Finanzwächter wandeln auf schmalem Grat

Karlsruher Gemeindeprüfungsanstalt feiert ihren 75. Geburtstag und Wechsel an der Spitze
Gemeinden erwarten ein Entgegenkommen
Karlsruhe (kel). Zuchtmeister oder Weichspüler? Kaum weniger provokant hätte Roger Kehle, Präsident des Gemeindetags im Land, der Rolle der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) hinterfragen können. Der gestern gefeierte 75. Geburtstag der Karlsruher Finanzwächter und der Wechsel an deren Spitze machte vor allem eines klar: Das Spektrum zwischen strenger Prüfung und wohlwollender Beratung der Gemeinden ist schmal.

Gerade in Zeiten der Finanzkrise, betonte Kehle im Bürgersaal des Karlsruher Rathauses, müsse die GPA den Vertrauensbonus, den sie bei den Kommunen im Land innehabe, beweisen. „Und das täglich“, so Kehle, der die Worte wohl vor allem an den neuen Präsidenten Klaus Notheis richtete, der ab Mai den Posten von Noch-Präsident Rolf Pfründer übernimmt.

Der Gemeindetagspräsident wies auf die besonderen Umständen hin, die derzeit die Kommunen plagten. Die Wirtschaftskrise habe nun endgültig auch die Gemeinden erreicht. Kommunale Konjunkturpakete zur Stützung der lokalen Wirtschaft belasten die Haushalte der Städte. „Wir hoffen, dass die GPA dies bei der Prüfung der Gemeinden berücksichtigt“, betonte der Gemeindetags-Präsident. Nicht zuletzt hob Kehle daher auch hervor, dass sich die baden-württembergischen Kommunen bislang als Hort der Stabilität auszeichnen konnten.

Eine hausgemachte Baustelle ist das neue Haushaltsrecht, das Mitte dieser Woche beschlossen wurde. Dessen Kern ist der Wechsel im System der Buchführungen bei den Kommunen. „Die Kommunen sind nicht die größten Befürworter der neuen Buchhaltung“, bezog Kehle kritisch Position. Der Gemeindetag erwartet eine schwierige Phase der Umstellung auf die neue Haushaltsrechnung. Bis 2016 haben Städte und Gemeinden Zeit, ihre Haushalte umzuschichten. Für die GPA sind daher zusätzliche Belastungen zu erwarten. Kehle warnt vor: „Wir erwarten nicht nur Prüfung der Finanzen, sondern auch eine Beratung.“

Auch Innenminister Heribert Rech erklärte in seiner Ansprache, die Finanzkrise sei bei den Kommunen angekommen. Mit genauen Zahlen konnte Rech gestern in Karlsruhe noch nicht dienen. Die Steuerschätzung im Mai jedoch werde Klarheit darüber schaffen, wie sehr die Wirtschaftskrise die Kommunen im Land getroffen hat. Rech betonte darüber hinaus aber auch die Bedeutung der GPA als Berater in Zeiten „tiefgreifender Strukturänderungen“. Hartz IV, die Verwaltungsreform und der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst hätten genügend Anlass für Gespräche auf Seiten der Kommunen gegeben. Gerade in schwierigen Zeiten gilt, so Rech: „Vom Angebot der GPA wird rege Gebrauch gemacht.“

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8 Antworten zu Finanzwächter wandeln auf schmalem Grat

  1. timo sagt:

    Da hätten die Gerichte aber viel zu tun! 🙂

  2. -an-i- sagt:

    Steuerhinterziehung kann demnach erst zu Steuerhinterziehung werden, wenn die Steuergeldvernichtung auf die selbe Stufe gestellt und genau so behandelt und geahndet wird wie Steuerhinterziehung – inklusive Freiheitsstrafe.

  3. fr.-zurh. sagt:

    Vorhanden sind in den Landratsämtern die Kommunalaufsicht und in den Regierungspräsidien die Kommunal- und Rechtsaufsicht.

    Was die so machen, kann ich nur – am Beispiel der höchst verschuldeten Stadt in Baden-Württemberg – AULENDORF – im Landkreis Ravensburg erahnen.

    Zuständig für die Stadt Aulendorf ist dort die Kommunalaufsicht im Landratsamt Ravensburg.

  4. Siegb. Querf. sagt:

    Dann sind in Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern Rechnungsprüfungsämter einzurichten.
    Diesen obliegt als besonderem Teil der Gemeindeverwaltung die ständige Kontrolle der Einnahmen und Ausgaben auf der Grundlage des Gemeindehaushalts.

    Die Rechnugsprüfungsämter sind unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.

    Der Rechnungsprüfung kommen nur interne Wirkungen zu! Rechtliche Folgen ergeben sich aus der örtlichen Rechnungsprüfung nicht. 🙁

  5. Siegb. Querf. sagt:

    Wozu braucht man diese Behörde?

    Jeder Gemeinderat hat die Aufgabe, die Gemeindeverwaltung zu kontrollieren.

    Die Auswahl der Überwachungsmaßnahmen steht im Ermessen des Gemeinderats.

    Und bei der Stadt Bretten erfolgt ohnehin zumeist alles einstimmig. 🙂

  6. l-rd sagt:

    Wie der Bundesrechnungshof, die Landesrechnungshöfe – so auch die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg mit nur empfehlenden Möglichkeiten.

    Von beschliessenden und sanktionierenden sowie (rechts-)folgenden und rechtsverbindlichen Maßnahmen keine Spur.

  7. mm sagt:

    Entgegenkommen, wohlwollende Beratung, ich dachte die nennen sich Gemeinde-Prüfungs-Anstalt und nicht Gemeinde-Beratungs-Anstalt?
    Also doch „Weichspüler“?

  8. b.z. sagt:

    Nur Blabla!

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