Mangelnde Gleichbehandlung oder Wahlkampfbeeinflussung durch die Presse?

Wie uns vom OV Bretten des Bündnis90/Die GRÜNEN mitgeteilt wurde, hatten die BNN im Vorfeld der Kommunalwahlen allen im Gemeinderat vertretenen Parteien einen Kontingentartikel mit Zeilen- und Zeichenvorgabe zugesagt. Was darin geschrieben wurde, war den Parteien freigestellt. Der Ortsverband entschloss sich, den Bericht über seine Veranstaltung „Wir geben der Armut keine Chance“ drucken zu lassen. Um Kürzungen zu vermeiden, war der Artikel sogar kürzer als vereinbart. Der Artikel erschien in den BNN vom 2. Juni 2009, jedoch trotzdem gekürzt.

Anbei der Originaltext mit den in Rot hervorgehobenen Kürzungen / Streichungen. Es stellt sich die Frage, wie diese Kürzungen zu rechtfertigen sind, bzw. welche Absicht dahinter steht, wenn die zugesagte Textlänge nur bei einer Partei nicht eingehalten wird. Die Antwort auf die Frage fällt allerdings leichter als vermutet, liest man die gestrichenen (zensierten) Zeilen. Es sind unerwünschte Aussagen über Verhältnisse in Bretten, die auch bei „Leserbrief-Schreibern“ in der Vergangenheit zu Streichungen führten, siehe auch unter Zensur.
Hier nun, wie beim BAK üblich, der ungekürzte Artikel :

Soziales Netz hat auch in Bretten einige* Risse

* Das Wort „einige“ wurde von den BNN, wohl in abschwächender Absicht, eingefügt!

Um Informationen zur sozialen Situation in Bretten aus erster Hand zu erhalten, hatten die Brettener GRÜNEN zu einem Fachgespräch eingeladen. Dabei berichteten Armutsberaterin Heike Kollros und Schuldnerberater Harald Müller – beide vom Diakonischen Werk – über die aktuelle Situation von sozial Benachteiligten in der Melanchthonstadt. Der Sozialpädagoge Frank Becker brachte seine Erfahrungen als früherer Schulsozialarbeiter ein.

Heike Kollros berichtete, neben den finanziellen Einschränkungen, die ein Leben unter dem Existenzminimum mit sich bringe, litten die betroffenen Menschen vor allem unter der gesellschaftlichen Ausgrenzung. Um die ihnen gesetzlich zustehenden Hilfen zu erhalten, seien zahlreiche bürokratische Hindernisse zu überwinden. Viele Anträge müssten – auch von den Fachleuten – über anonyme Hotlines gestellt werden. Wechselnde Ansprechpartner und viel zu lange Bearbeitungszeiten schreckten die Betroffenen ab. Oft kämen auch noch Sprachprobleme dazu. „Viele Menschen geben dann auf und nehmen ihre Rechte nicht mehr wahr, weil alles zu kompliziert ist“ so Heike Kollros.

Dies bestätigte auch Harald Müller. „Die Zahl der persönlichen Insolvenzen nimmt immer mehr zu, die Nachfrage nach Beratung steigt.“ Nach der amtlichen Statistik sind mehr als 10 % aller Menschen arm, auch in Bretten. Die Schuldnerberaterstellen im Landkreis Karlsruhe reichten bei weitem nicht aus.

Frank Becker berichtete, dass viele Eltern ihre Kinder gerne zur Ganztagsschule anmelden würden, sich aber die Kosten für Essen und Betreuung nicht leisten könnten. Kinder aus bildungsfernen Familien gerieten in den Grundschulen immer früher unter Druck. Spätestens zur Grundschulempfehlung begänne das Hauen und Stechen. Zudem seien viele junge Schüler in den riesigen weiterführenden Schulen Brettens mit viel zu großen Klassen dem Schulalltag nicht gewachsen. Der Erfolgsdruck aus dem Elternhaus überfordere viele Schüler zusätzlich. „Hauptschule ohne Schulsozialarbeit ist heute undenkbar“ betonte Becker und machte klar: „Betreuung an der Schule ist noch keine Schulsozialarbeit“.

Ulrike Jäger, Spitzenkandidatin der GRÜNEN, forderte einen weiteren schnellen Ausbau von Krippenplätzen mit besserer Personalausstattung und gut ausgebildeten Erziehern. Dies gelte auch für die Betreuung an Schulen. Kindern aus ärmeren Familien sei zudem der Zugang zu Nachhilfe, Musikschulen oder Vereinen sehr erschwert. Vereine hätten kein Interesse, in der Nachmittagsbetreuung an den Schulen mit diesen Kindern zu arbeiten. Ein freies Mittagsessen in den Schulen möchte Ute Kratzmeier, die erstmals für den Gemeinderat kandidiert, für alle Kinder erreichen, damit man die bedürftigen Schüler nicht schon am Gutschein erkenne. Schulsozialarbeit sei an allen Schularten notwendig.

Die Zahl der „schwierigen“ Kinder in den Grundschulklassen steige an. Darüber hinaus nähmen auch an den weiterführenden Schulen in Bretten die Probleme zu, nachgewiesen z.B. von der Max-Planck-Realschule. Sie betonte, wie wichtig Mindestlöhne zur Verbesserung der Einkommenssituation seien. Es gebe auch in Bretten angesehene Betriebe, in denen Vollzeitbeschäftigte kein ausreichendes Einkommen hätten und als „Hartz IV-Aufstocker“ zum Sozialamt gehen müssten. In der sich anschließenden Diskussion herrschte Einigkeit, dass es vorrangig darum gehen müsse, Menschen erst gar nicht in Not geraten zu lassen.

rot markierter Text wurde nicht abgedruckt!

Die Themen dieses Tages in einem anderen Jahr :

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3 Antworten zu Mangelnde Gleichbehandlung oder Wahlkampfbeeinflussung durch die Presse?

  1. n.n. sagt:

    Hilft ja alles nichts, denn jetzt nach der Wahl, auch wenn mal wieder im Rathaus gefeiert wird mit Berichterstattung: Die Bürger wollen uns!, und es hat sich ja nichts verändert!, sollte man doch mal genauer hinsehen, denn Beide Gemeinderäte in der Wanne wurden nicht mehr gewählt, wahrscheinlich weil die Anwohner die unter einem für ein Wohngebiet unmöglichen Verkehr leiden,sich so gut von diesen Volksvertretern vertreten fühlten!! recht so.

  2. mm sagt:

    Spitze, RL !!

  3. RL sagt:

    Tja, Zensur halt… Wir werden mehr und mehr zur Bananenrepublik. Man arbeitet wohl jeden Tag stärker an der DDR 2.0 und die Presse macht als gehorsames „Zentralorgan“ mit…

    Wie hat mal ein kluger Liedermacher gesagt…

    „Wenn du die Wahrheit sagst, laß draußen den Motor laufen,
    Dann sag sie laut und schnell, denn das Sprichwort lehrt:
    Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd“

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