landkreis Karlsruhe:
1. Die Berechnungsgrundlage dafür ist zuvor objektiv und transparent darzustellen.
2. Er darf neben den dabei erzielten Einnahmen und einem angemessenen Gewinn keine finanzielle Überkompensation darstellen.
3. Die Höhe des finanziellen Ausgleichs ist auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die bei einem durchschnittlichen, gut geführten Verkehrsunternehmen entstehen würden.
4. Ein nachträglich pauschaler Defizitausgleich für nicht wirtschaftlich durchführbare Verkehre ist nicht mehr möglich.
„Die Ticketpreise dürften steigen.“
Der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) kämpft auf diese Weise gegen jeden Fahrgast.