Regierungspräsident Rudolf Kühner plädiert angesichts der Finanzkrise für engere Kooperation der Kommunen
Karlsruhe. Als höchster politischer Beamter in Nordbaden ist der Karlsruher Regierungspräsident Rudolf Kühner (57) Ansprechpartner für mehr als 200 Gemeinden, fünf Stadt- und sieben Landkreise. Der ehemalige Absolvent der Führungsakademie steht seit fünf Jahren an der Spitze der Mittelbehörde. Mit ihm sprach BNN-Redakteur Rainer Haendle.
Der Staat muss in den nächsten Jahren kräftig sparen, doch viele Kommunalpolitiker sind damit komplett überfordert. Müssen sich die Gemeinderäte ein dickeres Fell für unpopuläre Maßnahmen zulegen?
Kühner: Natürlich macht man sich mit Sparen nicht beliebt – gerade wenn es um Freiwilligkeitsleistungen etwa in der Kultur und im Sport geht. Oder um die Schließung von Bädern. Aber sparen wird man müssen, weil wir schwierige Zeiten vor uns haben. Grundsätzlich leiden die Kommunen unter einer Explosion der Sozialkosten. Aber in Nordrhein-Westfalen sieht die Situation noch viel schlimmer aus. Im Regierungsbezirk Arnsberg haben beispielsweise 43 der 90 Kommunen nur noch einen Nothaushalt.
Werden also auch Sie als Folge der Finanzkrise den Städten künftig stärker in die Haushalte reinregieren?
Kühner: Ich kann und will das nicht ausschließen. Glücklicherweise haben wir eine bessere Gemeindeordnung als Nordrhein-Westfalen. Wir haben beispielsweise ein Limit für Kassenkredite, die ab einem gewissen Umfang genehmigt werden müssen. In Nordrhein-Westfalen haben sich die Kommunen über Jahre hinweg immer neues Geld besorgt, indem sie die Kassenkredite ausgeweitet haben. Wir haben in Baden-Württemberg im Moment durchschnittlich pro Einwohner Kassenkredite in Höhe von neun Euro, in Nordrhein-Westfalen sind es dagegen 811 Euro.
Wie erklärt sich die Diskrepanz, dass wir hier in der Region Karlsruhe einige schuldenfreie Gemeinden haben und andererseits Kommunen mit hohen Schulden?
Kühner: Es gibt in den Speckgürteln der Oberzentren immer Kommunen, die davon profitieren, dass sie keine oder nur geringe Belastungen haben. Mein Paradebeispiel sind die kleineren Wohngemeinden im Umland der Stadtkreise, die davon profitieren, dass sie eine günstige Sozialstruktur haben und angesichts der Nähe zu den Stadtkreisen viele teure Einrichtungen nicht vorhalten müssen. Die Oberbürgermeister der Stadtkreise würden diesen Gemeinden deshalb am liebsten sofort eingemeinden. Grundsätzlich wird bei der Pro-Kopf-Verschuldung einer Stadt oder einer Gemeinde die Politik von Bürgermeister und Gemeinderat aus den letzten Jahrzehnten sichtbar. Es gibt eben auch sparsame Gemeinden. Es gibt Große Kreisstädte im Regierungsbezirk mit einer minimalen Pro-Kopf-Verschuldung von drei Euro, dafür verzichten Einzelne dann aber auch auf eine Stadthalle. Ein anderer Faktor ist sicher auch die Größe der Verwaltungen. Im einen oder anderen Fall kann man sich sicher auch fragen, ob man so viele Bürgermeister für die Verwaltung einer Stadt wirklich braucht?
Brauchen wir eine neue Kommunalreform mit der Fusion von Gemeinden wie in den 70er Jahren, damit der Staat schlanker wird?
Kühner: Wir haben in Deutschland 13 378 Gemeinden, davon in Baden-Württemberg rund 1 000 – also deutlich weniger als der Durchschnitt. Natürlich kann man über eine weitere kommunale Gebietsreform nachdenken, aber politisch erscheint mir das im Moment kaum durchsetzbar. Die Zeit, wo man mit dem Lineal neue Gemeindegrenzen zieht, ist vorbei. Noch heute gibt es bei uns Gemeinden, die die Kommunalreform aus den frühen 70er Jahren noch nicht verdaut haben. Da denkt man immer noch in Ortsteilen. Ich frage mich, ob zum Beispiel eine Gemeinde mit neun Ortsteilen auch neun Ortsteilfeuerwehren braucht.
Und wie sieht es mit der interkommunalen Zusammenarbeit aus? Immer mehr Arbeitsfelder wie Müllentsorgung oder der Nahverkehr werden doch über Kommunalgrenzen hinweg organisiert.
Kühner: Genau hier liegt die Lösung. Eine stärkere Kooperation sollte von der Politik aktiv gefördert werden. Erste Tendenzen gibt es bereits. Im Enzkreis kam neulich ein Bürgermeister auf mich zu, weil er sein nicht ausgelastetes Standesamt mit einer anderen Gemeinde zusammenlegen will.
Sie reden also vor allem von angrenzenden Gemeinden?
Kühner: Genau, da könnte man beispielsweise zwei oder drei Bauhöfe verschmelzen und dafür einen Zweckverband gründen. Oder die Personalverwaltung: Nicht jede Gemeinde braucht eine eigene Personalverwaltung. Ob Gartenbauamt, Fremdenverkehr oder Kultur, der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Wir brauchen eine möglichst arbeitsteilige und damit schlanke Verwaltung. Das gilt auch für die Landkreise. Ich könnte mir auch eine noch intensivere Kooperation zwischen Stadt- und Landkreisen vorstellen.
Und wo liegen die Hindernisse?
Kühner: Es gibt historisch gewachsene Rivalitäten auch zwischen Gebietskörperschaften. Das Verhältnis zwischen Stadt und Umland ist oft nicht frei von Spannungen. Es gibt da jede viele Ängste nach dem Motto: Die Kooperation ist die Vorstufe der Eingemeindung. Aber unter dem Druck der Sparzwänge wird manches möglich werden, was zuvor unvorstellbar schien.
Fusionsprozesse erleben wir derzeit auf der Ebene der Sparkassen mit dem Argument, dass nur Größe das Überleben sichert. Was sagen Sie als Sparkassenaufsicht zu diesem Trend?
Kühner: Größe allein garantiert noch keinen Erfolg. Aber dieser Trend ist nichts Neues. Bundesweit hatten wir 1990 insgesamt 770 Sparkassen, jetzt sind es noch 440. Im Regierungsbezirk hat sich die Zahl im gleichen Zeitraum von 29 auf elf verringert. Mit dem Zusammenschluss von Karlsruhe und Ettlingen wären es zehn. Und wir vermuten, dass dies nicht die letzte Fusion bleiben wird.
Was die Neuverschuldung für die freiwilligen Aufgaben betrifft, ganz bestimmt nicht!
Bleibt OB Wolff – jetzt auf der anderen Seite – den Grundsätzen seines letzten Arbeitgebers treu?
Ein Rechnungshof hat u.a. die Aufgabe, die Haushalts- und Wirtschaftsführung – auch von Gemeinden sowie ihrer Betriebe – auf eine wirtschaftliche, sparsame und bestimmungsgemäße Verwaltung und Verwendung öffentlicher Gelder hin zu überprüfen.
Frage an Ka. My. am 7. Juni, 2010 11:03
War OB Wolff zuletzt nicht auch bei einem Landesrechnungshof beschäftigt?
Wofür (be-)steht eigentlich das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Bretten?
Im Gleichklang mit Bundesrechnungshof, Landesrechnungshöfen, Gemeindeprüfungsanstalten hin zu netten unverbindlichen Empfehlungen und Vorschlägen! 🙁
Dazu passt der Satz:
Gestern standen wir noch am Abgrund, und heute sind wir schon einen Schritt weiter! 🙂
Die Fragen und Antworten in diesem Beitrag haben mich wirklich nicht mal ein wenig schlauer gemacht. 🙁
Wir müssen sparen, wo es geht, koste es, was es wolle! 🙂
Mehr Aufsicht als Rücksicht tut Not!
Es allen (Gemeinden) Recht zu machen, ist eine Kunst, die niemand kann!
Entweder sind die Fragen zu schwach und/oder die Antworten? 🙁